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München
Antisemitismus auf Corona-Demos: Freistaat will Härte zeigen
Die Justiz in Bayern will Judenfeindlichkeit bei Straftaten besser erkennen können. Auch gegen Antisemitismus bei Corona-Demos wollen die Staatsanwälte beherzt vorgehen.
Bayerns Justiz will hart gegen antisemitische Straftaten vorgehen. Doch selbst der Missbrauch des 'Judensterns' auf Anti-Corona-Demos wie hier am 16. Mai in Frankfurt ist für die Staatsanwaltschaften nicht leicht zu verfolgen.
Foto: Boris Roessler, dpa | Bayerns Justiz will hart gegen antisemitische Straftaten vorgehen. Doch selbst der Missbrauch des "Judensterns" auf Anti-Corona-Demos wie hier am 16.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 10.07.2020 02:10 Uhr

Ein gelber Davidstern am Ärmel, darauf die Aufschrift "Ungeimpft". Oder ein Plakat, das in Großbuchstaben die "Endlösung der Corona-Frage" fordert: Laut der Antisemitismus Recherche-Stelle RIAS hat es zuletzt auch in Bayern auf Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen mehrere dokumentierte judenfeindliche Vorfälle dieser Art gegeben.

Spaenle: Missbrauch des gelben Sterns ein "Tabu-Bruch übelsten Ausmaßes"

"Ich möchte, dass die Strafbarkeit dieser Vorfälle geprüft wird", fordert der bayerische Antisemitismus-Beauftragte Ludwig Spaenle (CSU). Schließlich sei der gelbe Stern das Symbol für den Weg von Millionen verfolgter Juden in die Gaskammern. Wer dieses Symbol umdeute, "der begeht einen Tabu-Bruch übelsten Ausmaßes", so Spaenle.

Doch nicht erst mit der Corona-Krise, in der judenfeindliche Verschwörungsmythen wieder aufleben, wächst die Anzahl antisemitischer Vorfälle in Bayern beträchtlich: Gab es im Freistaat etwa 2017 noch rund 150 dokumentierte Straftaten, wuchs diese Zahl schon in 2019 auf mehr als 300 Fälle. Allein seit Januar 2020 haben die neuen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften gegen Hassrede im Internet 81 Ermittlungsverfahren wegen antisemitischer Inhalte eingeleitet.

"Antisemitismus kann plump daher kommen, aber auch sehr subtil."
Oberstaatsanwalt Andreas Franck zum Problem der Strafverfolgung

"Wir wollen antisemitische Straftaten vom Dunkel-Feld ins Hell-Feld holen", sagt der Münchner Oberstaatsanwalt Andreas Franck, einer von drei Antisemitismus-Beauftragten der Justiz in Bayern. Helfen soll dabei ein "Leitfaden –antisemitische Straftaten erkennen", der ab sofort allen Strafverfolgern zur Verfügung stehe. Denn oft sei es nicht leicht, einen judenfeindlichen Hintergrund der Taten zu identifizieren, erklärt Franck: "Antisemitismus kann plump daher kommen, aber auch sehr subtil."

Leitfaden soll der Justiz helfen, verdeckte Judenfeindlichkeit zu entdecken

So würden oft verdeckte Codes benutzt – etwa ein Verweis auf die vermeintliche Weltverschwörung der "Bilderberger" oder auf die vermeintlich jüdisch kontrollierte "Wallstreet". Auch Ort und Zeit der Taten könnten einen antisemitischen Charakter offenbaren, so Franck – etwa die Übereinstimmung mit Nazi-Gedenktagen oder jüdischen Feiertagen.

Ziel sei, antisemitische Straftaten besser zu verfolgen, erklärt Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU): "Wir schauen hier genau hin und wir greifen hart durch." Bereits vor zwei Jahren hatte Bayern festgelegt, dass antisemitische Straftaten grundsätzlich von den Staatsanwaltschaften verfolgt werden. Auf bayerische Initiative wurde zudem Ende 2019 bundesweit klar gestellt, dass antisemitische Motive strafverschärfend wirken.

Nur ein Bruchteil der Verfahren führt am Ende zu einer Anklage

Die Verfolgung aber ist nicht einfach: So führten etwa 2018 nur rund 20 Prozent der Ermittlungsverfahren zu einer Anklage. Auch die Verfolgung des Judenstern-Missbrauchs bei Corona-Demos sei nicht leicht, räumt Staatsanwalt Franck ein. Denn die Meinungsfreiheit reiche weit, die Hürden einer Volksverhetzung lägen hoch. Doch Vorermittlungen laufen, die Justiz sei bereit, hier "sehr beherzt vorzugehen", beteuert Franck. Minister Eisenreich kann sich am Ende sogar einen Gang zum Bundesverfassungsgericht vorstellen: "Vielleicht wäre hier eine höchstrichterliche Klärung gut."

 
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