Die Verträge sind unterschrieben: Zum Januar 2022 zieht der Würzburger Tanzspeicher ins Museum am Dom. "Das ist eine freudige Entwicklung", sagte Kulturreferent Achim Könneke im Kulturausschuss des Würzburger Stadtrats. "Vielen ist nicht bewusst, wie einzigartig diese Einrichtung ist." Im Kulturspeicher seien die Bedingungen suboptimal gewesen, deshalb sei der Umzug in die Innenstadt "ein wahnsinniger Entwicklungssprung, den wir als Verwaltung sehr begrüßen".
Thomas K. Kopp, Gründer und Leiter der überregional renommierten Tanzbühne, stellte im Ausschuss die Pläne vor. Mit dem Umzug einher gehen eine Änderung des Namens und der Rechtsform: Aus "Tanzspeicher" wird "Theaterhalle am Dom", aus einer Ich-AG der eingetragene Verein "Kollektiv anderer Tanz". Vor allem aber ändert sich das Konzept: Neben Tanz soll der Raum künftig auch für andere Arten von Kulturveranstaltungen zur Verfügung stehen: Kammerspiele, Lesungen, Kleinkunst.
"Wir wollten schon die ganze Zeit mehr in die Stadtgesellschaft wirken – räumlich und in den Köpfen", sagte Kopp. "Und haben gedacht, in einer Einrichtung für bildende Kunst würden wir uns wohlfühlen. Das haben wir alles gefunden im Museum am Dom." Die neue Spielstätte im Herzen der Stadt könne positive Auswirkungen auf die gesamte Kulturszene Würzburgs haben.
Sieben Meter Raumhöhe – die bisherigen drei Meter im Tanzspeicher waren ein Problem
Das Tanztheater wird ins Untergeschoss des Museums ziehen, bis dato der Platz für Wechselausstellungen: 200 Quadratmeter Grundfläche mit einer flexiblen Bühne von bis zu 100 Quadratmetern und der Möglichkeit, eine Tribüne für bis zu 250 Zuschauerinnen und Zuschauer aufzubauen. Und mit einer Raumhöhe von sieben Metern: "Im Kulturspeicher war die Raumhöhe von drei Metern beim Tanz immer ein Problem." Man werde auch einige Räume gemeinsam nutzen und zwei bis drei gemeinsame Projekte mit dem Museum pro Jahr stemmen: "Das ist eine große Herausforderung, der wir uns gerne stellen", so Kopp.
Das Museum, eine Einrichtung des Diözese, verliert also die Fläche, auf der bislang die Wechselausstellungen stattfanden, zunächst vier pro Jahr, in letzter Zeit noch zwei. Jürgen Lenssen, ehemals Kunstreferent der Diözese und Gründungsdirektor des Museums, ist über die Entwicklung nicht erfreut: "Ich bin sehr über die Pläne erschrocken", sagt er. Das Museum habe sich mit den Wechselausstellungen einen überregionalen Ruf erworben. "Diese Tätigkeit wird nicht mehr möglich sein", so Lenssen. "Die Vermittlung von Kunst und Kultur ist ein wichtiger pastoraler Auftrag, das wird ja auch immer wieder beschworen. Mit dieser Entwicklung wird dem nicht gerade Vorschub geleistet."
Christine Schrappe, Leiterin der Hauptabteilung Bildung und Kultur des Bistums, sieht das anders: "Die große Halle, die bisher lediglich für Wechselausstellungen genutzt wurde, wird dann zu einem lebendigen Ort vielfältiger Kultur im Herzen der Stadtgesellschaft", wird sie in einer Pressemitteilung des Ordinariats zitiert.
Die Verschränkung von bildender und darstellender Kunst als Chance
Jürgen Emmert, Leiter der Abteilung Kunst des Bistums und als solcher auch des Museums am Dom, sieht in der "Verschränkung von bildender und darstellender Kunst" eine große Chance: "Ich bin auch ein Freund der Bühne. Und Liturgie und Bühne sind durchaus verwandt." Große Wechselausstellungen seien bei knapper werdenden Ressourcen – die Diözese fährt derzeit einen deutlichen Sparkurs – ohnehin nicht mehr zu stemmen. Aus personellen wie aus finanziellen Gründen: "Eine Wechselausstellung kostet zwischen 50 000 und 100 000 Euro."
Stillstand werde es im Museum, dessen Hauptausstellungsfläche mit 1100 Quadratmetern unangetastet bleibt, dennoch nicht geben, so Emmert. "Es wird Kabinettausstellungen geben und Interventionen in der Dauerausstellung. Wir haben eine ganze Liste von Themen, die wir bearbeiten wollen." Möglicherweise werde es Tanzproduktionen zu Werken in der Ausstellung geben und umgekehrt.
Corona sei auch für das Museumsteam Anlass gewesen, über eine Neuausrichtung nachzudenken: "Im Bereich der Präsentation von Kunst hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan", sagt Emmert. "Dinge verändern sich, und auch ein Museum sollte ein lebendiger Organismus sein. Für uns ist der Einzug des Tanztheaters ein Gewinn."
Der Tanzspeicher, der zum Januar 2022 ins Museum am Dom umziehen wird, feiert am Samstag, 25. September, seinen Open-Air-Spielzeit-Auftakt auf dem Würzburger Kiliansplatz zwischen Dom und Neumünster. Vorstellungen um 14, 15, 16 Uhr, Eintritt frei.