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Würzburg/München
Zu schwere Türen, nur Treppen: Trotz Frist noch viele Barrieren und Hindernisse für Behinderte in Unterfranken
Bis 2023 sollte Bayern laut Staatsregierung barrierefrei sein. Behinderte in Unterfranken stoßen jedoch nach wie vor auf viele Hürden. Warum und was fehlt?
Links die Treppe für Fußgänger, rechts die Auffahrt für Rollstuhlfahrer: Eigentlich sollte ganz Bayern bis 2023 barrierefrei sein – so hatte es die Staatsregierung 2013 versprochen. Doch auch in Unterfranken gibt es für Behinderte noch immer viele Hindernisse.
Foto: Fredrik von Erichsen | Links die Treppe für Fußgänger, rechts die Auffahrt für Rollstuhlfahrer: Eigentlich sollte ganz Bayern bis 2023 barrierefrei sein – so hatte es die Staatsregierung 2013 versprochen.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:51 Uhr

Das politische Ziel war ebenso ambitioniert wie klar: Bis 2023, so versprach es der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in einer Regierungserklärung im Jahr 2013, werde ganz Bayern für Behinderte vollständig barrierefrei sein. Dies gelte für den gesamten öffentlichen Raum von Behörden über Museen bis zu Bahnhöfen – und für jede Art von Behinderung.

VdK-Unterfranken: Seehofers Versprechen von 2013 wird "leider weit verfehlt"

In knapp einem Jahr läuft diese selbst gesetzte Frist nun ab. Doch für Carsten Vetter, Geschäftsführer des Sozialverbandes VdK in Unterfranken, ist jetzt schon klar: Seehofers Versprechen werde "von der Bayerischen Staatsregierung leider weit verfehlt werden".

Auch in Unterfranken "fallen uns immer wieder Barrieren auf, auch in öffentlichen Einrichtungen, die bis heute nicht beseitigt wurden", kritisiert Vetter. Spontan fällt ihm etwa die Stadtteilbücherei in Würzburg-Heidingsfeld ein, die aufgrund einer Treppe von Behinderten oder auch von älteren Menschen kaum benutzbar sei. Oder der Bahnhof in Kitzingen, der eigentlich schon seit 2013 barrierefrei ausgebaut sein sollte – dies aber bis zum heutigen Tag nicht ist.

Neue Behinderten-Toilette in der Region – doch Behinderte bringen die Tür nicht auf

Wer sich ein wenig umhört bei Menschen, die sich für Behinderte einsetzen, hört viele solche Beispiele: Da wird etwa auf einem Friedhof in der Region eine Behinderten-Toilette gebaut – allerdings ohne elektrischen Öffner für die schwere Tür und damit nicht nutzbar etwa für Menschen im Rollstuhl. Bei manchen Kulturveranstaltungen in der Region fehlten Behinderten-Toiletten sogar komplett, heißt es.

Nur jedes zweite öffentliche Gebäude in Bayern ist barrierefrei

Nach offiziellen Zahlen der Staatsregierung ist derzeit nur etwas mehr als jedes zweite der knapp 3000 öffentlichen Gebäude in Bayern barrierefrei. "Das Versprechen der CSU-Regierung von vor neun Jahren ist in Schall und Rauch aufgegangen", kritisiert deshalb die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Katharina Schulze.

Der Grund für dieses Scheitern sei nicht nur fehlendes Geld, findet die unterfränkische Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina – sondern auch fehlender Wille. So sei etwa die Barrierefreiheit für öffentliche Gebäude bis heute in Bayern nur eine "Soll-Vorschrift" und keine "Muss-Vorschrift". Sie kann deshalb etwa "aus finanziellen oder verwaltungspraktischen Gründen" für einzelne Gebäude ausgesetzt werden, bemängelt Celina.

Im zuständigen Sozialministerium hingegen will man kein Scheitern erkennen: Seit 2013 habe man in Sachen Barrierefreiheit für Behinderte "in allen Lebensbereichen maßgebliche Fortschritte erreicht", erklärte die zuständige Ministerialbeamte Brita Lange kürzlich im Landtag – nicht zuletzt auch "in der Bewusstseinsbildung". Die ehrgeizige Zielmarke habe "zu einem enormen Schub" für die Barrierefreiheit geführt, findet sie.

Zielmarke verpasst? Sozialministerin erklärt Barrierefreiheit zur "Daueraufgabe"

Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) hält sich erst gar nicht mit der alten Seehofer-Zielmarke 2023 auf, sondern erklärt die Barrierefreiheit stattdessen kurzerhand zur politischen "Daueraufgabe": "Der Auftrag, Bayern barrierefrei zu machen, kennt keinen Endpunkt und nur ein Ziel: die Teilhabe und die Freiheit für alle Menschen in Bayern", kündigte sie kürzlich im Landtag an.

Behindertenbauftragter Joßberger: Nötige Mittel sind leider nicht vorhanden

Ernst Joßberger, Behindertenbeauftragter im Landkreis Würzburg, kämpft dagegen mit sehr konkreten Problemen: Das Bewusstsein für die Barrierefreiheit sei in den vergangenen zehn Jahren zwar schon gewachsen, findet er. Und es sei auch manches erreicht worden, auch auf kommunaler Ebene. Seehofers Vision der kompletten Barrierefreiheit bekomme man aber nicht zum Nulltarif, mahnt Joßberger: "Das war ein hehres Ziel, aber die dafür nötigen Mittel sind leider nicht vorhanden."

Rund 146 Millionen Euro stellt der Freistaat nach eigenen Angaben 2022 für Barrierefreiheit zur Verfügung – darunter jedoch auch viele zweckgebundene Mittel, wie etwa Bundeszuschüsse für die Anschaffung neuer Linienbusse.

Joßberger würde zum Beispiel gerne in jeder Gemeinde im Landkreis Würzburg zumindest eine barrierefreie Bushaltestelle haben. Doch dies sei bisher leider noch nicht gelungen. "Es gibt noch viel zu tun" in Sachen Barrierefreiheit, mahnt er deshalb. Und einfach werde es nicht: "Da müssen wir schon noch dicke Bretter bohren."

 
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  • MedDeeg@web.de
    Folgende Devise muss einfach einmal umfassend auch in der Politik ankommen: nicht die Menschen sind "behindert" - die Umwelt stellt die Behinderungen und Hürden auf (z.B. Treppen für Rollstuhlfahrer), deshalb muss die Umwelt den Anforderungen der Menschen angepasst werden.

    Das kann doch nicht so schwer sein und klappt ja auch vielerorts.
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