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FUSSBALL
Würzburger Kreistag ohne BFV-Präsident Rainer Koch: Der Elefant im Raum
Drei Tage, nachdem BFV-Präsident Rainer Koch aus dem DFB-Präsidium gewählt wurde, steht der erste Kreistag in Rottendorf an. Wie Verband und Vereine mit dem Thema umgehen.
In Rottendorf fand der erste von 22 BFV-Kreistagen statt. Besondere Aufmerksamkeit bekam die Versammlung des Fußballkreises Würzburg durch ihre zeitliche Nähe zum DFB-Bundestag am vergangenen Freitag, bei dem Rainer Koch als Vizepräsident abgewählt wurde.
Foto: Jürgen Sterzbach | In Rottendorf fand der erste von 22 BFV-Kreistagen statt. Besondere Aufmerksamkeit bekam die Versammlung des Fußballkreises Würzburg durch ihre zeitliche Nähe zum DFB-Bundestag am vergangenen Freitag, bei dem Rainer ...
Jürgen Sterzbach
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:03 Uhr

Nach 85 Minuten ging es nicht mehr: "Eine Frage an die Verbandsvertreter: Wie stehen Sie zu den Vorgängen um unseren Verbandspräsidenten, Herrn Koch? Es ist doch absolut der falsche Weg, das Thema heute totzuschweigen." Applaus, einer der längsten an diesem Abend.

Dr. Rainer Koch
Foto: Simon Hofmann | Dr. Rainer Koch

Für die Frage, die André Breunig, Fußball-Abteilungsleiter der TSG Estenfeld, kurz vor dem Ende des Würzburger Kreistags in der Rottendorfer Erasmus-Neustetter-Halle (Lkr. Würzburg) stellte. Gemeldet hatte er sich beim vorletzten Punkt auf der Tagesordnung: Verschiedenes.

Rainer Koch – Ein Thema, über das niemand reden wollte

"Das war der Elefant im Raum. Ich habe bewusst bis ganz zum Schluss gewartet, ob nicht vielleicht doch noch mindestens ein Halbsatz dazu kommt", erklärte der 37-Jährige am selben Abend im Gespräch mit dieser Redaktion. "Ich hatte natürlich erwartet, dass darüber gesprochen wird." Und er war nicht der Einzige: Nachdem die Versammlung beendet war, seien mehrere Leute auf ihn zugekommen, weil er jenes Thema angesprochen hatte, über das zuvor niemand reden wollte.

Skurril, dass ein eingangs abgespieltes Video über die vergangenen zwei, von der Corona-Pandemie gezeichneten Jahre mit dem Evergreen "Sound of Silence", dem Klang der Stille, oder hier nun treffender übersetzt, des Schweigens, von "Simon & Garfunkel" unterlegt war.

Denn gerade mal drei Tage war es her, dass Rainer Koch, der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV), sehr deutlich aus dem DFB-Präsidium gewählt worden war. Wer nicht für ihn sei, der solle am besten gar nicht an der Wahl teilnehmen, hatte er den Delegierten "empfohlen". Danach war zu lesen: Der Strippenzieher habe sich verheddert.

Kein Applaus für das Video von Rainer Koch

Am Montagabend in Rottendorf hätte der BFV-Präsident nun von der Spitze an die sogenannte Basis zurückkehren sollen: bei der ersten von 22 Versammlungen in den bayerischen Fußball-Kreisen, die ob ihrer zeitlichen Nähe zum DFB-Bundestag eine besondere Aufmerksamkeit erfuhr. Doch Koch kam nicht. "Seine Nichtanwesenheit spricht doch Bände", fand Breunig.

Applaus kann denn auch eine Art der Abstimmung sein. Würde Koch sich danach richten, müsste er sich überlegen, ob er denn als oberster Funktionär des bayerischen Fußballs weitermachen soll. Nach der Videobotschaft, die er anstelle seiner selbst nach Rottendorf geschickt hatte, regte sich in der Halle nichts, das Publikum blieb stumm. Keiner der 111 Vereinsvertreter klatschte, wie nach den Einspielern oder Beiträgen zuvor.

