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Mainbernheim
Unterfrankens Winter-Olympionike: Christian Rasp will nicht die Fehler des IOC ausbaden
Im Bobfahren macht sich ein gebürtiger Ochsenfurter Hoffnungen auf eine Olympiamedaille. Warum der 32-Jährige trotzdem mit gemischten Gefühl nach Peking gefahren ist.
Das National Sliding Centre schlängelt sich durch die Landschaft. Die Bob- und Rodelbahn steht wegen der immensen Kosten in der Kritik.
Foto: Osports | Das National Sliding Centre schlängelt sich durch die Landschaft. Die Bob- und Rodelbahn steht wegen der immensen Kosten in der Kritik.
Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:01 Uhr

Als einziger Unterfranke ist Christian Rasp bei den Olympischen Spielen in China dabei. Was er besonders gut kann: Schlittenfahren, genau genommen: Schlitten anschieben. Was nach Kinderspaß am Schlittenhang klingt, ist für den Bobfahrer sein Leben. Seinen großen Traum von einer Olympiamedaille will er sich jetzt erfüllen.

Rasp und seine Teamkollegen reisten am 29. Januar nach Peking. Und von dort aus dann ins Olympische Dorf der Bobfahrer, Rodler und Alpinisten nach Yanqing, etwa 75 Kilometer nördlich von Peking. Am Mittwoch waren die Bobfahrer dann zum ersten Mal im National Sliding Centre, um auf der Bahn zu trainieren.

Olympia-Medaille fehlt noch

Im Schlitten von Johannes Lochner fährt Rasp als Anschieber in Peking bei den umstrittenen Spielen am 19. und 20. Februar im Viererbob um eine Olympiamedaille. Die fehlt dem mehrfachen Welt- und Europameister, der mittlerweile in Berchtesgaden lebt, noch in seiner Sammlung. Nachdem das Bobteam Lochner 2018 von den Spielen in Pyeongchang ohne Medaille nach Hause kam, soll es nun im Reich der Mitte klappen, auch wenn Rasp es lieber gesehen hätte, wenn die Spiele woanders stattgefunden hätten.

"Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass die Spiele in einem Land mit einer gewissen Wintersporttradition stattfinden."
Christian Rasp, der in Mainbernheim im Landkreis Kitzingen aufgewachsen ist

"Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass die Spiele in einem Land mit einer gewissen Wintersporttradition stattfinden", sagte der 32-Jährige vor dem Abflug im Gespräch mit dieser Redaktion. Einen Boykott schloss der Polizist trotz der Menschenrechtsverletzungen in China aus. Bis zu einer Millionen Menschen, die der muslimischen Minderheit der Uiguren angehören, werden in China in Umerziehungs- und Arbeitslagern unterdrückt, werfen Menschenrechtsorganisationen den Machthabern im Reich der Mitte vor. Als Athlet müsse man das nun ausblenden und sich voll auf die Wettkämpfe konzentrieren. Man könne nicht von den Athleten erwarten, dass sie nun die Fehler, die bei der Vergabe der Spiele gemacht wurden, ausbaden müssen. Olympische Spiele finden nur alle vier Jahre statt, für manche Athleten sei es die einzige Chance auf eine Teilnahme.

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Auch den politischen Boykott sieht er kritisch. "Ich glaube, es wäre besser, wenn Politiker sich vor Ort ein Bild machten. Dort könnten sie sicher auch mehr bewegen als durch ihr Fernbleiben", findet der ehemalige Sprinter, der 2015 von der Leichtathletik zum Bobsport wechselte. Übrigens ein Weg, den häufiger Athleten gehen. Alexandra Burghardt startete im Sommer 2021 noch bei den Sommerspielen in Tokio, sieben Monate später ist sie Anschieberin im Bob der deutschen Medaillenkandidatin Mariama Jamanka.

Keine Systemkritik erwünscht

Kritik von Athletenseite ist in China nicht erwünscht. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) behauptet zwar, er wünsch sich mündige Sportler, andererseits bekamen alle deutschen Olympioniken einen Ratgeber. Darin weist der Sportbund auch daraufhin, dass Kritik an der Staatsführung in der chinesischen Kultur nicht üblich sei. Chinesische Staatsfunktionäre stellten vor wenigen Wochen klar, dass sich auch Athleten aus anderen Ländern an die chinesischen Gesetze halten müssten. Eine klare Drohung, politische Botschaften und Kritik an der Staatsführung zu unterlassen. "Es ist leicht, von uns Sportlern Kritik am System zu erwarten, aber jeder muss sich auch selbst fragen, ob er Teil des Systems ist. Die Abhängigkeit, die wir zu China haben, geht weit über Olympia hinaus. Viele Dinge, die wir im Alltag verwenden, werden hier produziert", sagt der gebürtige Ochsenfurter. Er selbst plane jedenfalls keine Protestaktion, hält so etwas aber grundsätzlich für möglich.

