Als es dann vollbracht war und der Schiedsrichter seinen finalen Pfiff geträllert hatte, bildeten alle Betreuer, Co-Trainer und das medizinische Personal mit Trainer Bernd Hollerbach einen Kreis. Die Würzburger Kickers tanzten Ringelreihe, während sich ihre Spieler auf dem Platz erschöpft und glücklich in die Arme fielen.
Nach ersten tröstenden Worten für Duisburgs Trainer Ilia Gruev gingen Hollerbach und sein Stab zu den Spielern. Sie bildeten vor dem Block ihrer Anhänger erneut einen Kreis und tanzten um das auf dem Boden liegende Trikot von Nejmeddin Daghfous herum, der – weil kurzfristig erkrankt – nicht mitschreiben konnte am finalen Kapitel des Würzburger Fußball-Märchens.
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Ein paar Minuten nach dem Abpfiff ging Hollerbach noch einmal alleine in die Kurve mit den Fans und stimmte eine kleine „La Ola“ an. „Es ist ein ganz spezieller Tag für unseren Klub“, sagte Hollerbach, der Gruev einen Freund nannte und dem es „leid tat für ihn und den tollen Verein.“
Ein Kunststück wie von Leipzig
Nach dem 2:0 im Hinspiel der Relegation zur Zweiten Fußball-Bundesliga am Freitag besiegten die Kickers den MSV Duisburg auch in dessen Stadion verdient mit 2:1 und marschieren deshalb schnurstracks durch von der Regionalliga in Liga zwei. Ein Kunststück, das vor den Würzburgern nur dem aktuellen Bundesligaaufsteiger RB Leipzig im Jahr 2014 gelungen war.
Auch ein Grund, weshalb Hollerbach nun erst mal „ein paar Nächte drüber schlafen muss“, um die Situation zu verinnerlichen. Sein Abwehrrecke Royal-Dominique Fennell stimmte freudetrunken ein: „Ich habe noch gar nicht richtig realisiert, was da passiert ist.“ Und Kickers-Kapitän Amir Shapourzadeh, der in Duisburg auf der Bank 90 Minuten Zeit hatte, über den sensationellen Erfolg nachzudenken, kam zu der Erkenntnis: „Es ist unglaublich, was wir in den letzten zwei Jahren geleistet haben. Die mannschaftliche Geschlossenheit war der entscheidende Faktor für diesen Erfolg. Wir halten eben alle zusammen.“
Selbst aus den USA erreichten die Kickers Glückwünsche: Der aus Würzburg stammende Basketball-Superstar Dirk Nowitzki twitterte nur wenige Minuten, nachdem die Rückkehr der Kickers ins Unterhaus nach 38 Jahren festgestanden hatte: „Nie mehr 3. Liga... Wahnsinn“.
Die Duisburger versuchten, ab dem Anpfiff Druck aufzubauen und drängten die Kickers in ihre Hälfte. Die aber standen ziemlich souverän und ließen sich auch von der für Dallenberg-Verhältnisse neidisch machenden Atmosphäre offenbar nicht groß beeindrucken. Man brauchte jedenfalls nicht den Eindruck haben, als ob den Würzburgern ihr rotes Herz in die Hose gerutscht wäre.
Weil die Duisburger zwar drängten, ihnen die Kreativität aber nicht übermäßig aus den Stollenschuhen quoll, konnten sie sich dann bei den Würzburgern bedanken für deren Schützenhilfe bei der Führung. Wäre Clemens Schoppenhauer vor der Partie noch einmal zum Friseur gegangen, hätte er die Flanke von Giorgi Chanturia wahrscheinlich nicht mehr mit seinem Scheitel erwischt. So aber ließ er nach 33 Minuten dem gewohnt souveränen Kickers-Torwart Robert Wulnikowski keine Abwehrchance – das Volk schraubte das Dezibelniveau noch etwas nach oben, und Schoppenhauer meinte hernach mit einem Grinsen: „Ich habe es halt noch einmal spannend gemacht, bin aber natürlich überglücklich, dass wir so gut reagiert haben.“
Das taten die Kickers tatsächlich in diesem Hexenkessel. Keine vier Minuten nach dem Rückstand starteten sie ihren ersten mutigen und auch durchdachten Angriff, und Elia Soriano wurde zum Vorboten des Duisburger Niedergangs. In Gerd-Müller-Manier schraubte er sich nach Zuspiel von Richard Weil um die eigene Achse, ließ Thomas Meißner, den Unterfranken aus Donnersdorf (Lkr. Schweinfurt) in Duisburgs Abwehr, ein bisschen alt aussehen und auch keine Chance, ihn entscheidend an seinem zwölften Saisontor zu hindern. Es war der neunte Treffer des 26-jährigen Winterzugangs der Kickers – und an diesem Abend eine vermögenswirksame Leistung.
