CSU und Freie Wähler wollen das umstrittene bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) entschärfen. Vor allem der kritische Begriff der "drohenden Gefahr" als Voraussetzung für polizeiliche Maßnahmen soll enger gefasst und auf den Schutz "bedeutender Rechtsgüter" wie Sicherheit, Leben, Gesundheit, Freiheit, sexuelle Selbstbestimmung oder "kritische Infrastruktur" beschränkt werden.
Mehr Richter-Vorbehalte etwa bei DNA-Analysen
Erweitert werden sollen zudem Richter-Vorbehalte etwa bei der Nutzung von DNA-Analysen. Der umstrittene "Präventiv-Gewahrsam" etwa von möglichen terroristischen Gefährdern wird auf maximal zwei Monate beschränkt. Bislang gab es hier keine Höchstdauer.
Im Vorfeld der Landtagswahl 2018 hatte das von der CSU-Regierung verabschiedete Gesetz zu massiven öffentlichen Protesten geführt. Im "Getöse des Wahlkampfs" seien damals "viele Dinge in das Gesetz hinein gelesen worden, die gar nicht so gemeint waren", findet Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).
Die Praxis habe jedoch gezeigt, dass sich die Befürchtung massiv gestiegener Eingriffsmöglichkeiten der Polizei nicht bestätigt habe. "Die Proteste damals haben nun aber ganz klar zu mehr Rechtsschutz für die Bürger geführt", räumt Herrmann ein.
Auch eine Experten-Kommission übte harsche Kritik
Im Sommer 2019 hatte auch eine als Reaktion auf die Proteste eingesetzte Experten-Kommission unter Leitung des Ex-Verfassungsrichters Karl Huber massive Kritik an dem Gesetz geübt. Alle Anregungen der Kommission seien in der Neufassung berücksichtigt, beteuert Herrmann.
Dass es fast eineinhalb Jahre dauerte, bis die Novelle nun vorliegt, habe auch mit ausgiebigen Diskussionen mit den Freien Wählern zu tun, so der Innenminister. Vor allem die striktere Definition der "drohenden Gefahr" habe die Koalition intensiv beschäftigt. Ein Einsatz, der sich gelohnt habe, findet der Freie-Wähler Florian Streibl: "Das Gesetz wird nun in gewisser Weise liberaler, bleibt aber sehr schlagkräftig."
Grüne und SPD kritisieren Festhalten an der "drohenden Gefahr"
"Der Druck der bayernweitern PAG-Demos hat gewirkt, wenn auch mit großem Zeitverzug", glaubt Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze: "Der schwammige Begriff der drohenden Gefahr wird jedoch leider weiter angewendet", kritisiert sie.
Die "drohende Gefahr" müsse komplett aus dem Gesetz gestrichen werden, fordert auch SPD-Fraktionschef Horst Arnold. Grüne und SPD wollen deshalb an ihren bereits 2018 eingereichten Verfassungsklagen gegen das PAG festhalten.
Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Anlagen, Systeme oder ein Teil davon, die von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Bevölkerung sind und deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen hätte, da ihre Funktionen nicht aufrechterhalten werden könnten.
Eine grundsätzliche Auflistung der Sektoren und Brancheneinteilung der kritischen Infrastruktur findet sich auf der Webseite https://www.kritis.bund.de
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kritische_Infrastrukturen
Wenn man in ein Gesetz etwas „hineinlesen“ kann wird dies auch gemacht.
Ein Gesetz muss exakt formuliert werden wenn man etwas Bestimmtes vermeiden will, da Richter das Gesetz auslegen können.