"Ich finde, eine solche Bahn tut dem Bobsport gut, aber eine Nummer kleiner hätte es auch getan."
Christian Rasp über die 2,2 Milliarden Euro teure Bobbahn in Yanqing

Die Umstände trüben Rasps Vorfreude auf die Spiele nicht. Zu groß ist die Chance, sich den Medaillentraum jetzt zu erfüllen. "Die Bahn ist für alle ähnlich neu. Und bei den Tests im Oktober kamen wir gut zurecht", sagt Rasp, der durch die recht unbekannte Bahn relative Chancengleichheit für alle sieht. Einzig die Chinesen, konnten häufiger auf der Bahn trainieren. Doch sie spielten im Weltcup bisher keine größere Rolle.

Keine Reise zur Eröffnungsfeier

Apropos Chinesen. Sie werden wohl auch langfristig die Einzigen bleiben, die auf der 2,2 Milliarden Euro teuren Bob- und Rodelbahn fahren werden. Für eine ARD-Dokumentation hat Rasps Pilot Lochner die Kosten auf einzelne Fahrten heruntergerechnet. Herausgekommen ist eine Zahl, die schockiert. Selbst wenn man alle Trainings- und Wettkampffahrten bei Olympia dazuzählt, kostete die Bahn zwischen 250 000 und 300 000 US-Dollar pro Fahrt. Der Weltcup findet überwiegend in Europa statt. Ein regelmäßiger Abstecher nach Fernost dürfte sich zumindest aktuell nicht lohnen. "Ich finde, eine solche Bahn tut dem Bobsport gut, aber eine Nummer kleiner hätte es auch getan", sagt Rasp. Trotzdem könnten sich die europäischen Bahnen ein paar Dinge bei den Chinesen abschauen. "Die Umkleiden und die Aufwärmbereiche sind top. Das ist Bobfahren deluxe."

Pilot Johannes Lochner mit Florian Bauer, Christopher Weber und Christian Rasp beim Weltcup in Winterberg.
Foto: Caroline Seidel | Pilot Johannes Lochner mit Florian Bauer, Christopher Weber und Christian Rasp beim Weltcup in Winterberg.

Leider kann Rasp vom Land nur wenig sehen. Doch Rasp ist nicht als Tourist in China, genauso wenig als Staatsmann: "Ich bin ein besserer Bob-Anschieber als Politiker", sagt er. Und das war nicht als Kinderspaß gemeint.

 
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  • ToDietz@web.de
    Geldbeutel / Bankkonto ist eben wichtiger als Charakter.

    Menschenrechte interessieren doch keine Sportler.
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  • die3ludwigs@t-online.de
    Vom Charakter können sich die Sportler aber leider nicht ernähren bzw. ihren Lebensunterhalt bestreiten...
    Die Sportler würden sicher lieber auch woanders die Olympiade abhalten...aber denen bleibt ja keine Wahl...
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  • hermannkoch@gmx.de
    Ich kann es nicht mehr hören, wie sich Sportler, Journalisten und Moderatoren über diese Spiele äußern.
    Denen möchte ich sagen, Menschenrechte sind nicht verhandelbar und jeder hatte die Möglichkeit zu handeln. Kein Sportler wurde zur Teilnahme gezwungen und wem es ernst mit der Kritik ist, hätte er verzichten können. Auch ein Hannawald oder ein Neureuter, die labern, aber handeln nicht.
    Das Bach ein Freund der Diktatoren ist, das weiß man inzwischen, aber jeder Akteur der dort hinfuhr, der muss wissen, dass er die chinesische Regierung unterstützt.
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  • deweka
    „Ich glaube, es wäre besser, wenn Politiker sich vor Ort ein Bild machten“

    Glaubt der wirklich dass die Politiker dann die Umerziehungslager besuchen und die Folterungen beobachten dürfen?
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  • deweka
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