
Johannes Keller ist leidenschaftlicher Schiedsrichter, war Mal ein erfolgreicher Torjäger, spricht im Steilpass-Interview auch über kuriose Vorfälle auf dem Fußballfeld und entschuldigt sich für den Namen seines Vereins.
Johannes Keller: Das war Bilal Arheel. Er hat wohl von meinen großen und kleinen Erfolgen (eher von den kleinen) als Spieler gehört.
Keller: Als 6-Jähriger begann ich meine Karriere bei meinem Heimatverein der DJK Hergolshausen, die damals eine Spielvereinigung mit dem TSV Waigolshausen hatte. In der C-Jugend wechselte ich zum TSV Theilheim, bei dem ich dann auch erfolgreich im Herrenbereich spielte – bis zu einem absurden und lächerlichen Streit mit dem damaligen Abteilungsleiter, worauf ich aus der Mannschaft geschmissen wurde. Meine aktive Karriere beendete ich dann als "Bum-Bum-Keller" beim FC Wipfeld. Mittlerweile ist mein Pass wieder bei der SG-WTH, wo ich momentan auf Null Spiele komme (lacht). Als Schiedsrichter pfiff ich für die DJK Hergolshausen, den FC Torpedo Schonungen und jetzt für den FC Wipfeld.
Keller: Nach meinem Abitur diente ich neun Monate als Luftwaffensanitäter fürs Vaterland. Hernach studierte ich lang und intensiv "Lehramt an Hauptschulen" in Würzburg. Mein Referendariat machte ich im Landkreis Schweinfurt, danach kam ich für zwei Jahre in den Landkreis Miltenberg. Mittlerweile bringe ich seit acht Jahren den oberbayerischen Kindern in Dachau etwas unterfränkische Kultur bei. Ich lebe auch glücklich im schönen Dachau bei München, bin jedoch oft in meiner Heimat: "Vergiss nie, wo deine Wiege stand, du findest in der Ferne kein zweites Heimatland".
Keller: Als glühender Anhänger des FC Schweinfurt 05 wünschte ich mir ihn beim Relegationsspiel in Havelse (ein klarer Elfmeter beim Stand von 0:0). Prinzipiell ist er gerecht, nimmt aber viele Emotionen. beispielsweise nach einem Tor, wenn keiner weiß, ob es zählt.
Keller: Jeder (vor allem Zuschauer!) sollte es mal probieren, um zu sehen, was meine Kameraden und ich auf dem Platz leisten. Gerade für Jüngere bietet die Schiedsrichterei eine enorme Chance: Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen und hinter diesen zu stehen. So trägt dies der Charakterbildung bei, was wieder von Vorteil im Privat- und Berufsleben ist. Nebenbei bietet es vor allem Schülern noch eine Möglichkeit, sein Taschengeld aufzubessern (was aber nicht der Grund für das Schiedsrichterwesen sein sollte). Ich bin nun seit 23 Jahren Schiedsrichter, habe mit 16 begonnen und es macht mir immer noch großen Spaß. Es ist schön zu hören, wenn man nach einem Spiel gefragt wird, ob man eigentlich höherklassig pfeife.
Keller: Ja, es gab da mal eine unglückliche Situation. Der unterklassige Verein TSC Zeuzleben spielte damals im Pokal gegen Stettbach und führte überraschend mit 2:1 bis zur 94. Minute. Als die Nachspielzeit vorbei war, gab es nochmal Einwurf. Der Einwurf wurde auch noch ausgeführt und der Torwart von Zeuzleben bekam den Ball und hielt in sicher in seinen Händen. Da ich immer wie Pierluigi Collina abpfeife (Blick zum Mittelkreis, beide Hände in Höhe gestreckt) beendete ich das Spiel. Dann brach das "Inferno" aus: Lautes Gebrüll, Zuschauer auf dem Platz, alle Stettbacher Spieler um mich herum – was war geschehen? Dem Torwart flutschte der Ball aus den Händen, direkt vor die Füße eines Stürmers, der ins leere Tor einschob (alles natürlich unbemerkt von mir). Bevor der Ball die Torlinie überquerte, kam aber mein Abpfiff – kein Tor. Meine Lehre daraus: Traue keinem Torwart.
Keller: Lauffaul? – ich würde es "Effektivität eines Stürmers" nennen. Ich lief stets aus dem Abseits heraus und sagte meinem Torwart vor dem Anpfiff "Servus, wir sehen uns in der Halbzeit wieder". Wäre ich mit dieser Spielweise nicht erfolgreich gewesen sein, würden sie mich in Wipfeld nicht "Bum-Bum-Keller" nennen. Außerdem: die angebliche Lauffaulheit auf dem Platz glich ich in der dritten Halbzeit stets vorbildlich aus.
Keller: Es war das Weinfestwochenende in Hergolshausen: Ich tunnelte meinen Gegenspieler und kam ins Schleudern. Plötzlich lag ich am Boden und vor mir die Beine des Gegners. Also nix wie durch – leider knickte ich beim Abstützen um und brach mir das Kahnbein in der Hand: Drei Monate Gips, aber dafür auch vom Marsch-Sport-Gelände bei der Bundeswehr befreit. Es hatte also auch was "Positives".
Für den unhandlichen Namenszusammenschluss entschuldige ich mich herzlichst im Namen der "ZaBaHWTdGW" ("Zusammenschluss aller Bürger aus Hergolshausen, Waigolshausen, Theilheim der Gemeinde Waigolshausens").
Keller: Um der Frauenrechtsbewegung keinen Anlass zur Sorge zu geben, denke ich, ist es mal Zeit für eine Frau in dieser Rubrik, deswegen spiele ich meine Schiedsrichterkameradin Davina Lutz an.