Es wird eine Umstellung sein am Sonntag, wenn Florian Koch die Katakomben der s.Oliver Arena betreten wird. Die letzten Jahre führte ihn der Weg schnurstracks in die vorderste Umkleidekabine der Halle – dorthin, wo sich die Heimmannschaft ihre Trikots überzieht und letzte Instruktionen erhält.
Nun wird der gebürtige Bonner erstmals seit seinem Wechsel zu den Jobstairs Gießen 46ers wieder zu Gast bei Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg (15 Uhr, s.Oliver Arena) sein – und folglich sich "am anderen Ende" der Halle wird umziehen müssen. "Es wird sicher ein besonders Spiel für mich werden, dem ich mit viel Freude entgegenblicke. Ich bin emotional verbunden mit dem Umfeld und dem Klub, hatte hier drei schöne Jahre. Da sind viele Freundschaften entstanden. Ich habe immer noch Kontakt zu einigen Jungs wie Felix Hoffmann oder Alex King, mit denen ich hier zusammengespielt habe. Wir haben uns auch in den letzten Tagen ein bisschen geschrieben", blickt Koch auf die Zeit in der Domstadt zurück, aus der ihm viele schöne Erinnerungen geblieben sind: "Natürlich die Finalspiele um den FibaEurope-Cup gegen Sassari. Das war sicher der sportliche Höhepunkt. Aber auch die geile Fan-Base in Würzburg fällt mir ein. Es hat immer Spaß gemacht, vor den Baskets-Anhängern zu spielen."
"Ein doofes Gefühl"
Trotzdem trennten sich im Sommer, nach 87 Erstliga- und 18 FibaEurope-Cup- und fünf Pokal-Begegnungen für die Baskets, die Wege. Koch hatte kein neues Vertragsangebot erhalten, fiel nach dem nur knapp entgangenen Abstieg dem verordneten Neuanfang zum Opfer. "Es war ein doofes Gefühl, keine Frage. Ich wäre für Gespräche über einen weiteren Verbleib offen gewesen. Ich kenne die Entscheidungsfindungen der Verantwortlichen nicht, aber dass sich in Würzburg etwas verändern musste, war mir auch klar", blickt der Flügelspieler auf das Ende der Zusammenarbeit zurück – ohne Groll, wie er betont: "Natürlich hatte ich mich in Würzburg sehr wohlgefühlt und eingelebt, mir eine Komfort-Zone geschaffen. Aber der Wechsel bedeutet neue Herausforderungen, neuer Trainer, neue Reize – eben auch das gemachte Nest zu verlassen."
Beim Gießener Traditionsklub, der sportlich abgestiegen war und nur dank einer Wildcard den Sturz in die Zweitklassigkeit vermieden hat, setzte ebenfalls das personelle Großreinemachen nach der letzten Saison ein. Nur Eigengewächs Bjarne Kraushaar und Center-Hüne John Bryant sind verblieben. Koch soll mit seiner Erfahrung aus insgesamt 269 Erstliga-Partien in zehn Jahren seinen Beitrag für bessere Zeiten bei den Mittelhessen leisten. Mit zwei Siegen und drei Niederlagen, darunter einer äußerst unglücklichen nach Verlängerung beim FC Bayern, ist der fünffache Meister solide in die neue Runde gestartet. Der 29-jährige Koch ist mit durchschnittlich 6,5 Punkten und 2,5 Rebounds in gut 14 Minuten Spielzeit und einer Dreier-Quote von über 50 Prozent eine wichtige Stütze im Team von Neu-Trainer Pete Strobl.
Dass die Ehemaligen zuletzt gegen die Baskets groß aufspielten, ist auch dem 1,97 Meter großen Flügelspieler nicht entgangen. Maurice Stuckey legte beim Saisonauftakt mit sechs Punkten am Stück im dritten Viertel eines bis dahin ausgeglichenen Spiels den Grundstein für den deutlichen 111:84-Sieg seiner Crailsheim Merlins. Und vergangenes Wochenende war es das Trio Brekkott Chapman (18 Punkte), Rob Lowery (13) und Max Ugrai (8), das maßgeblich zum 76:71-Sieg der Heidelberger Aufsteiger beitrug. "Wenn ich mich da einreihen könnte, sehr gerne", sagt Koch und lacht verschmitzt. Die Vorfreude auf das sportliche Wiedersehen ist unüberhörbar, "und gefühlt ist die Motivation ein bisschen höher als gegen andere Teams." Die Baskets dürften die Worte ihres einstigen Fan-Lieblings sicher mit einem mulmigen Gefühl vernehmen.