zurück
München/Würzburg
Grundsteuerreform: Weshalb müssen Bürger eine Erklärung abgeben - liegen den Ämtern die Daten nicht ohnehin vor?
Bis 31. Oktober müssen Besitzerinnen und Besitzer von Grundstücken und Immobilien eine Grundsteuererklärung abgeben. Warum die Behörden darauf angewiesen sind.
Warum müssen Grundbesitzer überhaupt eine Grundsteuererklärung abgeben?
Foto: Jens Büttner, dpa | Warum müssen Grundbesitzer überhaupt eine Grundsteuererklärung abgeben?
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:05 Uhr

Ab 2025 soll eine neue Grundsteuer-Berechnung gelten. Das geschieht auf Grundlage von Angaben, die Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken und Immobilien bis 31. Oktober einreichen müssen. Seit dem 1. Juli nehmen die Finanzbehörden die Grundsteuererklärungen entgegen. Doch warum müssen die Steuerpflichtigen ihre Daten überhaupt den Behörden melden?

Liegen die Informationen zu Grundstücken und Immobilien den Grundbuchämtern, dem Landesamt für Vermessung oder den Kommunen nicht ohnehin vor? Fehlt es etwa lediglich an Schnittstellen zwischen den Behörden, um die vorhandenen Daten auszutauschen, sodass nun die Steuerpflichtigen ran müssen?

So einfach ist es nicht, wie eine Anfrage der Redaktion beim bayerischen Finanzministerium zeigt. "Das Vorhandensein und die Aktualität aller für die Grundsteuerreform erforderlichen Daten bei den Finanzämtern auf den Feststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 wäre ohne die Abgabe der Steuererklärungen nicht gewährleistet", sagt ein Sprecher. Vielmehr lägen der Steuerverwaltung die für die Berechnung der neuen Bemessungsgrundlage notwendigen Daten gar nicht oder nicht vollständig vor. Außerdem seien vorhandene Daten nicht immer aktuell.

Unbekannte Bautätigkeiten, Nutzungsänderungen und unterschiedliche Einheiten

So lägen den Finanzämtern zum Beispiel die Daten zur Gebäudefläche "nicht immer in aktueller Fassung vor". Grund seien "viele Bautätigkeiten der letzten Jahrzehnte, die keinen Bauantrag erforderten", weshalb die Veränderungen an Immobilien "den Finanzämtern nicht bekannt" seien. Für die Grundsteuer sei zudem "entscheidend, wie die Gebäudefläche genutzt wird" – also zum Wohnen oder für andere Zwecke. "Angaben zur tatsächlich gegenwärtigen Nutzung können nur die Steuerpflichtigen machen", so der Ministeriumssprecher.

Grundsteuerreform: Weshalb müssen Bürger eine Erklärung abgeben - liegen den Ämtern die Daten nicht ohnehin vor?

Und dann ist da noch die Sache mit den Einheiten, die eine "direkte Übernahme von Daten aus dem Liegenschaftskataster" unmöglich mache. Während nämlich die Vermessungsverwaltung von Flurstücken ausgehe, sei für die Grundsteuer "der Umfang der sogenannten wirtschaftlichen Einheit entscheidend". Und eine wirtschaftliche Einheit kann aus mehreren Flurstücken bestehen – oder auch nur Teile von Flurstücken umfassen. Noch komplizierter wird es, weil Steuerpflichtige mehrere wirtschaftliche Einheiten besitzen oder an ihnen beteiligt sein können.

Es fehlen noch mehrere Millionen Grundsteuererklärungen

"Von der Steuerverwaltung ist eine Aufteilung der Flurstücke und Gebäude in wirtschaftliche Einheiten allein anhand von Eigentümerdaten nicht möglich", so der Sprecher weiter. Und für die Aufteilung in wirtschaftliche Einheiten sei wiederum "vor allem entscheidend, wie der Steuerpflichtige die Objekte nutzt".

