Seit Jahren wird im Steigerwald hitzig über die Zukunft des Waldes diskutiert. Nun will der Freistaat dort eine größere Fläche Staatswald aus der Nutzung nehmen. Förster Ulrich Mergner kümmert sich mit dem viel beachteten Trittstein-Konzept seit Jahren um den Naturschutz in der Region. Im Gespräch erklärt er, warum er sich von Naturschützern mehr Unterstützung wünscht.
Ulrich Mergner: Ich kann diese Entscheidung gut mittragen. Sie ist zwar der Tatsache geschuldet, dass die Naturschutz-Seite meint: Je größer ein Schutzgebiet, desto besser. Ich bin dagegen ein Vertreter einer Naturschutz-Politik der kleinen Schritte. Mein Motto: Small is beautiful. Gleichwohl finde ich die Entscheidung richtig, weil es sich um ein hoch attraktives Gebiet handelt.
Mergner: Das Gebiet Knetzberge-Böhlgrund ist deutlich höherwertig als der so genannte Hohe Buchene Wald. In der neuen Naturwald-Fläche gibt es doppelt so viele Biotop-Bäume, mehr Baum-Arten, mehr Standort-Vielfalt und mehr alte Wälder über 100 Jahre. Wegen der vielen Gräben und Schluchten ist es spannender als das flache Gelände bei Ebrach. Es macht Sinn, hier kein Holz mehr zu gewinnen. Eigentlich müsste der Naturschutz Hurra rufen.
Mergner: Nein. Im Steigerwald müssen verschiedene Interessen unter einen Hut gebracht werden. Die Sägewerke in der Region haben nur Zähne knirschend der Ausweisung zugestimmt. Sie wollen keine Salami-Taktik, die nach und nach immer mehr Wald aus der Nutzung nimmt. Schließlich wurde für den gesamten Ebracher Staatswald bereits ein umfassendes Naturschutzkonzept entwickelt.
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Mergner: Es besteht aus vier Elementen: Naturwaldreservate, Wald-Trittsteine, Biotop-Bäume und Totholz. Die sechs Naturwaldreservate sind zwischen 30 und 180 Hektar, die über 200 Wald-Trittsteine zwischen 0,3 und 20 Hektar groß. Beide Elemente sind an ökologisch hochwertigen Waldorten ausgewiesen und es findet keine Holznutzung statt. Dazu kommen im übrigen Wald im Schnitt zehn Biotop-Bäume pro Hektar. Diese dürfen eines natürlichen Todes sterben. Schließlich bleiben hohe Totholz-Mengen liegen. In Summe wurde die Attraktivität für Vogelarten, Fledermäuse, Insekten oder Pilze enorm erhöht. Das Konzept bildet das ökologische Rückgrat im Steigerwald. Es wird wissenschaftlich begleitet und ist weit über Deutschland hinaus ein Vorzeige-Beispiel für Naturschutz, für integrative Waldnutzung.
Mergner: Richtig. Große Schutzgebiete können sogar kontraproduktiv sein. In unseren Reservaten beobachten wir, wie die Buche massiv Überhand nimmt und die Eiche verdrängt. Die Eiche ist jedoch der wichtigste Träger der Artenvielfalt. Viele Arten sind auf die Eiche spezialisiert.
Mergner: Ich habe da selbst einen Erkenntnis-Prozess durchgemacht: Vor 15 Jahre dachte ich, es sei am Besten, wenn man nichts tut. Wenn wir jedoch die Baumarten-Vielfalt im Steigerwald erhalten wollen, müssen wir die Buche zurückdrängen. Das haben unsere Vorfahren auch schon getan. Und das Ergebnis dieser Arbeit ist ja genau dieser vielfältige Wald, den wir nun alle erhalten wollen.
Mergner: Zehn Prozent sind nun flächig aus der Nutzung genommen. Dazu kommen noch 150 000 Biotop-Bäume im Wirtschaftswald, die noch einmal eine Fläche von rund 750 Hektar beanspruchen. Damit kommen wir de facto auf eine nicht genutzte Waldfläche von 15 Prozent.
Mergner: Es gibt natürlich die Erwartung des Naturschutzes an den Erhalt der Artenvielfalt, auch an Unberührtheit. Manchmal schwingt eine Sehnsucht nach heiler Welt mit. Das ist ein berechtigtes Bedürfnis, das ich durchaus ernst nehme. Konträr dazu gibt es aber das Interesse der Holzwirtschaft. Im Steigerwald sind es 60 Sägewerke, die seit vielen Jahrhunderten das "Holz der kurzen Wege" nutzen. Mit den Buchen und Eichen aus dem Staatswald tragen wir maßgeblich zur Absicherung ihrer wirtschaftliche Zukunft bei. Neu sind Anforderungen des Klimaschutz, der Trockenheit, der Walderhaltung und der Sicherung der Leistungen der Wäldern. Maximalforderungen, wie die völlige Aufgabe der Waldnutzung oder eine maximale Holzausbeutung, sind keine Lösung. Es braucht deshalb Optimierungskonzepte. Dafür stehen wir Förster.
