Matthias Försch hört sich am Telefon zufrieden an: "Wir freuen uns sehr darauf, dass wir wieder anfangen dürfen. Es ist wichtig, dass auch unser Sport endlich wieder stattfinden kann", sagt der 33-Jährige. Er trainiert die Wasserballer vom SV Würzburg 05.
Der Anlass für seine Zufriedenheit: Die Wasserball-Bundesliga startet, wenn auch mit einem veränderten Modus mit einer verkürzten Runde in eine neue Saison – trotz einer möglicherweise anlaufenden dritten Welle der Corona-Pandemie. Mit 15 weiteren Mannschaften spielen die Würzburger bis Mitte Juni um die 100. deutsche Wasserball-Meisterschaft seit 1912.
Er habe "Grundvertrauen in die Verantwortlichen", dass die von ihnen erarbeiteten Konzepte einen sicheren Spielbetrieb ermöglichten, betont Försch. "Die Sicherheit und Gesundheit aller Beteiligten steht natürlich an oberster Stelle. Aber wir glauben an das Konzept und halten uns strikt daran." Es sei gewiss ein Vorteil, dass der Sportmediziner Ralf Schauer nicht nur der Hygienebeauftragte des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), sondern auch der Mannschaftsarzt der Würzburger Wasserballer ist.
Veränderter Modus mit bekannter Aufteilung
Die 16 Mannschaften tragen die Vorrunde zunächst in vier Vierergruppen aus. Die acht nominell stärksten Mannschaften aus der Pro A verteilen sich dabei auf die Gruppen A und B, die acht weiteren Mannschaften aus der Pro B starten in den Gruppen C und D. Zu ihnen gehören die Würzburger. Sie bestreiten an zwei Turnierwochenenden je drei Spiele am selben Ort, was den Umfang ihrer Reisen, die Anzahl der geforderten Corona-Tests und somit die Kosten verringert.
Nach der Vorrunde spielen die Dritten und Vierten der Gruppen A und B gegen die Ersten und Zweiten der Gruppen C und D eine Relegationsrunde: "Damit geben wir Mannschaften aus der unteren Hälfte die Möglichkeit, in die Top Acht aufzurücken", erklärt der Rundenleiter Holger Sonnenfeld aus Hannover den Modus auf der Verbandswebseite.
Es folgt eine zweite Phase mit erneut vier Gruppen, die sich nun nach der in der Vorrunde gezeigten Spielstärke zusammensetzen. "Das garantiert spannende Duelle auf Augenhöhe", erwartet Sonnenfeld enge Spiele. Abschließend trägt jede Gruppe entweder die Playoffs um die Meisterschaft oder die Platzierungsspiele unter sich aus. Absteiger gibt es nicht.
Zwei Bundesligisten mit positiven Corona-Tests
Der Aufwand, den Spielbetrieb derzeit durchzuführen, ist enorm: 72 Stunden vor ihrem ersten Spiel müssen alle Beteiligten einen negativen PCR-Test vorweisen können. Vor Ort, wo sich die Teams nur zwischen Hotel und Halle bewegen dürfen, werden sie an jedem Spieltag mit einem Schnelltest überprüft. Ein zwei Seiten langes Programm regelt minutiös, welche Mannschaft wann einzutreffen und wo sie sich aufzuhalten hat. Wer nicht spielt, muss aus der Schwimmhalle raus.
Unter jenen strikten Vorgaben werden die Nullfünfer 399 Tage nach ihrem bislang letzten Pflichtspiel an diesem Samstag wieder ein offizielles Spiel bestreiten. Ihr erster Gegner ist Düsseldorf (17 Uhr). Am Sonntag folgen zwei weitere Duelle gegen Gastgeber Uerdingen (10 Uhr) und Köln (15 Uhr). "Die Bürokratie ist enorm, aber bei uns überwiegt die Freude, wieder spielen zu dürfen", sagt Försch.
