In einer Videoschalte haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ministerpräsident Markus Söder, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und sein bayerischer Amtskollege Klaus Holetschek mit bayerischen Landräten und Oberbürgermeistern über die Maßnahmen im Kampf gegen Corona ausgetauscht. Hatten mehrere Kommunalpolitiker im Vorfeld noch Korrekturen in der Pandemie-Politik gefordert, hielten sie sich bei der Online-Runde am Freitag mit allzu großer Kritik zurück.
Unterfränkische Teilnehmer lobten danach die "gute Atmosphäre" des Gesprächs. Und Söder ließ wissen, dass von den 96 Landräten und Oberbürgermeistern in Bayern "keiner grundsätzlich in Frage stellt, was wir tun". Jedem sei die "Gratwanderung zwischen der Sorge um die Mutationen und der Hoffnung auf Veränderung" sehr bewusst. Deshalb habe es in dem Gespräch auch "keine einzige Forderung nach überstürzten Öffnungen gegeben". Schweinfurts Landrat Florian Töpper bestätigte: "Natürlich stehen wir hier unter Druck, aber wir wollen nichts riskieren."
Was eine mögliche Öffnung des Einzelhandels betrifft, zeigte sich der Ministerpräsident entsprechend zurückhaltend: Beschlossene Öffnungen müssten "für Monate gelten und belastbar sein". Bis Anfang März solle deshalb "ein flexibles Instrumentarium" mit einer "intelligenten Öffnungsmatrix" entstehen. Bei "dauerhaft guten Zahlen" sei schon bald mehr Präsenzunterricht sowie eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen auf zwei Haushalte möglich, so Söder. Die nächsten drei Wochen seien zudem entscheidend dafür, ob ein Osterurlaub möglich werde.
Beim Thema Impfen kündigte der CSU-Chef an, Bayern werde die Arbeit in den Impfzentren deutlich hochfahren. Teilnehmern der Schalte zufolge gab Gesundheitsminister Spahn (CDU) bundesweit 1,2 Millionen Impfungen täglich als Ziel aus. Derzeit werden pro Tag rund 150 000 Menschen gegen Covid-19 geimpft. Wann auch Hausärzte Impfungen durchführen können ist demnach völlig offen.
Kein Recht auf Wahl des Impfstoffs
Die Impfquote sei neben der Inzidenz "auf Dauer die einzig relevante Zahl" für weitere Lockerungen, so Söder am Freitag. Unterdessen wurde klar: Ein Recht auf die Wahl des Impfstoff wird es nicht geben. Das hätten Spahn wie auch Merkel betont, so Kitzingens Landrätin Tamara Bischof (FW) und Thomas Habermann (CSU), Landrat von Rhön-Grabfeld nach der Runde. Beide berichteten von Fällen in ihren Landkreisen, bei denen Bürger eine Impfung mit dem in die Kritik geratenen Impfstoff von Astra-Zeneca ablehnten. Das sei zwar legitim, aber "dann müssen sie sich eben wieder hintenanstellen", so Bischof. Laut Habermann erklärte die Kanzlerin: "Alle Impfstoffe sind gleichwertig."
Mit Blick auf die Perspektive des Einzelhandels forderte Bischof einen transparenten Stufenplan "mit klaren Werten, wann geöffnet wird". Dabei sollte jede Region für sich beurteilt werden, fordert Bischof: "Nur weil die Zahlen etwa in der Grenzregion durch Grenzverkehr und Berufspendler hoch sind, darf das nicht die Regionen betreffen, in denen die Zahlen dauerhaft niedrig sind." Mit Sorge blickt ihr Rhöner Kollege in thüringische Nachbarlandkreise mit Inzidenzwerten teils über 200. Das sei, so Habermann, "nur mit Testen in den Griff zu bekommen".
Oberbürgermeister Sebastian Remelé aus Schweinfurt, der Stadt mit der aktuell niedrigsten Inzidenz in Deutschland, wünscht sich eine regionale, besser noch bayernweite Öffnungsstrategie: "Es kann keine Insellösungen geben, auch wenn mir das für die Einzelhändler in Schweinfurt in der Seele weh tut." Andrang von Besuchern aus angrenzenden Landkreisen, die zum Einkaufen in die Stadt kämen, müsse vermieden werden.
Die schleppende Auszahlung von Soforthilfen an vom Lockdown gebeutelte Unternehmen, war das Hauptanliegen von Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt bei der Diskussion: "Aktuell warten immer noch zu viele Unternehmen auf ihr beantragtes Geld", so Schuchardt. Wichtig sei ihm auch, dass den Kommunen die Mindereinnahmen bei den Gewerbesteuern vom Bund auch 2021 ausgeglichen würden.
Ankündigungen erst den Kommunen mitteilen
Mit einer Bitte an Jens Spahn sei sie nicht mehr zu Wort gekommen, sagt Tamara Bischof: "Dinge, die auf Bundesebene angekündigt werden, müssen den Kommunen, die sie umsetzen, vorher kommuniziert werden." Die Kitzinger Landrätin nannte als Beispiel die Selbsttests, die Spahn kürzlich angekündigt hatte. "Am nächsten Morgen rufen bei uns Bürger an und wollen welche." Mit einer Zulassung der Tests sei aber erst Anfang März zu rechnen, hieß es am Freitag.
In meiner Tageszeitung will ich so etwas nicht lesen.
Ihnen ist Öffnung des Einzelhandels wichtiger als Reisen, bei anderen ist es umgekehrt. Reihenfolge zum beenden der einzelnen Maßnahmen muss jetzt halt Politik entscheiden.