Ohne die Grundsteuererklärungen der Besitzerinnen und Besitzer "wäre eine rechtskonforme Besteuerung nach dem neuen Gesetz nicht möglich", betont das Finanzministerium. Ob bis 31. Oktober alle Steuererklärungen abgegeben werden, scheint derzeit jedoch fraglich, denn der Rücklauf läuft schleppend: Fast 36 Millionen Grundstücke müssen in Deutschland neu bewertet werden, 6,5 Millionen davon in Bayern. Bis vergangene Woche wurden im Freistaat nur rund 900.000 Grundsteuererklärungen abgegeben.

Warum die Grundsteuerreform nötig ist

Das Bundesverfassungsgericht hat die bisherigen Berechnungsgrundlagen für die Grundsteuer als verfassungswidrig eingestuft. Bemängelt wurde vor allem, dass die Werte veraltet sind und deshalb die einzelnen Grundsteuerzahlerinnen und -zahler ungleich behandelt werden. Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basiert auf Einheitswerten, die die Wertverhältnisse von 1964 (alte Bundesländer) beziehungsweise von 1935 (neue Bundesländer) zugrunde legten. Der Gesetzgeber war daraufhin verpflichtet, die Berechnung der Grundsteuer neu zu regeln.
Die Abgabe der Grundsteuererklärung, die bundesweit grundsätzlich verpflichtend ist, dient dazu, dass die Grundsteuer von der Stadt oder der Gemeinde erhoben werden kann, in deren Gebiet das Grundstück oder der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft liegt. Die Einnahmen fließen ausschließlich den Kommunen zu.
ben
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Benjamin Stahl
Bundesverfassungsgericht
Daten und Datentechnik
Finanzbehörden
Finanzämter
Grundbuchämter
Grundsteuerreformen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • haen
    Elster? Da gibt es lustige Erklärvideos. Gegendert bis zur Unverständlichkeit. Ich gab nach einer Minute auf. zwinkern
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ralfestenfeld@aol.com
    Dieses Dilemma der staatlichen Undurchsichtbarkeit hat zwei Seiten: zum Einen bedeutetet es Arbeit für die Bürger (siehe Grundsteuer) und führt zu unzuverlässigen Zahlen bei Impfquote oder Inzidenzen. Auf der anderen Seite kostet es aus meiner Sicht ordentlich Geld, so z. B. beim Abgleich in Sachen Sozialleistungen. Hier fehlt u. a. nach wie vor ein zentrales Melderegister für ganz Deutschland.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • MP-Log
    Weniger einfach ist dann vielleicht für den Rentner zusätzlich zum Verlust durch Inflation, zusätzlich zur Explosion der Gas- und Stromkosten auch noch die Erhöhung der Grundsteuer zu stemmen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    ich kanns nicht mehr hören, imm,er wird der "arme Rentner mit seinem Häuuschen" angeführt; also mit Häuschen gehört er m.M. schon mal nicht zu den "Armen"; ich jedenfalls fühle mich mit meinem Haus nicht arm.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Um nicht falsch verstanden zu werden: den gibt's leider, den armen Rentner, aber ihn zum Anlass zu nehmen, die Neuregelung, die ja zu mehr Gerechtigkeit führen soll und vom Gericht angeordnet wurde, weil die Politik Mal wieder getrödelt hat, per se abzulehnen halte ich nicht für richtig. Es wird auch welche geben, die besser fahren.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • MP-Log
    @glaubt-nicht-alles: " Neuregelung, die ja zu mehr Gerechtigkeit führen soll" - anscheinend glauben Sie ja doch (fast) alles.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Jetz legen Sie doch mal die Karten auf den Tisch: Woher wollen Sie denn wissen, dass es zu einer Erhöhung kommt?? Haben sie da Belege für oder nicht?? Ich gehe davon aus, dass sie dazu auch noch nichts konkretes wisssen, aber auch gar nichts!!
    Warten Sie doch erst mal die neuen Bescheide ab, bevor sie ins Blaue hinein rumschwadronieren...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • MP-Log
    @glaubt-nicht-alles: Nicht gleich unhöflich werden! Noch offizieller Version soll die 'Reform' das Steueraufkommen nicht erhöhen. D.h. ein Teil der Steuerzahler wird mehr zahlen und ein anderer Teil wird weniger zahlen. Diejenigen mit größerem Garten, der als Bauland zählt, werden sehr wahrscheinlich mehr zahlen. Und 'Reformen' sind allemal eine Gelegenheit neue Begehrlichkeiten zu wecken. Es ist doch regelhaft so, dass Begehrlichkeiten mit "Gerechtigkeit" begründet werden. Recht und Gesetz sind das eine - "Gerechtigkeit" ist etwas ganz anderes.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Ihre Schlussfolgerungen entbehren im Moment jeglicher belegbaren Grundlagen und sind reine Spekulationen und laue Luft.
    Für mich ist entscheidend, dass Änderungen des alten Rechts von einem Gericht vorgegeben wurden, um Unsauberkeiten in eben diesem alten Recht abzustellen.
    Warten wir doch mal ab, ob und wie es sich im konkreten Fall auswirkt.
    Mehr gibt's da für mich im Moment seriös nicht zu sagen
    Gute Nacht....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mainpost@swamp.franken.de
    Das mit der Gerechtigkeit war die Idee. Aber wie gerecht ist denn die bayerische Version?

