"Ich freue mich, dass die Öffnung der Schulen in Bayern stufenweise und mit Bedacht umgesetzt wird", sagt Gerhard Bleß, Vorsitzender des Lehrerverbandes BLLV in Unterfranken. Der bayerische Stufenplan sei zwar "schwierig, aber unter bestimmten Voraussetzungen machbar", glaubt Walter Baier, Vorsitzender der Gymnasial-Direktoren in Bayern. "Es ist sehr positiv, dass die Öffnung sehr behutsam kommt", lobt Susanne Arndt von der Landes-Elternvereinigung.
Vorsichtige Zustimmung also für den Weg der Staatsregierung. Aber auch Kritik: Jörg Nellen von der Gewerkschaft GEW in Unterfranken warnt etwa vor einem Öffnungs-Wettlauf zwischen den Schulen: Der bayerische Fahrplan sei "zu hastig". Vor allem kleine Schulen seien überfordert, "jede Woche eine neue Kohorte aufzunehmen".
Am Dienstag hatte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) einen Vier-Stufen-Plan zur Rückkehr der Schüler in die Klassenzimmer angekündigt, der bis 15. Juni nach und nach alle Jahrgangsstufen umfassen soll. Wichtige Eckpunkte dabei sind geteilte Klassen, nach den Pfingstferien ein wochenweiser Wechsel der Gruppen zwischen Unterricht in der Schule und Lernen zuhause, kein Sitzenbleiben in diesem Jahr sowie ein reduzierter Unterrichtsstoff.
Wie viele Stunden Unterricht? Wo wird der Stoff gekürzt?
"Es braucht aber nicht nur einen Fahrplan, sondern auch sehr klare Regeln im Detail", fordert BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: Wie viele Stunden umfasst der Präsenz-Unterricht? Wo wird der Stoff reduziert? "Die Schulen nehmen ihre Eigenverantwortung an. Wir brauchen aber auch die Rückendeckung von oben", fordert sie. Beispiel Schul-Noten: So kündigte Piazolo an, den Notenschluss auf Ende Juli zu verschieben. Gleichzeitig sind sich Lehrer-Vertreter einig, dass benotete Proben unter den aktuellen Bedingungen keine große Rolle spielen können. "Die Lehrer brauchen deshalb die klare Ansage, hier loslassen zu können", fordert Fleischmann.
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Die Schulen treibt derweil die Sorge um, unter verschärften Hygiene-Bedingungen Präsenzunterricht in Kleingruppen, Lernen daheim und Notfallbetreuung mit einer um Corona-Risikogruppen dezimierten Anzahl an Lehrern gleichzeitig organisieren zu müssen. Wer alles wolle, werde "deutliche Abstriche in Kauf nehmen müssen", warnt etwa Direktoren-Vertreter Walter Baier.
Gleichzeitig den Unterricht im Klassenzimmer und die Betreuung der Online-Schüler zu organisieren, bedeute hohen zeitlichen Aufwand für die Lehrer, befürchtet auch Michael Schwägerl vom Lehrerverband bpv. "Man kann jetzt nicht alles auf höchstem Niveau haben", warnt er deshalb. Trotzdem müsse niemand Angst um die Bildung der Kinder haben: "Wir brauchen von allen Seiten Verständnis und Gelassenheit, dann meistern wir diese Situation", ist Schwägerl überzeugt.
Manche Probleme, aber auch neue Chancen für die Bildung?
Elternvertreterin Susanne Arndt blickt derweil mit Sorge auf den Online-Unterricht: "Wir brauchen endlich für jedes Kind ein eigenes Endgerät", verlangt sie. Die nötige Ausstattung müsse vom Kultusministerium umgehend bereit gestellt werden: "Wir müssen hier schnell, zentral und flächendeckend reagieren."
Trotz mancher Probleme biete die aktuelle Situation aber auch neue Chancen für die Bildung, hofft Lehrer-Vertreter Bleß. Ob digitale Schule, Eigenmotivation der Schüler oder Relativierung von Noten: "So schwierig die aktuelle Lage ist, es gibt auch viele positive Aspekte", findet er. "Und die sollten wir auch nach der Krise nicht aus dem Blick verlieren."