Die geplante neuerliche Verschärfung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes sorgt für Unmut und Proteste im Freistaat. Innenminister Joachim Hermann (CSU) will damit die Befugnisse für die Polizei noch weiter ausdehnen.
Bereits in Kraft: Präventivhaft ohne konkreten Tatverdacht
Dabei war erst im August 2017 eine Novellierung des Gesetzes in Kraft getreten. Seitdem kann die Polizei verdächtige Personen nicht nur bei einer konkreten, sondern auch bei einer „drohenden“ Gefahr überwachen. Ein möglicher Gewahrsam wurde auf bis zu drei Monate ausgedehnt. Und die Präventivhaft kann auf richterlichen Beschluss unbegrenzt oft verlängert werden.
Hielt sich vor neun Monaten der Aufschrei noch in Grenzen, so macht die Opposition im Wahljahr gegen eine weitere Verschärfung mobil. Vor allem zusätzliche Möglichkeiten der verdeckten Ermittlung und Überwachung – ohne konkreten Tatverdacht – sowie die erleichterte Verwendung von Handgranaten stoßen auf Kritik. Die Polizei dürfe sich nicht in einen Geheimdienst verwandeln, heißt es.
Bayernweite Demonstrationen gegen neuerliche Verschärfung
Mit dem neuen „Gesetz zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen“ könnten Beamte – nicht nur bei Terrorverdacht – präventiv Wohnungen ausspähen, E-Mail und Telefone überwachen und Post durchsuchen. Selbst der Datenschutzbeauftragte der Staatsregierung Thomas Petri hat Bedenken, wenn ohne konkreten Verdacht DNA-Proben genommen und Personenprofile erstellt werden.
In Nürnberg demonstrierten nach einem Aufruf der Linken am vergangenen Wochenende rund 1300 Menschen. Für den 21.April hat die Grüne Jugend eine Demonstration in Würzburg angekündigt. Sie findet in den sozialen Netzwerken ein starkes Echo. In weiteren Städten sollen Kundgebungen stattfinden.
Grüne und SPD warnen vor einem „Überwachungsstaat“
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sieht die CSU-Regierung im „Überwachungsrausch“. Vor einem „Überwachungsstaat“ warnt der Würzburger SPD-Landtagsabgeordnete Georg Rosenthal. Eine immer öfter geheim operierende Polizei trage nicht zu mehr Sicherheit bei, sondern gefährde die Freiheitsrechte auch von unverdächtigen Personen. Die geplanten Änderungen führten den Rechtsstaat „in eine gefährliche Richtung“.
In der Plenardebatte am Dienstag lehnten auch SPD und Freie Wähler den CSU-Entwurf ab, der Mitte Mai im Landtag beschlossen werden soll. Während die Grünen sich bereits im Juli 2017 der Verschärfung des Polizeiaufgabengesetzes entgegenstellten, hatten sich SPD und Freie damals der Stimme enthalten. Dabei geht Datenschützern und Juristen schon diese erste Änderung zu weit.
Gemeinsame Popularklage aus drei bayerischen Universitäten
Nach Verfassungsklagen der Grünen und der Jusos kommt Widerstand auch aus bayerischen Hochschulen: Im Rahmen eines gemeinsamen Projektes („Law Clinic“) haben Jura-Studierende der Universitäten Würzburg, München (LMU) und Erlangen-Nürnberg eine Popularklage gegen das neue Polizeiaufgabengesetz vorbereitet. Sie soll bis Anfang Mai beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht werden, wie Isabel Feichtner, Professorin für Öffentliches Recht und Wirtschaftsvölkerrecht an der Uni Würzburg bestätigt.
Sie sieht eine gesellschaftliche Verantwortung, als bayerische Professorin der Rechtswissenschaft „aktiv zu werden gegen Entwicklungen, die ich für verfassungswidrig und als bedrohlich für ein freiheitliches und solidarisches Zusammenleben ansehe.“
Jura-Professorin sieht Widerspruch zur Bayerischen Verfassung
Das Besondere an der Klage der Nachwuchs-Juristen: Sie richtet sich auch gegen einige Befugnisse aus dem Bayerischen Integrationsgesetz von 2016. So darf die Polizei verdachtsunabhängige Kontrollen in Flüchtlingsquartieren durchführen. Dies sei ein „Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gegen das Diskriminierungsverbot“.
Nach Ansicht Feichtners beschneidet das neue Polizeiaufgabengesetz vom August 2017 in unzulässiger Weise die Freiheitsrechte einzelner Bürger. Eine unbegrenzt zu verlängernde Präventivhaft stehe im Widerspruch zur Bayerischen Verfassung und zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Den von der Staatsregierung neu eingeführten Begriff einer „drohenden Gefahr“ hält die Jura-Professorin für allzu schwammig, um damit Sanktionen wie Platzverweise, Kontaktverbote, Aufenthaltsverbote oder -gebote zu begründen.
Innenminister Herrmann: Korrekte Anwendung durch Richter gesichert
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verteidigt dagegen die erweiterten Polizei-Befugnisse und verweist auf die Entscheidungshoheit von Richtern. Das neue Gesetz stärke Bürgerrechte und Datenschutz. sagt er.