    Der qm einer neuen, gut gelegenen Luxuswohnung zählt eben so viel wie der qm eines alten, baufälligen Hauses im Nirgendwo. Nur so als zwei Extreme.

    Ich vermute, wenn die Bescheide eintrudeln, wird wieder jemand efolgreich dagegen klagen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Vermutung? 😌 A weng weng ....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mainpost@swamp.franken.de
    Dann erklären Sie mir bitte, wo mein Denkfehler liegt.

    Wird ein qm eines neuen Hauses anders bewertet als ein qm einer Bruchbude?
    Wird ein qm in Toplage anders bewertet als ein qm irgendwo?
    Ist das gerecht?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • MP-Log
    @glaubt-nicht-alles: den 'armen' Rentner haben Sie selbst dazu erfunden. Aber: Mein Gasanbieter GASAG hat mir aktuell ab Oktober die kWh für 35,00 ct brutto (statt vorher 6,16 ct brutto) abgeboten. Dazu kommt der mtl. Grundpreis und die 'Gasumlage'. - Plus deutliche Preiserhöhungen bei den Lebensmitteln --- Da ist nicht mehr viel Luft drin. Und für manche stellt sich die Frage der Finanzierbarkeit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mpmonika
    Mit Elster.online ist die Abgabe der Erklärung ganz einfach 😊
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • radina
    Die Abgabe über ELSTER ist wirklich einfach, da man einfach nur Werte erfassen muss. Die Frage ist nur die, sind die Daten richtig? Die Anleitung zu den Formularen ist ziemlich lang und komplex. Würde mir überlegen ob ich einfach Daten erfasse und in den nächsten Jahren evtl. zu viel Grundsteuer zahle - habe es mir angeschaut und letztendlich doch einen Steuerberater beauftragt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • daniel.hagmann@freenet.de
    Die Daten sind natürlich nicht zu 100% richtig. Aber der Quadratmeter hin oder her ist doch auch wirklich schnuppe.
    Das prüft erstens keiner nach und zweitens ist es doch auch ziemlich konsequenzlos: zwanzig, dreißig EUR hin oder her im Jahr ist doch echt drauf gesch...
    Und wenn sich rausstellt, dass was falsch ist: wird es halt korrigiert.

    Verstehe wirklich das ganze Getue nicht.
    Ich habe zwei Erklärungen abgeben dürfen und das war in weniger als 30 Minuten erledigt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • katzehutter@t-online.de
    @radina,
    Darf ich fragen, wieviel du für den Steuerberater bezahlt hast?

    Bin auch gerade dran, aber mir nicht sicher, ob ich alles richtig ausgefüllt habe.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • haba2908
    Ich weiß einen Steuerberater, der berechnet 300€ pro Erklärung und macht zur Zeit nichts anderes als das…😬
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ClaudiaTrabold
    Zwei Werte pro Haus - und der Steuerberater kann auch nur die Angaben eintragen, die ihm der Hauseigentümer nennt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten