Das Gastgewerbe in Bayern boomt: Zuletzt wurden Jahr für Jahr neue Rekorde etwa bei den Gästezahlen registriert - auch in Unterfranken, wo zuletzt 7,3 Millionen Übernachtungen gezählt wurden. Laut einer diese Woche vom Branchenverband Dehoga vorgestellten Studie ist der Umsatz seit 2014 bayernweit in der Gastronomie um mehr als 17 Prozent gestiegen, bei den Hotels gar um gut 18 Prozent. Mehr als 440 000 Menschen sind in der Branche beschäftigt, der Gesamt-Umsatz lag zuletzt bei fast 19 Milliarden Euro. "Und die Rekordjagd geht weiter", sagte Studienautor Joachim Maschke bei der Vorstellung der Zahlen in München.
Personalkosten steigen oft schneller als der Umsatz
Also alles eitel Sonnenschein in den Hotels und Gaststätten auch in Unterfranken? Mitnichten. "Wenn die Rahmenbedingungen so bleiben, wie sie derzeit sind, werden wir vor allem auf dem Land ein weiteres Sterben von vielen Betrieben haben", befürchtet Claudia Amberger-Berkmann, Würzburger Dehoga-Kreisvorsitzende und selbst Hotel-Besitzerin. Zwar sei die Hotel-Nachfrage insgesamt gestiegen. "Doch die Kosten steigen schneller", erklärt Amberger-Berkmann.
Auch andere Hoteliers in der Region berichten auf Nachfrage von massiv steigenden Personalkosten, Fachkräftemangel und teuren behördlichen Auflagen, die Umsatzzuwächse sofort wieder aufzehren. Thomas Dauenhauer, der in Dettelbach (Lkr. Kitzingen) als Familienbetrieb unter anderem das Hotel Franziskaner und das Café Kehl betreibt, spricht für sein Unternehmen von einem Umsatz-Plus seit 2011 von rund zehn Prozent. Gleichzeitig seien aber die Personalkosten um 50 und die Energiekosten um 49 Prozent gestiegen. Und weil die Gäste nicht bereit seien, für ein Zimmer oder ein Mittagessen deutlich mehr zu bezahlen, "können wir nicht die Preise verlangen, die wir bräuchten, um unsere Kosten zu decken".
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Gerade auf dem Land sei es zudem schwer, qualifiziertes Personal zu bekommen, klagt Dauenhauer. Hinzu kämen teure behördliche Auflagen: So habe er zum Beispiel massiv in neue Kassensysteme investieren müssen, anstatt das Geld in die Renovierung von Gästezimmern stecken zu können.
Studie: Inhaber-Familien oft mit weniger als 2000 Euro Bruttoeinkommen
Auch die bayernweite Branchen-Studie spricht von "Störgeräuschen", die den Boom im Gastgewerbe trüben: Viele Inhaber "haben einen Stundenlohn, der nicht annähernd an den Mindestlohn rankommt", erklärt Studien-Autor Bernhard Harrer. In der Studie selbst heißt es: "Monatliche Bruttoeinkommen von teilweise deutlich weniger als 2000 Euro, die die Inhaber-Familie aus dem erzielten Gewinn ableiten können, stellen keineswegs die Ausnahme dar, sondern treffen auf sehr viele Betriebe des Gastgewerbes zu."
Vor allem in der Gastronomie ist laut Studie vor diesem Hintergrund mit "weiteren Marktbereinigungen" und damit auch mit "einer Verschlechterung der Versorgungslage speziell im ländlichen Raum" zu rechnen – weil die Betriebe den Inhabern "oft keinen entsprechenden Gegenwert für den hohen Arbeitseinsatz" bieten könnten.
Immer weniger Hotels, Pensionen und Gaststätten in Unterfranken
In Unterfranken hat sich nach Zahlen des Statistischen Landesamtes die Anzahl der Gastronomie-Betriebe bereits von 2008 bis 2018 von 3476 auf 2985 reduziert. Im Bereich der Hotellerie sank die Zahl der Betriebe von 1349 auf 1101. Zum inzwischen außergewöhnlichen Ereignis der Eröffnung eines neuen Gasthauses kam in Burgpreppach (Lkr. Haßberge) deshalb kürzlich sogar der Landrat.
"Der Hotel-Boom findet vor allem in den Städten statt", glaubt ein Land-Hotelier, der lieber anonym bleiben will. In der Tat wächst neben den Städtereisen vor allem noch der Wellness-Tourismus. Die auf sieben Prozent gesenkte Mehrwertsteuer für Hotels habe die Branche zudem "auch für Investoren sehr interessant gemacht", heißt es in der Fach-Studie. "Es geht ganz klar in Richtung große Konzerne", hat auch die Würzburgerin Amberger-Berkam beobachtet.
Große Konzerne investieren, kleinen Familienbetrieben geht die Luft aus
Finanzstarke Investoren könnten dank hoher Auslastung in den Boom-Regionen immer neue Luxus-Hotels aus dem Boden stampfen, glaubt der Land-Hotelier: Familienbetrieben mit Saisongeschäft in der Rhön, im Steigerwald oder im Spessart gehe dagegen bald die Luft aus: "Für viele ist es schon jetzt eine Existenzfrage."