
Sehr geehrte Frau Mayer,
dass ausgerechnet Sie diesen Brief bekommen, ist Zufall mit Absicht. Denn ich widme diese Zeilen sowohl Ihnen als auch allen 17 000 Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern in Mainfranken. Ich möchte Ihnen allen Danke sagen. Danke für Ihren Extra-Kraftakt in diesen sensiblen und vom Weihnachtsstress geprägten Tagen.
Kraftakt deshalb, weil die 2G-Regel von Geschäftsleuten Einiges abverlangt. Von der Kundschaft freilich auch. Vor allem Geduld ist gefragt. Beim Betreten eines Ladens, dessen Waren nicht unter die Kategorie "Täglicher Bedarf" fallen, müssen Kundinnen und Kunden nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind. Keine Frage, das ist nerviger Extraaufwand für Geschäftsleute wie Sie, Frau Mayer.
2G prüfen, immer darauf achten, dass alle Menschen im Laden eine Maske tragen, dass Abstände eingehalten werden, dann vielleicht mal die eine oder andere diplomatische Ermahnung aussprechen: Mir ist klar, dass Sie gesetzlich zu all dem verpflichtet sind. 2G ist kein karitativer Akt.
Unterm Strich geht es für Sie darum, Geschäfte und damit Umsatz zu machen. Doch ich will hervorheben, dass Selbstständige wie Sie, Frau Mayer, über den reinen Kommerz hinaus gerade Dankenswertes leisten.
Als zufällige Adressatin dieses Briefes passen Sie schon deshalb ins Schema meiner Anerkennung, weil Sie mitten in Ochsenfurt eines jener winzigen Geschäfte betreiben, wie man sie von Gemünden über Mellrichstadt, Hofheim oder Kitzingen auch in anderen malerischen Altorten in Unterfranken findet. Leider immer weniger zwar, aber stets unverwechselbar.
Ihr Traditionsgeschäft in Ochsenfurt ist kaum größer als zwei Wohnzimmer. Sportartikel und Sportmode stapeln sich dort bis zur Decke. Zugegeben, es ist eng. Aber das macht den Charme solcher Läden in alten Häusern eben aus. Sie werden im Internet für Ihre Beratung gelobt. Ich habe extra nachgeschaut. Wobei Ihr Geschäft gar keinen eigenen Internetauftritt hat. Nicht mal per E-Mail sind Sie zu erreichen. Nur per Festnetz-Telefon. Oder eben persönlich, im Geschäft. Manche mögen das altmodisch nennen, ich finde das tapfer.
So oder so, Sie nehmen die aktuelle Lage ernst. Das habe ich selbst erlebt: An Ihrer Eingangstüre hängt ein nicht zu übersehender Hinweis, was die Kundschaft beachten muss. Kaum hatte ich Ihr Geschäft betreten, prüften Sie bei mir alles, was die 2G-Regel verlangt. So muss das sein.
Sowieso viel um die Ohren - und dann noch die Corona-Regeln
Ich finde das alles nicht selbstverständlich. Schließlich hat man als Geschäftsfrau oder Geschäftsmann schon ohne Corona-Regeln viel um die Ohren: Buchhaltung, Lagerverwaltung, mitunter Personalführung und schließlich die acht, neun Stunden bei der Kundschaft im Laden stehen - und jetzt soll man auch noch durchblicken, was im so dicht gewordenen Dschungel der Corona-Vorschriften gerade gilt. Das ist ja schon im Leben außerhalb der Geschäftswelt schwierig.
Vielleicht wird bald alles ein bisschen einfacher für Sie und andere Selbstständige: Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat am Donnerstag die 2G-Regel im Einzelhandel von Niedersachsen kassiert. Bleibt abzuwarten, welche Wellen diese Entscheidung bundesweit noch werfen wird.
Mangels Fachwissen in Infektionsforschung, Pandemiebewältigung und beim Thema Impfungen zähle ich mich zu jenen Menschen, die zwangsläufig Vertrauen haben in die Entscheidungen der Expertinnen und Experten. Von 3G bis vielleicht bald 1G sind all die Maßnahmen meiner Meinung nach immer noch viel besser, als die Augen vor der Realität zu verschließen. Auch wenn sie den Alltag kompliziert machen.
Denn das ist ja beim Einkaufen wirklich so: Am Eingang Maske anlegen, beschlagene Brille, Hände desinfizieren, Impfnachweis herauskramen, je nachdem noch den Personalausweis vorlegen, dann hurtig alles wieder in den Taschen verstauen – Stress. Manchmal wusste ich hinterher schon gar nicht mehr, wo in meinem Mantel und Rucksack was wiederzufinden war. Aber das nur am Rande.
Weil Geschäftsleute wie Sie, Frau Mayer, die Corona-Regeln offensichtlich ernst nehmen, tragen Sie zum Kampf gegen die Pandemie bei. Leichtsinn wäre ein schlechter Berater, den Sie sich ja auch gar nicht erlauben können: Sie müssten schnell damit rechnen, dass Ihnen die Behörden schmerzhafte Geldbußen aufbrummen.
Sehr geehrte Frau Mayer, ich wünsche Ihnen stellvertretend für den Einzelhandel in der Region, dass Sie gut durch das Weihnachtsgeschäft kommen. Möge es in den Innenstädten wieder mehr unverwechselbare Geschäfte geben wie das Ihre. Monotonie mit austauschbaren Ladenketten haben wir schon genug. Und Online-Handel sowieso. Bleiben Sie tapfer, Frau Mayer.
Mit dankbaren Grüßen,
Jürgen Haug-Peichl, Redakteur
Leider musste ich heute feststellen, daß es auch andere Beispiele gibt. Zusammen mit meiner Frau besuchte ich heute ein Geschäft für Lederwaren und Koffer in der Spitalstraße in Schweinfurt. Beim Betreten hielten wir beide unsere Impfausweise sowie die Personalausweise bereit. Worauf der Herr an der Türe meinte er wolle das gar nicht sehen, es interessiere ihn nicht. Erstaunt fragte ich warum er so reagiert, worauf er meinte das haben doch sowieso alle und betonte nochmals daß er gar kein Interesse hat. Reaktion unsererseits war daß wir das Geschäft wieder verlassen haben da wir keinerlei Lust haben uns in Läden mit derartigen widrigen und unsozialen Verhalten aufzuhalten. Letztendlich haben wir das was wir dort kaufen wollten dann online bestellt.