Wie fragil das Gebilde ist, zeigen zwei aktuelle Fälle: Wegen eines positiven Corona-Tests wurden die Spandauer 20 Minuten vor ihrem ersten Spiel, während des Aufwärmens, aus dem Wasser geholt und mussten in Quarantäne gehen. Die anderen drei Mannschaften ihrer Gruppe spielten ohne sie weiter; die abgesagten Partien sollen aber nachgeholt werden. In dieser Woche erwischte es die White Sharks aus Hannover: Nach neun Corona-Fällen in der Mannschaft mussten sie ihre für dieses Wochenende geplante Turnierteilnahme absagen, meldete die Hannoversche Allgemeine.
Spielbetrieb als organisatorische Herausforderung
Försch ist sich bewusst, dass die Ungewissheit, ob Spiele wie geplant stattfinden können oder kurzfristig abgesagt werden, die Wasserballer durch diese ungewöhnliche Saison begleiten wird – trotz Konzept und Kontrollen. Trotzdem nimmt er die organisatorischen Herausforderungen gerne in Kauf. Eine von vielen offenen Fragen lautet: "Wo bekommen wir dort eigentlich ein Abendessen her?"
Sportlich sind die ersten Spiele für die Würzburger wie ein Sprung ins kalte Wasser: "Wir wissen überhaupt nicht, was auf uns zukommt", gesteht Försch und räumt ein, dass drei Spiele an einem Wochenende nach einer 13 Monate langen Pause "eine große Belastung" seien. Sich Ziele zu setzen, mache im Moment noch keinen Sinn: "Wir wollen erst einmal sehen, wo wir überhaupt stehen."
In den vergangenen Wochen konnten die Würzburger unter strengen Auflagen im heimischen Wolfgang-Adami-Bad trainieren: "So gut es die Situation eben zugelassen hat", sagt Försch. Fit müssten die Spieler sein, aber "Bundesligaspiele lassen sich nicht simulieren". So könne er weder die eigene Mannschaft noch die Gegner einschätzen, von denen manche aufgrund lokaler Beschränkungen erst seit wenigen Wochen ins Wasser könnten.
Drei Abgänge und zwei Neue bei den Nullfünfern
Würzburgs Trainer geht auch davon aus, dass die lange Pause dazu geführt habe, dass sich die Kader der Bundesligisten – trotz finanziell geringer Spielräume wegen fehlender Einnahmen – verändert haben könnten. Julius Wörn und Jonathan Wiegand haben die Nullfünfer verlassen und Jonas Fehn studiert inzwischen in Berlin und schloss sich der SG Neukölln an.
Von dort gekommen ist Christian Saggau. Den 29-Jährigen verbindet die Familie mit Würzburg: Sein Onkel Kurt Schuhmann war lange Vizepräsident des Vereins, unter seinem Großvater Manfred Schuhmann als Trainer wurden die Nullfünfer in den 1970er-Jahren fünfmal deutscher Meister. "Wir kennen Christian schon lange, nicht zuletzt aufgrund seiner Verbindung zum Verein. Er bringt eine enorme Erfahrung mit", sagt Försch.
Der zweite Neue im Team ist Kai Ulrich. Der 24-Jährige, der bislang für den SC Neustadt/Weinstraße spielte, beginnt in Würzburg zu studieren. "In der zweiten Liga haben wir oft gegen Kai gespielt. Er hat unsere Schützen in einigen Spielen vor echte Probleme gestellt. Mit Benjamin Flammersberger bildet er ein starkes Torhüterduo", sagt Matthias Förschs Trainerkollege Iñaki Urkiaga.
Mannschaftskader: Lennart Böhme, Nico Dopieralski, Timotej Filo, Benjamin Flammersberger (Tor), Alexander Försch, Matthias Försch (Trainer), Michael Hanft, Tonio Issing, Alexander Ivlev, Daniel Ivlev, Jean-Luca Keupp, Luan Keupp, Elias Khater, Riccardo Klopfer, Leander Radecker, Paul Reinhard, Christian Saggau, Thomas Schneider, Robert Seifert, Kai Ulrich (Tor), Iñaki Urkiaga (Spielertrainer), Paul Volkwein, Luka Vuckovic, Marc Weinmann.