Noch ist das Thema Menstruation und weiblicher Zyklus in weiten Teilen der Gesellschaft ein Tabuthema. Spitzensportlerinnen haben begonnen, es in der Öffentlichkeit zu enttabuisieren und darauf hinzuweisen, welchen Einfluss der Zyklus auf sie hat.
So hat etwa die Skirennfahrerin Michaela Shiffrin in einem aufsehenerregenden, weil schlecht übersetztem Interview, öffentlich über den Zeitpunkt ihres aktuellen Zyklus gesprochen. Weil der Simultan-Dolmetscher im ORF das englische Wort für Zyklus "Cycle" aber als Radfahren übersetzte, ging das Video in den sozialen Medien viral.
Der englische Fußballverband FA gab kürzlich bekannt, dass seine Frauen-Nationalmannschaft nicht mehr in den traditionellen weißen Hosen auflaufen wird, um unangenehme Situationen während der Periode zu vermeiden.
Auch im deutschen Fußball-Nationalteam beschäftigen sich Spielerinnen wie die in Haßfurt geborene Klara Bühl mit dem Thema. Bühl freut sich darüber, dass es mittlerweile mehr Aufmerksamkeit bekommt und die Trainer und Trainerinnen der DFB-Auswahl "sehr offen damit umgehen", wie die Offensivspielerin des FC Bayern München gegenüber dieser Redaktion berichtet. Der Zyklus sei speziell für die Belastungssteuerung wichtig, letztlich aber sehr individuell. "Es gibt Spielerinnen mit mehr oder weniger Problemen", so Bühl.
Auch Medien haben das Thema aufgegriffen. So hat das ZDF hat im Rahmen seiner Sendung "Sportstudio Reportage" eine dreiteilige Doku-Reihe mit dem Titel "Was die Periode mit Top-Athletinnen macht" produziert, die aktuell in der Mediathek verfügbar ist.
Es sind Beispiele aus der großen Welt des Sports. Aber der weibliche Zyklus und sein Einfluss auf Athletinnen beschäftigt auch in Unterfranken Wissenschaftler.
An der Universität Würzburg hat sich Heinz Reinders in einem Forschungsprojekt im Rahmen des gemeinsamen Leistungszentrums mit der U17 der Würzburger Kickers mit dem Thema Belastungssteuerung bei Nachwuchsfußballerinnen beschäftigt. Viele Studien und Erkenntnisse aus der Trainingswissenschaft beziehen sich nur auf den männlichen Körper. Wie unterschiedlich der weibliche Körper in welcher Phase des Menstruationszyklus auf Sport reagiert und wann für Frauen beispielsweise ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht, ist laut Reinders im Fußball noch kaum erforscht.
Drei Fragen und Antworten zum Thema zyklusbasiertes Training.
Je nach Modell lässt sich der weibliche Zyklus, der 28 Tage dauert, in zwei oder vier Phasen einteilen. Beginnend mit dem ersten Zyklustag startet die Regelblutung (Menstruation), die zwischen einem und mehreren Tagen dauern kann. Es folgt die Follikelphase, in der das weibliche Hormon Östrogen aufgebaut wird.
Etwa in der Mitte des Zyklus, also nach 14 Tagen, findet der Eisprung, auch Ovulation genannt, statt. Es folgt die Sekretions- oder Lutealphase, in der die Gebärmutterschleimhaut aufgebaut wird. Findet keine Befruchtung statt, beginnt der Zyklus nach 28 Tagen von neuem mit der Menstruation.
Es gibt Studien, die zeigen, dass Frauen ihren Körper in der Follikelphase anders belasten sollen als beispielsweise nach dem Eisprung, erklärt Heinz Reinders. Demnach werde in der Follikelphase, die nach der Menstruation folgt, vor allem Krafttraining und Muskelaufbau empfohlen. "In der Eisprungphase ist am meisten Energie und Motivation vorhanden", weiß Reinders aus verschiedenen Studien.
In der zweiten Zyklushälfte werde für Frauen hauptsächlich Grundlagentraining bei moderatem Puls empfohlen. In den letzten zehn Tagen des Zyklus sei dann Formerhaltung gefragt. Häufig falle das Ausdauertraining in dieser Phase schwerer.
In seiner eigenen Studie beschäftigt sich Reinders vor allem mit dem Belastungsempfinden. Mithilfe der BORG-Skala, welche die Trainingsbelastung anhand der Empfindungen der Sportlerinnen misst, versuchen der Würzburger Bildungsforscher und sein Forschungsteam herauszufinden, welche Verletzungen in welcher Phase gehäuft auftreten.
127 Mädchen aus dem U-17-Bereich der Würzburger Kickers bilden die Stichprobe für diese Studie, die zeigt, dass die Spielerinnen Belastungen je nach Zyklusphase sehr unterschiedlich empfinden. Der Erkenntnisgewinn für Reinders: Je belasteter die Sportlerinnen, desto höher ist die Verletzungsgefahr, denn Belastung und Erschöpfung seien der wichtigste Faktor für Verletzungen.
Dazu kommt eine Erkenntnis, die aus verschiedenen anderen Studien bereits bekannt ist: Zwar ist der Körper von Frauen in der Follikelphase auf dem Weg zur Höchstform und kann stärker belastet werden, aber das Östrogen sorgt dafür, dass Bänder anfälliger für Verletzungen sind. Es kommt also häufiger zu Kreuzband- oder Knöchelverletzungen bei Spielerinnen, die umknicken.