
Dürre. Sehnsucht nach jedem angekündigten Tropfen, der dann am Ende doch nicht fällt. Seit Wochen. Pünktlich zum Summer Breeze ist er aber da: der Regen, in der zweiten Halbzeit lang und heftig. Ganz ohne Nass geht's traditionell eh nicht auf dem Open Air Festival bei Dinkelsbühl. Der schwarzen Party tut's keinen Abbruch: 45.000 Heavy-Metal-Fans feiern bis zu diesem Samstag, 20. August, in Mittelfranken trotzdem Bands wie Arch Enemy, Eisbrecher, Blind Guardian, Within Temptation oder Heaven Shall Burn.
Aber es liegt auch ein Schatten über der 25. Auflage des größten Heavy-Metal-Festival Süddeutschlands: Es soll zu vereinzelten sexuellen Übergriffen gekommen sein.

Einige Frauen haben bei den Ordnungskräften, der Polizei und beim Awareness-Tam angezeigt, dass sie beim Crowdsurfen, wo sich Fans von der Menge auf Händen Richtung Bühne tragen lassen, unsittlich im Genitalbereich berührt worden seien.
"Heute müssen wir Vorfälle im Publikum beklagen, die auf unserem Festival und nirgends etwas verloren haben", reagiert der Veranstalter am Donnerstag mit einem deutlichen Statement auf seiner Facebook-Seite - "nach drei Rückmeldung durch den Sicherheitsdienst", wie Roman Hilser, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Festivals, später sagt. "Wir sprechen hier explizit Männer an, die ihre Finger nicht von Crowdsurferinnen lassen können."

Der Veranstalter appelliert - auch für zukünftige Veranstaltungen - an die Fans, fordert sie zu Mithilfe und Solidarität auf: "Unsere Community ist aber stark genug, um gemeinsam dagegen etwas zu unternehmen. Achtet auf euch und die Menschen um euch herum. Auf dem Summer Breeze ist kein Platz für dieses Verhalten."
Inzwischen entwickelt sich eine lebhafte Diskussion auf dem Social-Media-Portal des Festivals. Ein großer Teil der Fans spricht sich dabei für ein Verbot des Crowdsurfens aus. Die Kommentare der Forums-Teilnehmerinnen und - Teilnehmer gehen von "ich finde gut, dass ihr da hinschaut und etwas unternehmt" über "mich nervt das Crowdsurfen, ständig bekommt man dreckige Schuhe an den Kopf" bis zu "Crowdsurfen verbieten, dann werden Konzerte für alle angenehmer".
Metzger-Meister aus Erlabrunn weiß, was Metaller gerne essen
Davon und auch den 130 Bands bekommt ein Metzger-Meister aus Erlabrunn (Lkr. Würzburg) nichts mit, obwohl er mittendrin im Festival-Treiben ist: Albrecht Hüblein betreibt mit seiner Frau Susi den Spanferkel-Stand auf dem Breeze, links neben der T-Stage – nicht die beste Lage, aber dennoch hoch frequentiert. Weil's bei den Hübners Qualität zu kaufen gibt. "100 Prozent fränkisch und ehrlich, so ist unser Essen", sagt der 54-Jährige, der selbst lieber Pink Floyd als Metal hört. Er bietet in Dinkelsbühl Burger vom Spanferkel und vom Ochsen an, mit viel Salat und knusprigen Brötchen.

Rock-Festivals sind das Metier des Ehepaars, seit es vor ein paar Jahren den Catering-Service "Grill und Spanferkel-Schmiede" als zweites Standbein aufgemacht hat. Und mit einem Food-Truck durch die Nation tingelt. "Auf ein Reggae-Festival bräuchten wir gar nicht. Unsere Kunden sind Rocker und Metaller", so Hüblein, der für sein Geschäft den Vornamen als Titel gewählt hat. Dreimal schon war er mit seinem Wägelchen im Metal-Mekka Wacken. "Da war dieses Jahr eine Gruppe Mexikaner da, die uns schon vorher angeschrieben haben. Denen hab' ich eine extra Portion Schwarte gegeben. Wie die sich gefreut haben."
Zuletzt verkaufte Hüblein seine regionalen Fleischwaren auf dem Taubertal Open Air, auf dem Breeze war er 2019 schon mal - an den heißen Tagen, wie heuer auf dem Mittwoch und Donnerstag noch staubigen Gelände, eine extrem schweißtreibende Angelegenheit vor den rotierenden Grillspießen. Von 11 bis 2 Uhr hat die Bude jeden Tag geöffnet.

Den Fans heizen derweil Szene-Größen wie Arch Enemy ein. Die schwedischen Melodic-Deather um die blauhaarige, charismatische Frontfrau Alissa White Gluz sind diesmal eines der Aushängeschilder. Aber auch skurrile Bands wie Gutalax. Die Tschechen haben sich mit ihrer Kehlkopf-Akrobatik zu beinahe atonalen Klängen eine wilde Grindcore-Gemeinde aufgebaut: Klobürsten werden im Publikum geschwenkt, Plastik- und Stofftiere ebenso wie hunderte Klopapierrollen durch die Gegend geworfen. Ebenfalls am Start: Der Weg einer Freiheit, die Black Metaller aus Würzburg mit einem atmosphärisch dichten Auftritt.

Voll wird es auch noch am Freitag und Samstag auf dem Gelände - obwohl das nach anhaltenden Regengüssen mit über 15 Litern pro Quadratmetern längst knöcheltief verschlammt ist und der Weg zu den Bühnen ein mühsamer. Aber Bands wie Heaven Shall Burn, Blind Guardian, Hypocrisy und zu guter Letzt die mittelfränkischen Spaß-Rocker J.B.O. entlocken den Fans die letzten Kräfte.

Schnelle Reaktion auf anfängliche Probleme bei sanitären Anlagen
Und das, obwohl sie auf die Probe gestellt worden sind im ersten Jahr nach der Corona-Pause: Es gibt anfangs Probleme mit den sanitären Anlagen. Organisationschef Achim Ostertag: "Die betreffende Firma war mit 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebucht, gekommen ist sie mit 14 - und sie hat versucht, das zu vertuschen." Es wird bei einer anderen Firma nachgeordert. Wohl auch wegen des teils offenkundig ungeschulten Personals an Getränkeständen bilanziert PR-Chef Alex Härtel: "Es war hie und da ein holpriger Neustart."