
Samstagnacht, es geht auf zwölf zu, im Presseraum neben der Brose Arena zu Bamberg. Auf dem kleinen Podium wird Thorsten Vogt, Pressesprecher des Basketball-Bundesligisten Brose Bamberg, umrahmt vom Trainer der Oberfranken, Oren Amiel, und dessen Würzburger Kollegen Sasa Filipovski. Sie geben ihre Sicht auf die Dinge an diesem hochdramatischen Abend zum Besten. Hätte man die gesprochenen Worte ignoriert und sich ausschließlich auf das Mienenspiel der beiden Übungsleiter konzentriert, hätte man leicht zu dem Schluss kommen können, dass soeben das vermutlich erste Basketballspiel in der Geschichte dieses Sports zu Ende ging, das zwei Verlierer fand. Derart bedient schauten beide drein. Dabei hatte nur einer wirklich Grund dazu. Filipovski nicht.
Die Körpersprache und das Mienenspiel
Vielleicht war ja das bestimmt auch für den Trainer enorm anstrengende Geschehene Grund für die erschöpft wirkende Körpersprache und den müden Gesichtsausdruck, nachdem all die Anspannung abgefallen war. Denn der Coach der Würzburg Baskets hätte allen Grund gehabt für Fröhlichkeit im Überschwang. 4541 Menschen wurden schließlich Augen- und Ohrenzeugen eines Ereignisses, das so weiß Gott nicht alle Tage vorkommt: Dank einer außergewöhnlichen Willensleistung und eines einmal mehr überragenden Stanley Whittaker gewannen die Baskets beim Lieblingsgegner 106:99 nach Verlängerung – und zudem den, womöglich noch wichtigen, direkten Vergleich gegen die Oberfranken. Die drängendsten Fragen zur Situation der Baskets im Wettstreit um die Play-off-Teilnahme:

Die außergewöhnliche Teamchemie, unglaubliche Leidenschaft und der inzwischen offenbar unerschütterliche Glaube an sich selbst. Es scheint, als ob sich diese Mannschaft durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, auch nicht durch vermeintlich spielentscheidende Rückstände. In Rostock lagen sie 16 Punkte hinten, in Bamberg zwölf. Motto: Ist mir doch wurst! "Als wir am Anfang der zweiten Halbzeit mit zwölf Punkten in Rückstand waren, habe ich den Jungs gesagt, dass wir einfach immer weiterkämpfen müssen, egal, was passiert", sagte Whittaker in Bamberg. Das taten sie, und er ging dabei voran mit einem Auftritt, der mit herausragend beinahe schon beleidigend unzureichend umschrieben ist. 13 Punkte hatte der 28-Jährige in den ersten drei Vierteln gemacht - am Ende waren es 37. Im vierten Viertel 15 der 24 Würzburger Punkte, in der Verlängerung neun der 18. "Whittaker bullied us", sagte Amiel, was wörtlich bedeutet: Er hat uns schikaniert. Etwas freier übersetzt: Stanley Whittaker hat Bamberg kräftigst den Hintern versohlt. "Ich hatte nicht einen Spieler", so Amiel, "der ihn verteidigen konnte. Nicht einen!"
Nach den letzten Wochen (und obwohl er noch einen Vertrag für die nächste Runde hat): Tendenz gleich null! In der jüngeren Vergangenheit flatterten Baskets-Sportmanager Kresimir Loncar ständig Angebote für den US-Amerikaner auf den Tisch. Filipovski legte sein Veto gegen einen Verkauf ein, und der ansonsten um kaum eine noch so wilde und fantasievolle Metapher verlegene Slowene rang um Worte, als er Whittakers Leistung bewerten sollte: "unglaubliche Vorstellung", "unfassbare Würfe". Stanley Whittaker bewies erneut, dass er ein Spiel erst verloren gibt, wenn die Schlusssirene ertönt ist. Diese Einstellung eint ihn mit dem 33-jährigen Baskets-Kapitän Felix Hoffmann – und es scheint, als haben die beiden "Oldies" den Rest der Mannschaft inzwischen infiziert mit dem Niemals-aufgeben-Virus.
Durchaus buchbar. Auch wenn es außer vielleicht etwas Renommee nicht viel bringen wird und Kosten verursacht, wenn man dann gegen den Hauptrundenersten oder -zweiten im Viertelfinale vermutlich flugs ausscheidet. Filipovski bemühte am Samstag die Sportlerfloskel, nur von Spiel zu Spiel zu denken. Und verwies auf den Dienstplan: In den restlichen Hauptrundenpartien müssen die Baskets noch gegen fünf der sieben vor ihnen logierenden Teams antreten, chronologisch wie folgt: Zuerst bei Titelverteidiger Berlin (5. April), dann gegen Pokalsieger München (Ostermontag, 10. April), zudem gegen Oldenburg (18. April), in Ludwigsburg (22. April) und gegen Göttingen (27. April). Dazwischen steht noch die Partie bei Kellerkind Crailsheim (15. April) an, und zum Abschluss geht's gegen zwei Abstiegskandidaten, in Frankfurt (1. Mai) und gegen Braunschweig (4. Mai). Gut möglich, dass die für einen Play-off-Teilnehmer verpflichtend erscheinenden Siege gegen die hinter ihnen platzierten Teams plus ein Erfolg gegen Göttingen für die Saisonverlängerung genügen. „Wir müssen auf dem Boden bleiben, aber natürlich wollen wir die Chance nutzen und in die Play-offs“, sagt Hoffmann.