Es wirkt wie eine Flucht nach vorn. Nur eine Woche nach ihrem bitteren Ausscheiden beim Ironman Frankfurt wegen einer Radpanne am vergangenen Sonntag sucht die Würzburger Profi-Triathletin Carolin Lehrieder einen Ausweg aus ihrer diesjährigen Pechsträhne - und eine neue Herausforderung. Am Donnerstag verkündete sie überraschend auf ihrem Instagram-Account, an diesem Sonntag (3. Juli, ab 6.30 Uhr) bei der Challenge Roth an den Start zu gehen. Anders als in Frankfurt wird dort kein Ticket für die Weltmeisterschaft auf Hawaii im Herbst vergeben, weil es eine andere Veranstaltungsserie ist als der Ironman.
"Es hat ein bisschen gedauert, aber ich habe meinen Kopf überzeugt und beschlossen, es noch einmal zu versuchen", schrieb die 33-Jährige. Es gebe keinen besseren Ort, um der Freude und Leidenschaft Willen an einem Rennen teilzunehmen als den Langdistanz-Klassiker im mittelfränkischen Roth. In einem Telefonat mit dieser Redaktion fügt sie scherzhaft hinzu: "Ich prügle das Schicksal so lange, bis es klappt."
Der Spaß hatte für Lehrieder eigentlich auch in Frankfurt im Vordergrund stehen sollen, mehr noch als das Ticket für die WM. Doch ein kaputter Hinterreifen an ihrem Rad hatte der Sportlerin des SV 05 Würzburg die Freude gehörig vermiest. Ihre Konsequenz: In Roth wird sie - anders als in Frankfurt - wieder mit Schlauch fahren. "Falls der kaputtgeht, kann ich ihn in wenigen Minuten selber wechseln." Beim Ironman hatte sie über eineinhalb Stunden vergeblich auf Hilfe gewartet.
Persönliche Einladung vom Challenge-Roth-Geschäftsführer
Auf Instagram bedankte sich Lehrieder bei allen, die sie in den vergangenen Tagen "in die richtige Richtung gepusht" hätten. Vor allem Menschen in ihrem Umfeld, darunter ihr Trainer, hätten sie dazu bewogen, sich nach dem Frusterlebnis sofort wieder einem Wettkampf zu stellen.
Challenge-Roth-Geschäftsführer Felix Walchshöfer war auch nicht unbeteiligt. Wie er auf der Pressekonferenz am Donnerstag erzählte, habe er die Würzburgerin aufbauen wollen und nach Roth eingeladen, um sie aufzubauen. Lehrieder bedankte sich in ihrem Instagram-Post dafür bei Walchshöfer.
Beim Ironman in Thun, wo sie eine Woche später noch mal um das WM-Ticket hätte kämpfen können, habe sie sich abgemeldet. "Ich wäre dieses Jahr wahrscheinlich sowieso nicht nach Hawaii geflogen", sagt die 33-Jährige gegenüber dieser Redaktion und verweist erneut auf die immensen Kosten, die so kurzfristig anfallen würden. "In Roth habe ich eine ganz andere Bühne als in der Schweiz."
Anne Haug gilt bei den Frauen als Favoritin
An die Challenge dort hat Lehrieder zudem gute Erinnerungen. 2019 hatte sie dort mit neuer Bestzeit von 8:55.13 Stunden erstmals die magische Neun-Stunden-Marke klar unterbieten können und war in einem starken Feld Fünfte geworden. "2019 hab' ich mir in Roth Sicherheit und Selbstvertrauen geholt, was mir dann zum Sieg bei Ironman in Italien verholfen hat" - durch diesen hatte sie sich für Hawaii qualifiziert. Vielleicht versuche sie es dieses Jahr noch mal auf dem gleichen Weg. Noch stehen ihre Herbst-Pläne nicht fest.
Bei der aktuellen Auflage der Challenge Roth gilt in der Frauenkonkurrenz 2019-Weltmeisterin Anne Haug als Favoritin. Die Bayreutherin ist die einzige deutsche Frau, die jemals auf Hawaii gewann. Im vergangenen Jahr war die 39-Jährige bei ihrem Roth-Debüt in der Rekordzeit von 7:53:48 Stunden auf der leicht verkürzten Strecke nicht aufzuhalten.
Das Duell Jan Frodeno gegen Patrick Lange überstrahlt die Challenge Roth
Bei den Männern überstrahlt das Duell der früheren Hawaii-Champions Jan Frodeno (40) gegen Patrick Lange (35) den Triathlon, die beide aufgrund von Verletzungen bei der diesjährigen WM im US-Bundesstaat hatten passen müssen - ebenso wie Carolin Lehrieder aufgrund einer Conona-Infektion.
Lange hatte 2021 in Roth gewonnen. "Es motiviert mich extrem, gegen ihn anzutreten", sagte Frodeno bei der Pressekonferenz. "Wir haben eine harte Konkurrenz, da gehört auch mal anecken dazu. Er hat mich auf jeden Fall auch im Training gepusht."
Die Zuschauer sind in Roth zurück an der Strecke
Die Challenge Roth hatte 2021 im September stattgefunden, 2020 war sie wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Diesmal sind auch Zuschauer an der Strecke wieder dabei. Der legendäre Solarer Berg, auf dem Fans für gewöhnlich dicht an dicht den Sportlerinnen und Sportlern zujubeln, ist als Etappe ebenfalls zurück. Insgesamt gehen rund 3200 Athletinnen und Athleten sowie 650 Staffeln an den Start.
Mit Material von dpa