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Coburg
Wie ein ehemaliger Würzburger Basketballer den Krebs besiegte
Die Diagnose Krebs ist für viele Menschen tödlich. Christopher Wolf hat diesen Gedanken gar nicht erst zugelassen. Wie er mit positiver Einstellung der Krankheit trotzte.
Christopher Wolf, König des Coburger Basketballs und Krebs-Genesener.
Foto: Martin Vogel | Christopher Wolf, König des Coburger Basketballs und Krebs-Genesener.
Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:02 Uhr

Der Krebs habe sich mit dem Falschen angelegt. Das schreibt Christopher Wolf am Ende der Pressemitteilung, die sein Basketballverein BBC Coburg am 1. März 2021 für ihn wegen seiner Diagnose Lymphdrüsenkrebs herausgibt. 115 Tage ist das nun her. Von der ersten Diagnose bis zum Beginn der Therapie vergingen einige Wochen. Am Dienstag verkündete Wolf im sozialen Netzwerk Instagram die frohe Kunde: "I f#cking did it. Nach 84 Tagen, 978 Tabletten, 16 Infusionstagen, 4 Spritzen, der Port-Op, unzähligen Arztgesprächen und Blutkontrollen habe ich es geschafft, den Krebs zu besiegen." Dann bedankt er sich bei seiner Familie, den Ärzten, allen Mitarbeitern, die ihn behandelt haben und allen Freunden, Bekannten und vielleicht auch gar nicht so Bekannten, die ihm eine Nachricht geschickt und ihn unterstützt haben. Christopher Wolf wirkt gerade, als könnte er die ganze Welt umarmen. Jetzt kann er wieder das sein, was er immer sein wollte: Ein Basketballprofi.

Zu den ersten Gratulanten gehören auch Daniel Urbano und Constantin Ebert sowie dessen Schwester Leonie, die Würzburger Florettfechterin, die bald in Tokio bei Olympia antritt. Ihr Basketball spielender Bruder "Consti" und Urbano haben die vergangenen zwei Saisons mit Wolf beim BBC Coburg gespielt. In der Saison 2014/15 liefen die drei sogar zusammen für die s. Oliver Würzburg Akademie auf. Wolf spielte damals eine starke Saison in der ProB und empfahl sich auch damit für höhere Aufgaben.

Anzeige für den Anbieter Instagram über den Consent-Anbieter verweigert

"Am ersten Tag der Therapie ging's mir so schlecht, da wollte ich, dass mein Leben zu Ende geht", berichtet der 26-Jährige. Das sei aber auch der mit Abstand schlimmste Tag gewesen. Weil das Zwischenergebnis nach sechs Wochen so positiv war, verkürzten die Ärzte die Therapie auf nur vier Behandlungsphasen. Zu Beginn einer Phase ging es Wolf immer besonders schlecht, gegen Ende war sogar Krafttraining möglich. Alle drei Wochen begann das Leid von neuem. Doch weil Wolf nun wusste, was auf ihn zukam, wurde es erträglicher.

Wolf würde die Erkrankung wieder öffentlich machen

Starke Kopfschmerzen und starke Übelkeit, aber ohne sich übergeben zu müssen, denn dafür gebe es mittlerweile gute Medikamente, nennt Wolf als seine Hauptbeschwerden. Dazu kamen Nervenschmerzen. Manchmal habe er sich gefühlt, als laufe er über eine Wolke - negativ gesehen -  weil seine Fuß- und Fingerspitzen permanent gebitzelt haben.

"Der Gedanke daran, wieder auf dem Feld zu stehen", bezeichnet Wolf als die größte Motivation die schwere Zeit zu überstehen. Dazu habe natürlich seine Familie samt Freunden einen großen Anteil gehabt. Ohne sie hätte er das so nie hinbekommen. Im Nachhinein ist Wolf auch froh, dass er die Krebserkrankung auch öffentlich gemacht hat. "Ich hab unglaublich große Unterstützung von überall bekommen. Das hat mir viel Kraft und Mut gegeben."

Berühmte Unterstützung, auch aus Würzburg

Viele prominente Basketballer meldeten sich damals bei Wolf, auch Spieler von s.Oliver Würzburg und der Verein selbst haben ihm ganz viel Kraft gewünscht. Ganz besonders seien auch die Nachrichten von Menschen gewesen, die seine Situation aktuell teilen, also selbst an einer Form von Krebs erkrankt sind. "30 Menschen aus ganz Deutschland, die ich gar nicht kannte, haben sich über Instagram gemeldet", erzählt der Power Forward, der auch auf dem Feld als Kämpfer bekannt ist. Mit allen hat er noch heute Kontakt. Und dann war da noch eine Nachricht die Wolf emotional komplett gepackt hat. Die Frau des an Lymphdrüsenkrebs verstorbenen Matthias Grothe meldete sich, um Wolf viel Kraft und Glück für seine Therapie zu wünschen. Grothe gehörte lange Jahre zu den beliebtesten Spielern der Basketball-Bundesliga, spielte lange für Hagen in der BBL. Nach seiner Karriere wurde er Trainer in Iserlohn. 2017 verstarb Grothe, mittlerweile ist die Halle in Iserlohn nach ihm benannt.

