Es begann mit dem Stück „Veronika, der Lenz ist da“ von Franz Wittenbrink und Gottfried Greifenhagen, das im Dezember 1997 in der Komödie am Kurfürstendamm Berlin uraufgeführt wurde und die Geschichte der Comedian Harmonists erzählt. Das Stück wurde ein Riesenerfolg. Die Schauspieler und Sänger nannten sich kurzerhand Berlin Comedian Harmonists und gingen auf Tour. Während fünf Deutschlandtourneen spielten sie das Stück über 600-mal. Allein in Berlin sahen es über 300 000 Menschen. Die Berlin Comedian Harmonists machten sich bald auch als Konzertgruppe auf in die großen Konzertsäle, darunter Philharmonie Berlin, Concertgebouw Amsterdam, Kongresszentrum Luzern, Prinzregententheater München oder Musikhalle Hamburg.
In Schweinfurt sind sie im Dezember gleich dreimal zu hören: Am 8. mit „Morgen, Kinder, wird's was geben“ und an Silvester. Wegen der hohen Nachfrage werden sie ihr jüngstes – 2009 entstandenes – Programm „Verrückte Zeiten“ am Samstag, 31. Dezember, nicht nur um 19 Uhr, sondern zusätzlich um 15 Uhr präsentieren. „Verrückte Zeiten“, das sind die Hits von Nena, Michael Jackson, der Beatles, von Abba oder Glenn Miller – interpretiert in den Arrangements von Frank Wittenbrink als „Berlin-Comedian-Harmonists-Lieder“.
Holger Off ist Erster Tenor der Berlin Comedian Harmonists. Er studierte in Hamburg und hatte Engagements an verschiedenen Opernhäusern, spielte in Musicals und drehte zwei Spielfilme, bevor er Gründungsmitglied der Berlin Comedian Harmonists wurde.
Holger Off: Ich glaube, es wird gerade in der heutigen Zeit als wohltuend empfunden, dass man als Zuhörer so nah dabei sein kann. Da sind fünf Sänger ohne Mikrofon und ein Pianist. Man kann hautnah miterleben, wie die musizieren, ganz ohne moderne Technik.
Off: Das liegt auch daran, dass die Texte teilweise sehr witzig sind, aus der dadaistischen Bewegung kommen. Ein ganzes Lied über irgendwelche Kakteen zu singen, ist ja auch höchst skurril, und das macht den Leuten Freude. Und bei den sentimentaleren Liedern ist da ein melancholischer Zauber, der echt rüberkommt.
Off: Das ist bestimmt richtig. Als wir anfingen, das Theaterstück zu spielen, war die Zeit in Berlin ein bisschen ähnlich: Es gab sehr hohe Arbeitslosigkeit und trotzdem das Verlangen, sich zu vergnügen und abzulenken. Es gibt heute eine große Ratlosigkeit in der Gesellschaft durch die Krise und die ganzen Umbrüche. All das führt auch dazu, dass man diese Musik wieder sehr gut versteht.
Off: Wir singen es zwar nicht, aber es gab damals schon Stücke wie „Ich brauche keine Millionen“. Unterschwellig wurde das schon thematisiert.
Off: Doch, einige. Als wir anfingen, lebten noch viele, die noch im Konzert gewesen waren. Es gab auch Verwandte der original Comedian Harmonists, es gab auch Witwen der Komponisten, die Musik für die Comedian Harmonists geschrieben hatten. Die kamen alle zu uns, und das waren natürlich schöne Begegnungen.
Off: Ja, absolut. Das war ja erstmal eine große Verantwortung, ob es einem gelingt, diese Musik als Andenken an die Original-Gruppe aufzuführen. Und uns ist immer klar, dass wir diesen Stil nicht erfunden haben, sondern dass wir einen Stil nutzen, den eine andere Gruppe erfunden hat, und damit Erfolg haben.
Off: Das wäre heute möglich, ja. Aber als der Film entstand, fingen wir gerade an. Und wir wussten nicht voneinander.
Off: Wir wurden gefunden. Das Theater am Kurfürstendamm hat Leute gesucht zusammen mit Franz Wittenbrink, der damals die musikalische Leitung hatte. Wir sind durch einige Vorsingen gegangen, es wurde gekuckt, welche Stimmen passen zusammen. Dass wir heute noch zusammen sind, ist ein großer Lernprozess gewesen. Das ist klar: Wenn sechs Männer zusammen sind, gibt es Reibereien. Aber es ist uns gelungen, mit großem Respekt voreinander und vor allem für die Sache, zu entscheiden, das Ensemble ist jetzt wichtiger als etwas Persönliches.
Off: Wir wussten vorher auch nicht, wie das werden würde. Wir haben uns einfach gefragt, welche Lieder würden die aussuchen, wenn es sie heute noch geben würde. Und dank der Arrangements wiederum von Wittenbrink lieben es die Leute. Viele sagen, sie hätten die Originallieder gar nicht gebraucht, sondern lieber mehr von den modernen gehört. Die große Stimmung in den Konzertern kommt immer auf, wenn der Teil mit den modernen Liedern kommt. Auch weil es eine chronologisch geordnete Zeitreise ist: Wir fangen in den 40ern an, und dann warten die Zuhörer, was kommt aus den 50ern, 60er, 70ern, 80ern, 90ern.
Off: Das ist natürlich unser Bestreben. Einmal zu zeigen, wie Deutschland vor dem Nazireich war und was es da für eine breite Palette gerade an jüdischen Autoren gab. Und natürlich wollen wir auch zeigen, dass Deutschland heute wiederum ein anderes Land ist als damals im „Dritten Reich“.