"Für uns ist klar, dass in dieser Saison kein Spielbetrieb mehr stattfinden kann und sie deshalb abgebrochen werden muss", sagt Jens Bausenwein, Fußball-Abteilungsleiter beim ASV Rimpar. Bei einem Abbruch müssten die Rimparer als Tabellenletzter in der Fußball-Landesliga Nord aber womöglich absteigen. Für Bausenwein geht es nicht um die Frage, weiterspielen oder abbrechen, sondern vielmehr darum, welche Folgen der für ihn wahrscheinliche Abbruch habe.
Am Freitagabend hatte der Bayerische Fußball-Verband (BFV) alle Vereine aus den Bayern- und Landesligen zu einer Videokonferenz gebeten. Auf Nachfrage dieser Redaktion berichteten Teilnehmer, dass die Verbandsvertreter, angeführt von Verbandsspielleiter Josef Janker, noch einmal betonten, dass ein Saisonabbruch nach Paragraf 93 der Spielordnung für sie weiterhin "die letzte Option" sei.
Für Bernd Reitstetter, Bezirksspielleiter und Spielleiter der Landesliga Nordwest, wäre es "am einfachsten, wenn Markus Söder beschließen würde, dass bis zum 1. Juli kein Wettkampfsport möglich ist". Solange aber "aufgrund staatlicher oder kommunaler Verfügungslage oder höherer Gewalt", so steht es auch im Titel von Paragraf 93, nicht ausgeschlossen sei, dass bis Ende Juni ein Spiel stattfinden könnte, dürfe der BFV gemäß seiner Rechtsauffassung gar nicht abbrechen.
Wie sich der Fußball-Verband eine Saisonfortsetzung vorstellt
Auch wenn es im wieder ansteigenden Infektionsgeschehen wohl nicht möglich ist, alle noch offenen Spiele bis zum 30. Juni auszutragen, so plant der Verband, zumindest noch so viele Spiele wie möglich austragen zulassen. Denn: Jedes zusätzlich gewertete Spiel trage letzten Endes zu einer größeren Fairness bei, sollte letztlich doch die Quotientenregel bei einem Saisonabbruchs auf die Tabelle angewendet werden müssen.
Dafür bekommen die Spielleiter auch die Möglichkeit, Spiele, die größeren Einfluss auf Meisterschaft oder Abstieg haben, vorzuziehen und sie nicht mehr in der bisherigen Reihenfolge (nach Spieltagen) anzusetzen. Bevor es wieder losgehe, gesteht der Verband allen Mannschaften eine Vorbereitungszeit von mindestens drei Wochen zu, sobald Kontaktsport und Mannschaftstraining generell erlaubt seien. Sofern dafür aber ein Schnelltest notwendig sein, müssten sich die Vereine schon selbst darum kümmern.
Allerdings präsentierte der Verband auch eine Alternative zur Saisonfortsetzung: Sollten ausnahmslos alle Vereine in einer Liga geschlossen für den Abbruch votieren und erklären, keine Ansprüche dagegen geltend zu machen, könnte die Saison in dieser Liga vorzeitig beendet werden. Aufgrund unterschiedlicher Interessen dürfte eine solche Einstimmigkeit in einer Liga aber eher die Ausnahme sein.
Welches Kriterium bei einem gleichen Quotienten gelten würde
Noch ein oder zwei Spiele zu absolvieren, bevor schließlich doch abgebrochen wird, kann Bausenwein nicht nachvollziehen. Er fordert weiterhin einen klaren Schnitt, räumt aber ein: "Ich möchte nicht in der Haut derer stecken, die das entscheiden müssen." Als Vertreter eines Vereins müsse er in dessen Auftrag handeln. Für ihn bedeutet das: "Wir sind auf alles vorbereitet. Wenn wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben und trotzdem absteigen müssen, ist das eben so. Aber wir müssten uns nicht vorwerfen, nicht alles dagegen getan zu haben."
