
Die Frage, ob Tischtennis ein Materialsport ist, sollte man Thomas Theissmann besser nicht stellen. Schließlich könnte der 43-Jährige voreingenommen sein. Der langjährige Zweitligaspieler, der seit Sommer 2014 für den Sportbund Versbach aufschlägt, ist Vertriebsleiter bei einem Spezialisten für Tischtennisschläger-Beläge aus dem unterfränkischen Hofheim.
Theissmann hat nicht nur sein Hobby zum Beruf gemacht, sondern auch seinen Beruf zum Hobby. "Ich könnte mir keine bessere Sportart für mich vorstellen", sagt er. "Wenn man etwas ganz gut kann, motiviert das natürlich noch mehr."
Eigentlich wollte Theissmann in der zweiten Mannschaft spielen
In den vergangenen Jahren ist er für seinen Arbeitgeber oft nach Asien, dem mit Abstand größten Tischtennismarkt, geflogen. Er war dann für mehrere Tage weg vom Trainings- und Spielbetrieb in Versbach und weg von seiner jungen Familie, die in der Adventszeit auf fünf Köpfe wachsen wird. "Durch Corona sind die Dienstreisen ausgefallen. Dadurch habe ich jetzt mehr Zeit für mein Hobby", sagt Theissmann.
Im Sommer packte ihn der sportliche Ehrgeiz, wie so oft in seiner langen Karriere, die ihn über Kassel, Felsberg bei Melsungen, in die thüringische Tischtennis-Hochburg Mühlhausen und schließlich auch privat in den Würzburger Stadtteil geführt hat. Nach dem Drittliga-Aufstieg vor eineinhalb Jahren wollte der gebürtige Nordhesse eigentlich in der zweiten Mannschaft spielen, weil die Teams in den ersten drei Ligen nur aus vier oder drei statt sechs Spielern bestehen.
Doch das Schicksal wollte es so, dass sich Spitzenspieler Nico Christ, der wie Theissmann bei der Hofheimer Firma beschäftigt ist, im Sommer auf dem Tennisplatz die Achillessehne riss und lange ausfallen wird.
Für den verletzten Mitspieler in der dritten Liga eingesprungen
Theissmann sprang in die Bresche – und spielt jetzt im vorgerückten Sportleralter zweigleisig: sowohl in der Dritten Bundesliga Süd als auch in der bayerischen Oberliga, in welche die Reserve zuletzt erstmals aufgestiegen ist.
"Tom war in dieser Saison ab dem ersten Ballwechsel am prägnantesten da", lobt Christ seinen Kollegen. Drei zu fünf lautet Theissmanns bisherige Einzelbilanz, Doppel gibt es derzeit nicht. Auch bei der 2:6-Niederlage gegen Spitzenreiter Stuttgart holte Theissmann an diesem Samstag einen der beiden Punkte für Versbach.

Sein Kontrahent Marius Henninger war zwar mehr als 20 Jahre jünger, hatte zu diesem Zeitpunkt des Aufeinandertreffens in der Sportbund-Halle aber 75 Leistungspunkte mehr. "Er sucht genau wie ich die schnelle Entscheidung. Das liegt mir", sagt der promovierte Chemiker.
Am vorangegangenen Samstag hatte Theissmann im fränkischen Vergleich beim TTC Wohlbach – auch dort unterlag Versbach mit 2:6 – gegen Patrick Forkel, ebenfalls ein Arbeitskollege, mit 8:11 im fünften Satz verloren: "Im entscheidenden Moment habe ich die falschen Antworten geliefert. Da nutzt auch das beste Material nichts."
Theissmann fühlt sich fit und denkt noch nicht ans Aufhören
So beantwortete er die Anfangsfrage, ob Tischtennis ein Materialsport sei, doch indirekt: Ohne die richtigen Beläge kommt man auf diesem Niveau wohl kaum in die Nähe eines Sieges, doch auch mit dem passenden Schläger liegt es am Ende noch zu einem großen Teil am Können des Spielers, ob man erfolgreich von der Platte geht.
Theissmann gehört zu den ältesten Spielern der Liga, ans Aufhören denkt er aber noch nicht: "Gesundheitlich fühle ich mich gut. In Sachen Gewicht kann ich es mir auch gar nicht leisten, keinen Sport zu treiben. Denn ich sündige auch gerne mal mit einer Tüte Chips oder einem Glas Wein. Das Essen hat bei mir generell einen hohen Stellenwert."
Vielleicht sieht man ihn schon bald mit einem blauen, grünen, violetten oder rosa Belag am Tischtennistisch stehen. Bislang ist neben dem gesetzten schwarz nur rot auf der anderen Seite möglich. Die vier Farben sollen bald dazu kommen. Theissmann saß in der Arbeitsgruppe, die die Entscheidung des Internationalen Tischtennis-Verbandes (ITTF) vorbereitet hat.
"Ich könnte mir gut vorstellen, dass die neuen Farbtöne gerade bei der Jugend sehr gut ankommen", sagt der Belagexperte. Das Material ist schließlich auch sein Geschäft.
Tischtennis-Saison und Corona
Die Statistik des Spiels
SB Versbach – DJK Sportbund Stuttgart 2:6 (8:19-Sätze). Ergebnisse: Ball – Semenov 10:12, 3:11, 5:11; Geist – Cheaib 11:13, 4:11, 5:11; Bindhammer – Happek 11:9, 11:3, 11:9; Theissmann – Henninger 11:6, 3:11, 13:11, 11:8; Ball – Cheaib 7:11, 2:11, 7:11; Geist – Semenov 7:11, 5:11, 4:11; Bindhammer – Henninger 5:11, 11:8, 9:11, 11:9, 8:11; Theissmann – Happek 7:11, 5:11, 12:14.