An diesem Dienstagabend im Mai ist die Schauinsland-Reisen-Arena der Mittelpunkt Duisburgs. Hier, neben dem ehemaligen Sportpark Wedau, zieht es sie hin, die hoffnungsvollen Fans, die sich den Verbleib ihrer Zebras in der Zweiten Liga doch so sehr wünschen. Und die träumenden Würzburger, die bei der Sensation, dem Aufstieg ihrer Mannschaft, dabei sein wollen. Vor dem Stadion ein Wogen und Brausen aus Körpern und Fahnen, blau-weißer Rauch hüllt die Menge ein, Schlachtgesänge erklingen: „Werdet zur Legende, kämpfen bis zum Ende, für die Zweite Liga, MSV.“ Nur vereinzelt leuchtet ein rotes Trikot auf, sieht man einen Kickers-Schal vorbeiflattern.
28 000 gegen 2000 Fans
„Lasst uns Würzburg in Grund und Boden singen“, schreit der Stadionsprecher ins Mikrofon und hätte sich die Forderung sparen können – denn genau das tun die rund 28 000 Duisburger Fans schon seit Stunden. Dessen ungeachtet schwenken die Würzburger Jungs (und Mädels) – knapp 2000 von ihnen sind gekommen – ihre rot-weißen Fahnen. Ein kleiner Haufen, der an ein Märchen glaubt, steht einer Wand gegenüber, die verzweifelt auf ein Wunder hofft.
Trotz der Pfiffe und Buhrufe, die bei jedem Ballkontakt ertönen, setzen sich die Fans der Rothosen irgendwann akustisch durch. Man hört sie klatschen und mit „Ki-ckers, Ki-ckers“-Rufen die Elf von Trainer Bernd Hollerbach anfeuern, bevor ein aus tausenden Kehlen geschmettertes „Wir sind alle Duisburger Jungs“ sie übertönt. Fast mystisch scheint die Kraft, die aus den Reihen der verzweifelt-optimistischen Anhänger dringt. Wie ein Kampf David gegen Goliath nimmt sich die Begegnung der Fanlager aus. Auch, weil im Gästeblock Lücken davon zeugen, dass das Kontingent von 3000 Karten von den Würzburgern nicht ausgeschöpft worden ist. Doch die, die da sind, werden nicht müde zu hüpfen, zu springen, zu singen: „Rot und Weiß ein Leben lang.“ Doch immer wieder zerschellen ihre Worte an der Masse.
Erst nach dem 1:1 durch Elia Soriano gegen Ende der ersten Hälfte flachen die Duisburger Gesänge langsam ab. Die Nerven liegen jetzt blank. Ein Kickers-Anhänger, der allzu laut über das Tor jubelt, wird bedroht. Schockstarre im blau-weißen Block. Gesichter graben sich in Schals, müde Augen richten sich ins Nichts. Dafür stehen jetzt die Würzburger Anhänger, haben sich, nachdem sie sich jubelnd in die Arme gefallen sind, erst gar nicht wieder hingesetzt. „Hurra, Hurra, die Würzburger sind da“, schreien sie im Block. Erst diese Provokation scheint wieder etwas Leben in die heimische Kurve zu bringen. Doch die Resignation der Zebra-Anhänger ist aus dem schwächer gewordenen Wummern der Trommeln förmlich herauszuhören. Auch nach der Halbzeit.
Inzwischen wabern Rauchwolken aus dem Kickers-Block, roter Nebel überlagert den Platz. Fast durchgehend verschaffen sich die Würzburger jetzt Gehör, zum Großteil nicht mehr von den Gesängen, sondern von den Pfiffen der gegnerischen Fans unterbrochen. Mit der zunehmenden Gewissheit, den Klassenerhalt zu verpassen, kippt deren Stimmung von Optimismus in Frust.
Nur im Gästeblock, dieser roten Insel der Glückseligkeit, hält sich die Freude. David, der an ein Märchen glaubte, kann feiern. Goliath liegt am Boden der Schauinsland-Reisen-Arena, dem Mittelpunkt Duisburgs – seine Hoffnung unter sich begraben.
P.S. Richtig ist, dass ein Teil der Sitzgelegenheiten nicht abgerufen wurden, der Fanblock war aber voll.