Die Duisburger zeigten sich für die restlichen Minuten des ersten Abschnitts reichlich geschockt, weil sie wussten, dass sie nun noch dreimal treffen mussten, um ihren dritten Absturz in die Dritte Liga noch abzuwenden. Gegen diese Kickers-Abwehr eine zum Scheitern verurteilte Mission. Und weil die Würzburger nach dem Ausgleich mit stolzgeschwellter Brust aus der Kabine kommen konnten und die Mannschaft von MSV-Trainer Gruev auch in der Pause keine Kreativitätspillen geschluckt hatte und ihr weiterhin wenig bis gar nichts einfiel, um die Kickers-Defensive in Verlegenheit zu bringen, tickte Minute um Minute für die Gäste.
Allzu viel Kurzweil bot der zweite Abschnitt nicht mehr, weil diese Würzburger Mannschaft aus Vielharmonikern in der Defensive sicher stand, immer wieder für Entlastung sorgte und die Duisburger mit dem Elan einer durchgesessenen Sprungfeder ans Werk gingen und dabei eindrucksvoll untermauerten, weshalb sie in dieser Saison an keinem Spieltag über den Relegationsplatz hinausgekommen waren.
Feier am Mittwoch in der City
Kickers-Präsident Michael Schlagbauer meinte hernach: „Wir werde nie vergessen, wo wir herkommen. Umso schöner ist dann natürlich so ein Moment. Das kann man nicht in Worte fassen.“ Und Thorsten Fischer, Aufsichtsratsvorsitzender der Kickers-AG und der Mann, der neben Hollerbach mit seinen Geldspritzen diesen Erfolg erst ermöglichte, blieb im Moment des Triumphs ziemlich nüchtern: „Ich glaube, das haben wir uns mit unserer Strategie, jeden Tag einen Schritt nach vorne zu gehen, erarbeitet. Zum Ende der Saison war es dann doch ein überraschend großer Schritt. Viele kleinen Schritte machen einen großen.“
Die Kickers planen an diesem Mittwoch um 17.30 Uhr in der Würzburger Innenstadt (Eichhornstraße) eine Feier, auf der die Fans ihre Lieblinge hochleben lassen können. Und auch OB Schuchardt hat sich aus seinem Urlaub zu Wort gemeldet und zum Aufstieg gratuliert. Es sei „eines der schönsten Kapitel in der Geschichte der Sportstadt Würzburg“.
Die Statistik des Spiels
MSV Duisburg – FC Würzburger Kickers 1:2 (1:1)
Duisburg: Lenz – Feltscher, Meißner, Hajri, Poggenberg – Tschanturia (56. Klotz), Albutat (73. Iljutcenko), Holland, Wolze (71. Bröker) – Obinna, Onuegbu.
Würzburg: Wulnikowski – Weil, Schoppenhauer, Fennell, Kurzweg (72. Nothnagel) – Benatelli, Taffertshofer – Russ, Karsanidis (83. Billick), Haller – Soriano (88. Jabiri).
Schiedsrichter: Stieler (Hamburg).
Zuschauer: 29 500 (ausverkauft).
Tore: 1:0 Schoppenhauer (33./Eigentor), 1:1 Soriano (37.), 1:2 Benatelli (90.+2).
Gelb: Wolze (1) / Kurzweg (1), Fennell (1), Karsanidis (1).
Rot: Obinna (89./Meckern) / –.