Wie geht es weiter mit dem Würzburger Fanprojekt? Diese Frage stellt sich an diesem Dienstag im Jugendhilfeausschuss des Würzburger Stadtrats. Dort wird entschieden, ob die Stadt sich auch in Zukunft an der Finanzierung des 2021 gegründeten Fanprojekts beteiligt, das sich an Anhänger der Würzburger Kickers richtet.
Im November vergangenen Jahres stand das Projekt bereits auf der Kippe. Nach Protesten während des letzten Kickers-Heimspiels 2023 gegen den FV Illertissen und der Berichterstattung dieser Redaktion war das Thema damals kurzfristig von der Tagesordnung des Jugendhilfeausschusses genommen worden. Nun empfiehlt die Verwaltung nicht mehr, die Gelder für das Fanprojekt zu streichen, sondern lässt die Entscheidung offen.
Warum hat die Stadt Würzburg ihre Meinung geändert?
Weil im Januar alle Beteiligten noch einmal zu einem Gespräch zusammengekommen sind. Er sei, was die Wirkung des Fanprojekts im Bereich Jugendhilfe angehe, weiterhin skeptisch, sagt Gunther Kunze, Fachbereichsleiter Jugend und Familie bei der Stadt Würzburg. "Im Rahmen der Beurteilung auf die gesamte Fanszene sind aber auch die Belange der Hauptgeldgeber nicht von der Hand zu weisen", heißt es nun in der Beschlussvorlage.
Auch die Polizei spricht sich, so ist zu hören, für eine Fortsetzung des Fanprojekts aus. Sowohl der Freistaat Bayern als auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) halten das Projekt weiterhin aus verschiedenen Gründen für fördernswert. Deren Geld kann aber, so ist es bundesweit bei allen Fanprojekten geregelt, nur fließen, wenn auch die Kommune mit im Boot ist.
Um wie viel Geld geht es?
Den Großteil der jährlich 200.000 Euro für das Würzburger Fanprojekt tragen DFB (100.000 Euro) und Freistaat (50.000 Euro). Die übrigen 50.000 Euro teilen sich bislang Landkreis und Stadt Würzburg je zur Hälfte. Statt wie bislang zehn Prozent würde die Stadt nach der neuen Beschlussvorlage 15 Prozent der Gesamtkosten, also 30.000 Euro, übernehmen, wenn der Jugendhilfeausschuss zustimmt. Das entspreche, so die Beschlussvorlage, der Verteilung der Herkunft der durch das Fanprojekt betreuten Fußball-Anhänger und Anhängerinnen auf Stadt und Landkreis.
Wie die Finanzierung aussehen könnte oder ob das Fanprojekt im Sommer ausläuft, wenn der Landkreis bei seinem im vergangenen Herbst beschlossenen Ausstieg bleibt, wäre abzuwarten. Die Vereine selbst sind an der Finanzierung nirgendwo in Deutschland beteiligt. Das ist nach den Richtlinien für solche Projekte nicht vorgesehen.
Wie wird die Arbeit des Fanprojekts bewertet?
"Gemessen an den Rahmenbedingungen wird in Würzburg herausragende Arbeit geleistet", sagt Gunther Pilz. Der Soziologe ist nicht nur bundesweit bekannter Fanforscher und als solcher beliebter Ansprechpartner für Medien, sondern leitet auch die Arbeitsgemeinschaft der beim Deutschen Sportbund beheimateten Koordinierungsstelle für Fanprojekte. Diese bewertet die Arbeit an den 71 Standorten in Deutschland und vergibt Qualitätssiegel. Sollte die Finanzierung über die Saison hinaus gesichert sein, werde das Würzburger Projekt ein solches Siegel erhalten, so Pilz. Auf Seiten der Stadt bewertet man vor allem das fortgeschrittene Alter vieler betreuter Fans – 61,8 Prozent von ihnen sind älter als 21 Jahre – und die mangelnde Vernetzung mit anderen Jugendhilfe-Einrichtungen negativ.
Ist in Würzburg ein Fanprojekt notwendig?
Auf jeden Fall, meint Fanforscher Pilz. Gerade im Engagement gegen Rassismus und Antisemitismus würde das Fanprojekt Beispielhaftes leisten. Zu verhindern, dass Jugendliche in extreme Szenen abdriften, sei eine der wichtigsten Aufgaben in der Sozialarbeit mit Fußballfans. "Die zum Großteil aus dem Fußball finanzierten Fanprojekte leisten einen nicht unerheblichen Teil der kommunalen Jugendarbeit", sagt Pilz: "Dabei ist es nicht der Fußball, der dafür verantwortlich ist, dass es soziale Konflikte gibt, die sich auch im Stadion zeigen."