"Es ist doch absolut der falsche Weg, das Thema heute totzuschweigen."
André Breunig, Fußball-Abteilungsleiter der TSG Estenfeld

Verbandsvizepräsident Jürgen Pfau ergriff nach dieser ungemütlichen Stille in seinem heimatlichen Bezirk, er kommt aus Frankenwinheim (Lkr. Schweinfurt), das Wort, um zwei Themen vorzustellen, zu denen der Verband gerne die Meinung der Vereine einholen würde: zur Werbung auf der Rückseite von Trikots und Hosen und zur Abschaffung der Auswärtstorregel auch im Amateurfußball. Stimmabgabe online, Teilnahmeschluss 18. April.

"Wenn die keine anderen Probleme haben", murrte die Basis in einer kurzen Pause, die es brauchte, um die Wahl der Kreisvertreter vorzubereiten. Über "den Scherbenhaufen" sei bislang noch kein Wort gefallen. "Sollen sie lieber darüber abstimmen lassen: Koch, ja oder nein."

Würzburger Kreisvertreter einstimmig in Ämtern bestätigt

Die ausgegebenen Stimmkarten durften die Anwesenden heben, als sie sowohl Marco Göbet als Kreisvorsitzenden und Kreisspielleiter als auch Claus Höpfner als Kreisjugendleiter und Angelina Göbel als Kreisbeauftragte für den Frauen- und Mädchenfußball wählten sowie Marcel Scherer als Kreisschiedsrichterobmann bestätigten. Einstimmig und für die nächsten vier Jahre. Die Verbandsvertreter im Kreis und Bezirk seien "sehr engagiert und hilfsbereit", das bestätigte auch der Estenfelder André Breunig. "Sie haben ja wirklich nichts damit zu tun."

Der Würzburger Fußball-Kreisausschuss mit (von links) Kreisschiedsrichterobmann Marcel Scherer, Kreisjugendleiter Claus Höpfner, Kreisvorsitzender und Kreisspielleiter Marco Göbet, Kreisehrenamtsbeauftragter Ludwig Bauer, Kreissportgerichtsvorsitzender Werner Pfeifer sowie dem Bezirksvorsitzenden und BFV-Vizepräsidenten Jürgen Pfau.
Foto: Jürgen Sterzbach | Der Würzburger Fußball-Kreisausschuss mit (von links) Kreisschiedsrichterobmann Marcel Scherer, Kreisjugendleiter Claus Höpfner, Kreisvorsitzender und Kreisspielleiter Marco Göbet, Kreisehrenamtsbeauftragter Ludwig ...

Mit dem Elefanten im Raum, der ob Pfaus sehr zurückhaltender Antwort auf dessen Frage nur noch größer wurde: "Wir beschäftigen uns mit den Auswirkungen, was das für uns auf bayerischer und süddeutscher Ebene bedeutet. Wir haben einen Arbeitsprozess gestartet."

Bayerischer Verbandsvorstand war am Wochenende in Klausur

Der bayerische Verbandsvorstand habe sich bereits am Wochenende auf einer Klausur, die "unabhängig davon angesetzt" gewesen sei, mit den Ergebnissen des Bundestags – und da war dieses Wort erstmals, nach fast 90 Minuten, ein ganzes Fußballspiel, von offizieller Seite gefallen – beschäftigt. Man wolle keinen Schnellschuss machen, doch werde es "sicherlich zeitnah" – er meinte, vor den Bezirkstagen ab Mitte April – eine Entscheidung geben.

Was erarbeitet und entschieden wird, ließ er offen. Womöglich, ob sich Rainer Koch beim 26. Verbandstag im Sommer, ein genaues Datum steht noch nicht fest, als Präsident zur Wiederwahl stellt. Nicht nur für Breunig keine befriedigende Aussage: "Das war eine Politikerantwort. Aber wie ist das mit den Vorwürfen: Treffen sie zu oder nicht?" Pfau bat um Verständnis, an diesem Abend seine Meinung nicht hierzu äußern zu wollen. Kein Applaus.

 
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  • Ludwig_Bauer@gmx.de
    Ich finde es schade, dass die ausgezeichnete Arbeit des Kreisausschusses des Fußballkreis Würzburg vor lauter Dr. Koch in Ihrem Bericht wenig Würdigung gefunden hat.
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