Mangelndes Selbstbewusstsein kann man Bayerns SPD-Chef Florian von Brunn wirklich nicht vorwerfen: "15 Prozent plus X" hat der Spitzenkandidat etwa als SPD-Wahlziel für die Landtagswahl im Herbst ausgegeben. "Ich bin voll und ganz Optimist", beteuert er.
Von dauerhaft schwachen Umfragen – zuletzt lag die SPD als nur fünftstärkste Kraft in Bayern bei neun Prozent – will er sich jedenfalls nicht entmutigen lassen: Auch vor der Bundestagswahl 2021 sei die SPD in Umfragen weit abgeschlagen gewesen. Jetzt sei man trotzdem "Kanzlerpartei".
Zuletzt war die SPD nur noch fünftstärkste politische Kraft in Bayern
Richtig ist allerdings auch, dass Bayern nicht Berlin ist – und der überraschende Sieg von Olaf Scholz 2021 viel mit einer Schwäche der politischen Gegner zu tun hatte, von der in Bayern zumindest aktuell nichts zu spüren ist.
Es wäre zudem nicht das erste Mal, dass die Bayern-SPD mit großen Hoffnungen in einen Landtagswahlkampf startet – und am Ende mit einer neuen herben Enttäuschung landet: Immer wieder in den letzten Jahrzehnten verkündete die Parteispitze den politischen Aufschwung. Trotzdem stürzte die Partei von fast 30 Prozent in den 1990er Jahren über knapp 20 Prozent nach der Jahrtausendwende auf unter zehn Prozent bei der Wahl 2018 ab.
Wahlziel 15-Prozent-plus-X? Vielen Genossen reicht schon ein Ende des Abwärtstrends
Als 2013 der damalige Spitzenkandidat Christian Ude trotzig sagte, seine Partei werde schon noch sehen, wie gut sein Wahlergebnis von 20,6 Prozent war, wollte ihm in der Bayern-SPD keiner glauben. Doch er sollte recht behalten: Denn längst haben die Grünen der SPD den Rang als erste Oppositionskraft abgelaufen. Nüchterne Leute in der SPD-Führung würden es zudem schon als Erfolg sehen, könnte die Partei zumindest den Abwärtstrend stoppen und bei der Landtagswahl im Herbst zumindest die Zehn-Prozent-Marke überspringen.
Sicher ist dies nicht – zumal sich die SPD das Leben auch noch selbst schwer macht: Der umtriebige Generalsekretär Arif Tasdelen trat kurz nach dem Jahreswechsel zurück, nachdem ihm die Jusos ein Redeverbot erteilt hatten – weil er eine junge Landtagskandidatin aus deren Sicht zu offensiv nach ihrer Handynummer gefragt haben soll. Warum sich dieses Problem, das offenbar von sexueller Übergriffigkeit weit entfernt war, nicht geräuschlos mit einem klärenden Gespräch aus der Welt schaffen ließ, ist auch vielen in der SPD-Spitze ein Rätsel. "Wenn wir keine Probleme haben, dann machen wir uns selber welche", heißt es dort resigniert.
Hausgemachter Ärger verpatzt der SPD den Start ins Wahlkampfjahr
Zwar ist mit der Niederbayerin Ruth Müller und dem Nürnberger Nasser Ahmed ein Tandem als Ersatz für Tasdelen gefunden. Doch zumindest den Start ins Wahlkampfjahr hat die SPD schon mal verpatzt. "Wir schauen jetzt nach vorne", sagt Parteichef von Brunn deshalb trotzig: Er gebe auch keine Veranlassung mehr, sich mit den Gründen für dieses hausgemachte Desaster zu beschäftigen.
Bei soviel Lärm um wenig ist es für von Brunn zudem schwierig, mit den eigenen Wahlkampf-Botschaften durchzudringen: Die CSU habe in Berlin nichts mehr zu melden, während er einen direkten Draht bis hinauf zu Kanzler Scholz habe, würde er zum Beispiel gerne platzieren: "Wenn die Menschen in Bayern jemanden wollen, der auch Einfluss nehmen kann auf die Bundespolitik, dann ist es die SPD in Bayern", behauptet von Brunn.
Bayern-SPD: Keine Machtoption und ein Spitzenkandidat den viele Wähler nicht kennen
In der Realität sind die Optionen der SPD zumindest als Juniorpartner in Bayern an die Macht zu kommen jedoch mehr als übersichtlich: Eine "Bayern-Ampel" käme aktuell bestenfalls auf rund 30 Prozent. Und ein Bündnis mit der CSU ist nicht nur inhaltlich, sondern auch rechnerisch äußerst unwahrscheinlich – selbst wenn die aktuelle Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern wider Erwarten bei der Wahl doch noch massiv schwächeln sollte.
Der in den eigenen Reihen nicht unumstrittene von Brunn kämpft zudem als Spitzenkandidat auch noch mit schlechten Umfragewerten: Nur zwölf Prozent bewerteten den SPD-Chef im jüngsten Bayerntrend des Bayerischen Rundfunks positiv. Fast zwei Drittel kannten ihn nicht einmal oder hatten zu ihm keine Meinung.
"Erfolg ist, dass man gewinnt", findet SPD-Bundeschef Lars Klingbeil
Vielleicht auch deshalb setzt von Brunn neben dem "Kanzler-Bonus" vor allem auf volle Attacke gegen CSU-Ministerpräsident Markus Söder: Der habe bei der Energiewende, beim Wohnungsbau oder in der Verkehrspolitik versagt. Flankenschutz bekommt er dabei von SPD-Bundeschef Lars Klingbeil: Söders "Blockadepolitik" gegenüber der Berliner Ampel schade Bayern, polterte Klingbeil jüngst als Gast einer Klausur der Landtags-SPD. Angesichts der vielen Krisen brauche auch Bayern eine Politik "die nicht immer nur 'Nein' sagt und sich hinter Berlin versteckt".
Was wäre also ein Erfolg für die Bayern-SPD bei der Landtagswahl im Oktober? Klingbeil denkt einen Moment nach: "Es lohnt sich jeden Kampf zu führen", sagt er dann. Und: "Erfolg ist, dass man gewinnt."
Es reicht wenn die SPD mit Zauderer Scholz in der Bundespolitik versagt.
Für Bayerns Wirtschaft waere die SPD die Katastrophe schlechthin.
Unter 10 Prozent wird er erreichen und dann die Fliege machen.