Während Tabellenführer Vatan Spor Aschaffenburg mit 61 Punkten aus 26 Spielen (Quotient: 2,35) einen großen Vorsprung auf Haibach mit 49 Punkten aus ebenso vielen Spielen (1,88) hat, geht es im Tabellenkeller enger zu: Höchberg, Coburg und Kleinrinderfeld haben 27, Lengfeld sowie Röllbach 26 und Rimpar als Letzter 25 Punkte. Würde bei einem Abbruch die Quotientenregel angewendet, kämen Lengfeld, Röllbach und Rimpar (0,96) auf den gleichen Wert.
Abbruch-Paragraf 93 der Spielordnung gibt an, dass bei "bei Quotientengleichheit von drei oder mehreren Mannschaften" eine "Sondertabelle aus den direkten Vergleichen" aufgestellt und mit der Quotientenregel gewertet wird. Daraus ergäbe sich nach aktuellem Stand eine Sondertabelle mit Lengfeld (3,00) vor Röllbach (1,00) und Rimpar (0,75).
So wäre Rimpar weiterhin erster und Röllbach zweiter Absteiger. Jedes ab jetzt noch absolvierte Spiel ändert allerdings die Grundlage dieser Berechnung. Da bei einem Abbruch und der Wertung mittels Quotienten die Relegation auf jeden Fall entfiele, würden alle Mannschaften, die nicht auf einem direkten Abstiegsplatz stehen, die Klasse halten.
Wie der BFV mit Frohnlachs angekündigtem Rückzug umgeht
Dann ist da aber noch die Sache mit dem VfL Frohnlach. Es gilt als sicher, dass die Oberfranken nach dieser Saison nicht mehr in der Landesliga spielen werden. Paragraf 8 der Spielordnung sieht in diesem Fall vor: "Vereine, die vor dem vorletzten Meisterschaftsspiel (...) den Verzicht auf die Ligazugehörigkeit beantragen, werden am Saisonende auf den letzten Tabellenplatz gesetzt."
Rimpar stünde, wenn Frohnlach nach ganz unten rutscht, dann einen Platz höher, wäre aber weiterhin der zweite Absteiger, Röllbach dagegen würde als Drittletzter die Klasse halten.
Paragraf 93 geht zwar genauer darauf ein, bis wann dieser Verzicht erklärt werden müsste: "Spätestens eine Woche nach Bekanntgabe des Abbruchs" heißt es dort. Teilnehmer berichteten aber, dass in der Videokonferenz am Freitagabend die Frage gestellt worden sei, wie der Rückzug einer Mannschaft gehandhabt werde, doch habe es keine konkrete Antwort darauf gegeben, was sich mit der Aussage Jankers gegenüber dieser Redaktion deckt, dass der Verbandsausschuss über einen solchen Fall entscheiden müsste.
Wie Rimpars Konkurrent Röllbach die Situation einschätzt
Für Alexander Heider, Sportlicher Leiter beim TuS Röllbach, ist es letztlich "eine ganz besondere Konstellation" um den Abstieg: "Ich weiß wirklich nicht, wie das bei einem Abbruch gewertet wird", gibt er zu. Damit beschäftigen möchte er sich aber "erst, wenn es dazu kommt".
Wie sein Rimparer Kollege geht auch Heider aber nicht davon aus, dass bis zum 30. Juni noch gespielt werde: "Bei den ganzen Parametern, die für eine faire Wiederaufnahme der Runde stimmen müssten, kann ich mir das wirklich nicht vorstellen." Jedoch würden die Röllbacher Trainer ihre Spieler noch "bestmöglich auf einen Wiederbeginn vorbereiten".
Weil ihre Mannschaft derzeit Vorletzter sei, müssten Röllbachs Verantwortliche ohnehin seit längerer Zeit für die Landes- oder Bezirksliga planen. "Und da haben wir unsere Hausaufgaben gemacht", sagt Heider – und wartet alles Weitere ab.