Verschiedene politische Skandale und Affären haben in den vergangenen Jahren auch in Bayern das Vertrauen in die Politik angekratzt. Mit einem bayerischen Lobbyregister wollen Landtag und Staatsregierung deshalb mehr Transparenz und neues Vertrauen schaffen. 644 Interessenvertreter haben sich seit Anfang 2022 dort eingetragen – von "Joschka Fischer Consulting" bis zum "Spessartbund".
Wer sind die eingetragenen Unternehmen, Verbände und Interessengruppen? Welche Lobbyisten aus Unterfranken sind dabei? Und auf welche Weise soll dieses bayerische Lobbyregister für mehr Nachvollziehbarkeit bei der Interessenvertretung sorgen? Antworten im Überblick.
Warum gibt es überhaupt Lobbyisten in der bayerischen Landespolitik?
Lobbyismus hat einen schlechten Ruf – und das nicht erst nach den Provisionszahlungen für Maskengeschäfte des CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter oder der "Aserbaidschan-Connection" des früheren unterfränkischen CSU-Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner.
Doch eine organisierte Interessenvertretung kann ein wichtiger Baustein der politischen Willensbildung sei: So ist es etwa bei einer Mietrechtsreform hilfreich, Argumente von Mieterverbänden wie vom Haus- und Grundbesitzerverein zu hören.
Verschiedene Interessen und Meinungen politisch abzuwägen, "kann politische Entscheidungen verbessern", heißt es in der Begründung des Bayerischen Lobbyregistergesetzes. Um einseitige Einflussnahme zu verhindern müsse jedoch von Anfang an klar und transparent sein, wer wessen Interessen vertritt – und welche Mittel dafür zur Verfügung stehen.
Wie soll das Lobbyregister in Bayern für mehr Transparenz sorgen?
Wer auf Gesetze oder politische Vorhaben in Landtag oder Staatsregierung unmittelbar oder mittelbar Einfluss nehmen will, muss sich seit Anfang 2022 im Lobbyregister eintragen, das das Landtagsamt führt. Der Eintrag umfasst das Ziel der Lobbytätigkeit, die Namen der verantwortlichen Personen, die dafür aufgewendeten finanziellen Mittel und die Anzahl der dafür beschäftigten Mitarbeiter sowie mögliche Zuschüsse oder Spenden.
Schriftliche Stellungnahmen etwa zu neuen Gesetzen werden ebenfalls veröffentlicht – in 2022 warn es insgesamt 91, vor allem zum neuen Klimagesetz und zur Änderung der Bauordnung in Bayern. Lobbyarbeit ohne die Registrierung kann mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Welche Regeln gelten im Landtag für die Lobbyisten?
Mit dem Lobbyregister ist auch ein verpflichtender "Verhaltenskodex" für Lobbyisten in Kraft getreten: Er verpflichtet die Interessenvertreter, "integer und transparent tätig zu werden". So müssen sich die Lobbyisten gegenüber Abgeordneten oder Regierungsmitgliedern stets als Interessenvertreter zu erkennen geben: "Sie machen über sich und ihren Auftrag bei der Interessenvertretung zutreffende Angaben", heißt es dazu in dem Kodex.
Verboten ist eine Lobbytätigkeit, bei der "eine Vergütung oder ihre Höhe vom Erfolg der Interessenvertretung abhängig gemacht wird" – ob also etwa eine bestimmte gesetzliche Regelung erreicht oder verhindert wird. Ebenfalls verboten ist "das Gewähren oder In-Aussicht-Stellen direkter oder indirekter finanzieller Anreize" – etwa für eine bestimmte politische Einflussnahme durch einzelne Abgeordnete.
BMW, Bauernverband, Joschka Fischer: Wer hat sich als Lobbyist in Bayern registriert?
Im bayerischen Lobbyregister waren zum Jahreswechsel 644 Verbände, Unternehmen und sonstige Interessenvertreter registriert. Vor allem die Liste der Verbände ist lang – vom Obstbauernverband über Lehrer- oder Umweltverbände bis hin zum Bayerischen Gerichtsvollzieherbund.
Die Liste der Unternehmen umfasst neben bayerischen Großkonzernen wie Siemens, BMW, Adidas oder Schaeffler auch viele internationale Firmen wie Amazon, Uber oder Netflix.
Auch einige ehemalige Spitzenpolitiker haben sich als Lobbyisten in Bayern registriert: So vertritt die "Joschka Fischer & Company GmbH" des früheren Grünen-Außenministers den Autobauer Audi in Bayern bei energie- und wirtschaftspolitischen Themen.
Der aus dem oberfränkischen Kronach stammende frühere bayerische CSU-Umweltminister Werner Schnappauf ist laut Lobbyregister als "Senior Advisor" für die Bank of America tätig. Nach eigenen Angaben informiert er die US-Großbank "über allgemeine wirtschaftliche
wie auch politische Entwicklungen, die für die Geschäftstätigkeit der Auftraggeberin relevant sind".
Welche Lobbyisten aus Unterfranken stehen im bayerischen Register?
Aus Unterfranken finden sich neben dem auch in Schweinfurt ansässigen ZF-Konzern vor allem Verbände im bayerischen Lobbyregister: der Weinbauverband, der Verband süddeutscher Zuckerrübenbauern, der "Förderkreis Umweltschutz Unterfranken", der Spessartbund, der Verein Nationalpark Steigerwald, der Bezirksjugendring sowie der Bund der katholischen Jugend (BDKJ) und die Caritas Würzburg. Die Firma Knauf aus Iphofen ist zudem über die "Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Bergbau- und Mineralgewinnungsbetriebe" im Lobbyregister vertreten.