Ich spring aus dem Bett, da stürmt die Polizei rein
Los, stellen sie sich an die Wand, man hat sie erkannt
Ein Nachbar rief uns an: Sie sind ein Sympathisant
Ich sag: Das muß ein Irrtum sein, ich bin doch bloß ein Bürger
Doch die pflügen mir die Wohnung um, als wäre ich ein Würger
In dem großen grünen Wagen darf ich dann mitfahren
Ich frag nochmal: Wieso? - Das werden sie schon erfahren
Im Präsidium dann Verhöre - ich weiß von nichts, ich schwöre
Da brüllt mich einer an, daß ich die Ordnung störe
Morgen kommt ihr Anwalt, jetzt bleiben Sie erst mal hier
Sie kriegen ein schönes Einzelzimmer, Zelle Nr. 4
Irgendwelche Verrückte entführn in dieser Nacht dann
Einen Düsenjet und legen sich mit Helmut an
Mein Anwalt darf nicht kommen, die Sicherheit geht vor
Da lieg ich nun auf Eis und quatsche meine Wand an
Nach Wochen stellt sich endlich raus, mein Nachbar ist bekannt
Der zeigt fast täglich Leute an, nach seiner Pensionierung wurd er Denu...
Die CSU schafft "Gefährder" und "Kriminelle" erst - was das GEGENTEIL von Sicherheit ist:
"Etikettierungsansatz
Der Etikettierungsansatz zur Erklärung von Kriminalität geht nicht von der Täterpersönlichkeit und ihrem Umfeld aus, sondern versucht, Kriminalität aus der Definitionsmacht des Staates und seiner strafverfolgenden Kontrollorgane zu erklären: Kriminalität wird zugeschrieben (Labeling approach = Definitions- oder Etikettierungsansatz)....
Man spricht insoweit von einer sekundären Straffälligkeit als Folge justiziellen Handelns.
....Bei der Beurteilung von Kriminalität ist nach dieser Theorie die delinquente Entwicklung eines Menschen als prozesshaftes Geschehen zu verstehen, an dem auch die Strafjustiz maßgeblichen Anteil haben kann ("Teufelskreismodell")."
http://www.bpb.de/izpb/7735/ursachen-von-kriminalitaet?p=all
"Drohende Gefahr" ist eine Gefahr, von der jemand ANNIMMT, dass sie existiert.
"Präventivhaft" bedeutet, jemanden OHNE strafrechtliche Grundlage einsperren zu können.
Man hat die Staatsanwaltschaft einfach herausgestrichen. Musst man ja auch, da die Staatsanwaltschaft begangene Straftaten verfolgt. Die in diesem Fall aber ja eben NICHT begangen wurden.
Also eine Art Vollstreckung ohne Straftat und Strafverfolgungsbehörde. Legislative, Exekutive, Knast! Halt eben genau so, wie es in einem Rechtsstaat nicht sein darf.
Aber hey, ist doch nicht so schlimm, wird ja nur gegen die eingesetzt, die es verdienen …
Wo genau vermögen Sie das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit hier zu erkennen?
Ja richtig, also sollten alle Gefährder, Salafisten und Hassprediger präventiv in ein Hochsicherheitsgefängnis eingesperrt werden. Erstmal unbegrenzt....das wäre proaktiver Opferschutz.
Wir sollten unser eigenes Guantánamo haben.
Leider wird dies, auch trotz verschärftem Polizeirecht ein Wunschtraum bleiben.
Terroristen können nur mit den eigenen Waffen geschlagen werden!
Sie äußern sich doch gern mal kritisch über die Flüchtlingspolitik (wie, ich auch). Was meinen Sie wenn was passiert wenn sich die Stimmungslage mal weiter aufheizt und ein Polizist auf die Idee kommt von Ihnen wären fremdenfeindliche Straftaten zu erwarten? Dann sind Sie ganz schnell ein Gefährder oder Terrorist.
Sie könnten schneller im Knast landen als Ihnen lieb ist.
Einen Terroristen können Sie niemals mit seinen Waffen schlagen. Terrorismus – zumindest der islamistische - ist ja gerade eine Strategie der asymmetrischen Kriegführung.
Der Terrorist strebt danach, die Bevölkerung zu verunsichern, um der Regierung den politischen Rückhalt zu nehmen.
Im Falle des islamistischen Terrors kommt noch das Ziel hinzu, Repressalien gegen die Muslime zu erzwingen und auf diesem Wege die Spaltung und Isolation der Muslime im Land zu fördern. In dieser Situation – so die Hoffnung der Terroristen – würden sich weitere Muslime des angegriffenen Landes radikalisieren und den Kampf gegen die Ungläubigen unterstützen.
Guantanamo & Co ist der vollkommen falsche Ansatz. Auch wer als nicht-Terrorist dort reingeht, kommt auf jeden Fall als Terrorist wieder heraus …
Leider begreifen das zu wenige und beklatschen in George W. Bush-Manier genau die Maßnahmen, die von den Terroristen gewollt sind.
Wirklich sehr clever!
Schön, dass Sie einräumen, keine Argumente zu haben. "Vertrauen" ist völlig fehl am Platz! Hier geht es um die Substanz!
Und es geht erkennbar NICHT um "Terror" - jeder Angstbürger, Rechte und Fremdenfeind kriegt da ganz warme Gefühle.
Es fäng bei den Definitionen ein: was ist denn genau ein "Gefährdungsfall"...? Und wer definiert den? Horst Seehofer, Scheuer, Dobrindt? Die von der CSU gepimperten Juristen, die erst merken, dass ein Richterkollege "nebenbei" bei einer Naziband als Frontsänger fungierte, als es in der Zeitung stand?
Gibt es Ihnen nicht zum Nachdenken, wenn Sie hier bspw. solche Sätze lesen: ..."Keine Gruppierung in Deutschland verursacht mehr Gewalt und Schaden als die LINKE."....
Ist das die neue – proaktive – Form der Terrorbekämpfung?
Eigentlich unglaublich, dass so etwas bei einigen tatsächlich verfängt, sobald man nur das Etikett "Terror" draufklebt....