Es war ein gut gehütetes Geheimnis. Selbst in den gewöhnlich gut informierten Sozialen Medien und Internetforen tauchte sein Name als möglicher Kandidat nicht auf. Am Montag (6.9.) ließ der Deutsche Basketball-Bund (DBB) bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am Verbandssitz in Hagen dann die Katze aus dem Sack: Gordon Herbert wird neuer Bundestrainer der Basketball-Nationalmannschaft und löst damit Hendrik Rödl ab, der nach dem Achtungserfolg mit dem Einzug ins Achtelfinale bei den Olympischen Spielen in Tokio keinen neuen Vertrag erhielt.
"Uns war wichtig, dass wir einen erfahrenen Trainer verpflichten. Wir wollten keine Experimente machen", sagte DBB-Präsident Ingo Weiss, der den Kanadier mit einem Vertrag über zwei Jahre mit einer Option bis 2024 ausstattete. Dann finden in Paris die Olympischen Spiele statt – und Deutschland soll unbedingt wieder dabei sein. "Das ist natürlich das Ziel", sagte Herbert, der sich hohe Ziele für die neue Aufgabe gesteckt hat: "Es geht darum, Medaillen zu gewinnen. Bei der EM, bei der WM, bei Olympia. Egal bei welchem Turnier. Ich freue mich auf die Aufgabe, es ist eine große Ehre für mich."
Für Gordon Herbert schließt sich damit 21 Jahre nach seinem ersten Engagement in Deutschland ein Kreis. Denn den Hauptteil seiner Trainerkarriere seit der Jahrtausendwende verbrachte er in der Basketball-Bundesliga (BBL), zehn Jahre davon bei den Frankfurt Skyliners, die er 2004 zu ihrer ersten und bislang einzigen Meisterschaft führte.
Seinen Anfang nahm Herberts BBL-Laufbahn aber im Jahr 2000 in Würzburg, bei der damaligen DJK s.Oliver. Eine Zeit, an die der 62-Jährige noch heute gerne zurückdenkt, wie er in einer persönlichen Sprachnachricht an diese Redaktion verriet: "Der damalige Manager Wolfgang Malisch hat mir die Chance gegeben, in Würzburg zu coachen. Davor war ich in Finnland und Österreich. Würzburg war und ist ein großartiger Basketball-Standort, und ich bin heute noch sehr dankbar für das, was Würzburg mir als Trainer ermöglicht hat."
Es war damals die Zeit der "jungen Wilden" um den Ochsenfurter Robert Garrett, den Aschaffenburger Demond Greene oder den aus Hamburg zum Team gestoßenen Marvin Willoughby, deren jugendliches Ungestüm gepaart mit großem Talent Herbert zu vereinen wusste. Die "X-Rays" führte Herbert damals auf Platz fünf nach der regulären Saison, erst in vier knappen Play-off-Partien gegen Gießen war Schluss. "Die Arbeit mit all diesen Jungs, die noch den Geist von Dirk Nowitzki gespürt haben, war ein großer Schritt für mich und der positive Wendepunkt meiner Karriere", sagte Herbert später einmal im Gespräch mit dieser Redaktion.
Zu den Jungspunden von einst zählte auch der damals 17-jährige Kresimir Loncar, heute Sportmanager bei Erstligist s.Oliver Würzburg. "Gordie war ein harter Trainer, der viel Wert auf Disziplin in der Verteidigung gelegt hat. Aber ich durfte in meinem ersten Jahr im Schnitt 19 Minuten spielen, er hat mir damals sehr geholfen in meiner Entwicklung", erinnert sich Loncar, der die Wahl Herberts zum Bundestrainer begrüßt: "Ich denke, Gordie ist aktuell die beste Lösung. Er kennt die Liga, die Spieler und ihre Mentalität und hat viel Erfahrung, auch als Co-Trainer der kanadischen Nationalmannschaft."
Herberts Erfahrungsschatz und seine Erfolge hebt auch Baskets-Cheftrainer Denis Wucherer hervor, der in der Saison 2001/02 eine Halbserie unter Herbert in Frankfurt spielte. Der 48-Jährige macht aber keinen Hehl daraus, dass er sich auch sehr gut wieder einen einheimischen Trainer als Rödl-Nachfolger hätte vorstellen können: "Das geht gar nicht gegen Gordon. Ich mag den Trend einfach nicht. In der Bundesliga haben mittlerweile von 18 Teams nur noch zwei einen deutschen Coach", kritisiert Wucherer. "Das gibt es in keiner vergleichbaren Liga Europas."
Erfolgreicher als in der Herbert-Saison war übrigens nur noch eine Würzburger Mannschaft in der BBL: 2012 zogen die Baskets als Aufsteiger unter dem heutigen Ludwigsburg-Trainer John Patrick – der auch als Rödl-Nachfolger gehandelt worden war – sensationell mit 3:1 Siegen gegen Alba Berlin ins Halbfinale ein. Für den Hauptstadtklub ein bitteres Aus, und sicher auch eine der schmerzhaftesten Niederlagen für dessen Trainer, der kurz darauf die Berliner verlassen musste. Sein Name: Gordon Herbert.
Man darf gespannt wie sich Gordi Herbert als Nationalcoach macht. Traue ihm deutlich mehr zu als Rödl.