"Sie hat ganz viel Stärke bewiesen, sich zu melden. Es war eine Verbindung, ohne dass wir uns gekannt hätten", berichtet Wolf von der Nachricht von Maja Grothe. Auch zu ihr ist der Kontakt noch nicht abgerissen. Das wird er wohl auch nicht. Der Krebs werde jetzt für immer ein Teil seines Lebens sein, sagt er. Deshalb ist er auch bereit, sich im Kampf gegen die Krankheit weiter zu engagieren. Während seiner Therapie hat er bereits eine Typisierungsaktion der DKMS unterstützt, auch wenn er selbst glücklicherweise nicht auf eine Knochenmarkspende angewiesen war. "Jede Aktion, die etwas mit Krebs zu tun hat, würde ich unterstützen und bei jeder Kampagne mitmachen", betont er.

Wolf hatte ein Geheimrezept

Die Nachricht, dass er es nun gepackt hat, könne er kaum beschreiben. Freude, Glück, alles gleichzeitig. "Dieses Gefühl nachempfinden kann man nur, wenn man in der Situation war", sagt er. "Wenn du Angst um dein Leben hattest und dann hörst, dass du es gepackt hast, ist ein unbeschreibliches Gefühl." 

Wer Wolf in den sozialen Medien in den vergangenen Monaten verfolgt hat, dem ist vor allem eins aufgefallen: Nachdem er die Krankheit öffentlich gemacht hat, versuchte er ein normales Leben zu leben. Instagram-Beiträge aus dem Kraftraum ließen vermuten, dass er normal sein Leben als Basketballer weiterführt. Ein solidarisches "Haare ab" seiner Freunde und Teamkollegen lehnte er ab. "Ich hab die Haare abrasiert, eine Cap aufgesetzt und weiter gings. Ich wollte nicht als krank rüberkommen", stellt er heraus. Stark sein und die Krankheit bekämpfen. Das war Wolfs Geheimrezept. Das merkten auch die Teamkollegen. "Ich kann mir vorstellen, dass sein positiver Umgang und sein Kämpferherz geholfen haben", erklärt Constantin Ebert. 

Ex-Baskets-Akteur Richter freut sich mit

Für ihn und die Mannschaft war es vor allem eine emotionale Achterbahnfahrt. "Jetzt sind wir natürlich alle mega glücklich und freuen uns, dass er es geschafft hat", berichtet Ebert. Beim Spiel gegen Erfurt am 7. Februar hatte Wolf zum ersten Mal Atemprobleme, dann bekam das Team die Nachricht, dass etwas nicht stimmt. Einen Tumor habe Wolf, hieß es. Doch dann die Erleichterung. Das Gewebe sei gutartig. Wenig später dann die Mitteilung, dass es doch ein bösartiges Karzinom sei. Zuerst seien alle im Team geschockt gewesen. "Wir hatten das schon im Kopf, aber es hat sich dann schnell in Motivation umgewandelt. Wir wollten in den Playoffs auch für Chris was erreichen", erinnert sich Ebert.

Über Wolfs Genesung freut sich auch Johannes Richter. Der Ex-Baskets-Akteur, der in Theilheim bei Würzburg wohnt, wurde gemeinsam mit Wolf 2012 deutscher Meister in der Nachwuchs-Bundesliga. Noch heute gibt es eine enge Bindung zwischen allen Spielern. "Uns hat das natürlich alle sehr getroffen, aber umso glücklicher sind wir jetzt, dass er es geschafft hat", freut sich Richter, der bereits heiß ist auf ein Eins-gegen-Eins-Duell gegen Wolf im Sommer.

Rückkehr nach Coburg wahrscheinlich

Wann dieser aufs Feld zurückkehrt, ist noch offen - aber der Coburger Kapitän ist zuversichtlich. Noch ist sein Vertrag nicht verlängert, doch "es sieht ganz gut aus", sagt Wolf. "Wenn mein Körper sagt, es geht noch nicht, muss ich auf ihn hören", bremst er die Euphorie. Von der Ausdauer her sieht sich Wolf aktuell bei zehn Prozent seiner Leistungsfähigkeit. Aber das viele Krafttraining während der Chemotherapie hat sich bezahlt gemacht. "Da bin ich vielleicht sogar etwas weiter als vorher", sagt Wolf mit Blick auf seinen Körper.

Wenn man bedenkt, welchen Kampf der gebürtige Bamberger hinter sich hat, erscheint die Rückkehr zum Basketball wie eine Kleinigkeit. Und wenn Wolf diese Kleinigkeit mit der gleichen positiven Art und dem gleichen Kämpferherz angeht, wird sie das auch genau das sein: Nur eine Kleinigkeit auf dem Weg zurück. Denn der Krebs hat sich mit dem Falschen angelegt! Hinter diese Aussage muss man jetzt ein dickes Ausrufezeichen setzen. 

Christopher Wolf im Trikot der s.Oliver Würzburg Akademie im Jahr 2015. 
Foto: Wötzel | Christopher Wolf im Trikot der s.Oliver Würzburg Akademie im Jahr 2015. 
 
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