Mergner: Ich würde mir das innigst wünschen. Voraussetzung dafür wäre aber, dass die Umweltverbände nicht nur sagen, der Forstbetrieb Ebrach hat zwar ein tolles Konzept, das wir gerne überall in Deutschland hätten – aber nicht im Steigerwald, weil da um jeden Preis ein Nationalpark kommen muss. Wenn man das Paradepferd erschießt, lädt das nicht gerade zur Nachahmung ein. Besser wäre es, die Förster beim Waldnaturschutz zu unterstützen.
Mergner: Überwiegend ja – auch wenn es einzelne Aktivisten in der Region gibt, die an Fakten nicht wirklich interessiert sind. Ich versuche sehr offen zu kommunizieren. Meine Förster und Försterinnen bieten monatlich Waldführungen an. Wir wollen mit allen gesellschaftlichen Gruppierungen, die sich für den Wald interessieren, im Gespräch bleiben. Allerdings sind wir bislang noch nicht mit jeder Gruppe von Fridays for Future oder Extinction Rebellion in Kontakt gekommen. Wir werden weitere Gesprächsangebote machen, um Fragen zu beantworten und Ziele zu diskutieren. Und ich habe kein Problem damit, wenn jemand nach der Diskussion sagt: Ich will trotz allem einen Nationalpark. Das ist ja ein legitimes Interesse. Allerdings gibt es dafür bislang keine politische Mehrheit.
Was würden diese Kommentatoren wohl auf Ihre Frage antworten.
Ich zitiere: "Könnte das neue Schutzgebiet im Böhlgrund nicht eine Chance bieten, Maximalforderungen und alten Streit hinter sich zu lassen und auf sachlicher Basis gemeinsam nach Lösungen zu suchen?"
Ach ja, diese wurde ja schon mehrfach beantwortet, mit der Aussage nur ein "Erster Schritt" und der Forderung NP sonst nichts!
Herr Stern, Sie haben jetzt ja Herrn Mergner persönlich kennen lernen dürfen und ich bedanke mich dafür, dass Sie Herrn Mergner die Gelegenheit gegeben haben das Trittsteinkonzept näher zu erläutern und darauf hinzuweisen.
Ich kann Ihnen versichern, dass die Menschen, die sich für das Trittsteinkonzept im nördlichen Naturpark Steigerwald einsetzen, nur den Wald und die Natur im Auge haben.
Wenn Sie das nächste Mal zu uns in den Steigerwald kommen lassen Sie es uns wissen. Wir würden uns sehr gerne Vorstellen und mit Ihnen ins Gespräch kommen.
Small is beautiful. Klingt charmant, aber Quatsch bleibts trotzdem. Je größer das Schutzgebiet, umso besser für die Natur! Sogar die Wiseenschaftler der Uni WÜ sagen hinter vorgehaltener Hand, dass ein Nationalpark besser als das Trittsteinkonzept ist.
Mergner arbeitet für die Staatsforsten und horcht gleichzeitig den BN nach Argumenten aus.
Mergner musste die Leitung des Arbeitskreises Wald vom BN abgeben, weil seine Stellungnahmen gegen den Nationalpark Steigerwald untragbar waren.
Nach meiner Ansicht ist er ein Verräter an der Guten Sache!
Aber wie Herr Mergner so schön gesagt hat, bislang gibt es keine politische Mehrheit für den Nationalpark. d.h. das Volk wählt (Landtagswahl 2018 Grüne 17.6 Bayern/ im Steigerwald ca. 10 %), nennt sich Demokratie liebe NP-Freunde, da hilft kein Heulen und Zähneklappern.
Mergner ist eben eine "Macher", der die Natur für suboptimal und dümmer als sein Forstwissen und das der Seinigen hält. Ein neugieriger Beobachter mit Respekt der Natur gegenüber und ist er sicherlich nicht.
Wenn es is in einem Schutzgebiet so ist, dass sich unter gewissen Bedinungen die eine Baumart durchsetzt, dann ist das wertfrei zu betrachten. Ohnehin wird dort nicht geerntet, egal wohin die Entwicklung geht. Mergner aber meint, nur die menschengewollte Vielfalt sei als positiv zu werten. Welch eine Arroganz ...