"Ich habe immer gesagt, ich mache alles, bloß keine Kneipe." Anita Günder muss über ihre eigene Aussage lachen – denn seit Oktober macht die 69-jährige Rentnerin genau das, sie betreibt eine Kneipe. In vielen Orten in der Region müssen die Gastronomen schließen, weil die Gäste wegbleiben oder sie kein Personal bekommen. Das hat Anita Günder nicht davon abgehalten, die alte Gastronomie ihrer Eltern wiederzubeleben: den "Fränkischen Garten" an der Hauptstraße in Eisigen.
Von 1958 bis 88 war das Restaurant in Betrieb, danach richteten Günders Eltern nur noch private Feiern aus. Günders Mutter wohnte bis zu ihrem Tod vor einigen Jahren im Haus, dann stand das Gebäude leer. "Im März stand ich hier noch in einem Rohbau", erzählt Günder. Eigentlich wollte sie das Haus verkaufen, doch sie bekam nicht den Preis, den sie sich vorgestellt hatte.
Sie fasst den Entschluss, das Haus zu behalten und eine "Hobbygastronomie" zu eröffnen – und merkt schnell, dass auch dieser Plan nicht aufgeht. "Ich musste so viel Geld in die Renovierung des alten Hauses stecken, da war klar, dass sich das als Hobby nicht rechnet", erklärt sie.
Hobbygastronomie wird zum Hauptberuf
Sie plant um, will das Gebäude zunächst renovieren und dann an einen Gastronomen verpachten. "Ich hatte sogar zwei Wirte, die den 'Fränkischen Garten' gerne übernommen hätten", sagt sie. Das Problem: Ein Pächter hätte eine neue Konzession beantragen müssen. Dafür hätte Günder das Gebäude aufwendig umbauen müssen, mit einer dritten Toilette, einer breiteren Eingangstür und vielen anderen Auflagen. "Das hätte mich noch viel mehr Geld gekostet", sagt Günder.
Ihr bleibt nur eine Möglichkeit: Sie selbst kann die Alt-Konzession ihrer Eltern wieder aufnehmen.
"Ich bin ein Arbeitstier, der Ruhestand ist eh nichts für mich", sagt Anita Günder über sich selbst. In ihrem Arbeitsleben war sie als Immobilienmaklerin selbstständig, sie weiß, wie man ein Unternehmen gründet. Wie eine Gaststätte funktioniert, hat sie von Kindesbeinen an erlebt. Also geht sie auf's Ganze und eröffnet den Fränkischen Garten selbst.
Wie die Eisinger Kneipe bestehen will
Günder will mit Nostalgie die Gäste in ihr Lokal locken. Im Gastraum gibt es noch die alte Bank, die an zwei Seiten des Raumes entlang läuft. Günder hat sie aufwändig restaurieren lassen. Bestellungen notiert sie auf vergilbten Blöcken mit Werbung für Schöller Eiscreme, einen ganzen Karton davon hat sie in den Restbeständen ihrer Eltern gefunden. Auch die Bierdeckel stammen aus der Zeit. Kuchen serviert sie auf altem Geschirr, cremefarben mit Goldrand. Der Kaffee kommt in der passenden Kanne auf den Tisch.
Als Kontrast zu den Andenken an die alte Kneipe hat Günder einen modernen Holzofen einbauen lassen. Über der Theke hängen Hängelampen im Industrie-Stil, wie sie im Moment in vielen hippen Cafés über der Theke hängen. Und sie ist noch nicht fertig mit der Renovierung: "Im Keller plane ich noch eine Vinothek, und im Sommer sollen die Gäste auf der Terasse im Biergarten sitzen können."
Mittwochs nachmittags ist bei Günder "Tea Time", am Sonntag "Langschläferfrühstück". Bald soll es ein Adventssingen geben, vielleicht mal Kartenabende. "Der Zuspruch in den ersten vier Wochen war gut", sagt Günder. Das motiviere sie. Zum ersten Sonntagsfrühstück kamen so viele Neugierige, dass Günder und ihr Helfer an ihre Grenzen kamen.
Wie lange kann sie die Kneipe führen?
Mancher kommt auch, um Anita Günder wiederzusehen, wie damals in der Kneipe ihrer Eltern. "Das war hier früher ein richtiger Familienbetrieb", erinnert sie sich an ihre Jugend. Die Wohnung der Familie lag über der Gaststätte, die Restaurantküche war auch die Familienküche. Heute ist der "Fränkische Garten" kein Familienbetrieb, sondern eine One-Woman-Show: Günder kümmert sich um Werbung und Abrechnung, schenkt Getränke aus, kocht, serviert, backt Torten und organisiert den Einkauf. Sie ist auf der Suche nach Hilfe, doch die ist nicht so leicht zu bekommen. Günder braucht jemanden, der wie sie all diese Aufgaben übernehmen kann.
Günder geht auf die 70 zu, wie lange sie den Betrieb führen kann, weiß sie nicht. Im Moment sei sie fit, fünf oder sechs Jahre wolle sie das auf jeden Fall machen, sagt sie. Und danach? "Dann würde ich das Geschäft gerne an einen Nachfolger übergeben." Wie das dann mit der Konzession funktionieren kann, weiß sie jetzt noch nicht.
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