Als Luke Hemmerich beim Regionalliga-Heimspiel der Würzburger Kickers gegen den 1. FC Nürnberg II (3:1) in der zweiten Halbzeit für Kapitän Peter Kurzweg eingewechselt wurde, dauerte es nicht lange, bis von den Rängen der Ruf zu hören war: "Luuuke" schallte es lang gezogen unter dem Tribünendach am Dallenberg. Die Rückkehr des blonden Außenbahnflitzers, der nach langer Zeit als vertragsloser Trainingsgast vom Spitzenreiter der Fußball-Regionalliga Bayern fest verpflichtet wurde, ist beim Publikum sowie beim Spieler mit besonderen Emotionen verbunden. "Die beste Zeit" seiner bisherigen Karriere habe er in Würzburg verbracht, sagt der 25-Jährige, der 2020 mit den Kickers den Aufstieg in die Zweite Bundesliga schaffte.
Mit der eigenen Vergangenheit wird Hemmerich auch an diesem Samstag (14 Uhr) konfrontiert, wenn die Rothosen zum Auswärtsspiel bei der SpVgg Bayreuth antreten. Dort kickte er in der vergangenen Saison in der Dritten Liga. "Es war von Beginn an klar, dass es eine sehr schwierige Saison wird", blickt er auf sein Jahr in Oberfranken zurück, das mit dem Abstieg endete. Für den Rechtsverteidiger war danach beim Neuaufbau kein Platz mehr. Und so stand der in Essen geborene Kicker zu Saisonbeginn ohne Verein da.
"Es macht einfach einen riesigen Unterschied, ob man alleine joggen geht oder mit einer Mannschaft trainiert", sagt er. Deshalb suchte er nach einem Klub, bei dem er am Mannschaftstraining teilnehmen konnte, und rief bei seinem Kickers-Kollegen Daniel Hägele an. "Er hat das ein bisschen in die Wege geleitet", erzählt Hemmerich.
Zwischen ihm und den Kickers passt es einfach. Das stellte sich schnell heraus, nachdem der 25-Jährige erst einmal regelmäßig bei den Übungen auf dem Gelände an der Sieboldshöhe mit dem restlichen Kader auf dem Feld stand. Auch wenn Hemmerichs Stammposition rechts hinten in der Viererkette mit Fabrice Montcheu und Thomas Haas bei den Kickers bereits doppelt besetzt ist, empfahl sich der bei Schalke 04 ausgebildete Außenbahnflitzer als Mann für den noch zu besetzenden Posten als 20. Feldspieler im Kickers-Kader. "Ich fühle mich auf jeder Außenposition wohl. Ich habe da jede Position in den letzten Jahren schon bekleidet", betont Hemmerich. Zuletzt wurde er zweimal für Linksverteidiger Kurzweg eingewechselt.
Nun also ist er zurück. "Ich kenne den Verein und die Strukturen. Ich habe wieder richtig Bock darauf für Würzburg zu spielen", sagt er. Der Abschied vom Dallenberg nach dem Zweitliga-Abstieg 2021 sei ihm nicht leicht gefallen. Hinter ihm lag damals ein schlimmes Jahr, das bislang schwierigste seiner Karriere. Nicht nur, dass sich die Kickers um ihn herum selbst zerlegten, trotz drei Trainerwechseln sang- und klanglos abstiegen. Er selbst stand kaum noch auf dem Spielfeld. Das Pfeiffersche Drüsenfieber hatte ihn gleich zu Saisonbeginn matt gesetzt. Monatelang musste er zuschauen und war entsprechend ungeduldig. "Ich wurde dann ein bisschen zu früh reingeworfen", sagt er rückblickend. Kurze Zeit später erwischte ihn mit seinem noch immer geschwächten Körper eine Corona-Infektion: "Damit war ich das ganze Jahr raus."
Und so stehen neben neun Zweitliga-Einsätzen für den VfL Bochum und Erzgebirge Aue nur noch drei für die Kickers in seiner Vita. Nach dem Abstieg schien für ihn, wie für manch anderen Akteur aus dem Aufstiegsteam des Vorjahres, kein Platz mehr bei den Kickers zu sein. Den Absturz der Rothosen in die Regionalliga musste Hemmerich in Münster verfolgen, wo er zunächst ein Jahr in der Regionalliga West kickte, ehe es ihn nach Bayreuth zog. Die Dritte Liga, der Profi-Fußball, das ist für ihn weiterhin das Ziel. Dort will er sich etablieren, nun am liebsten wieder mit den Kickers.
Der Blondschopf ist kein Sprücheklopfer. Er wählt seine Worte mit Bedacht. Und doch sagt er beim Blick auf das aktuelle Kickers-Team kurz und knapp: "Wir werden unser Ziel erreichen." Dafür freilich wollen die zuletzt sieben Mal in Folge siegreichen Würzburger ihre Erfolgsserie bei Hemmerichs Ex-Verein in Bayreuth verlängern. Auch wenn die aktuelle Mannschaft der Bayreuther nicht mehr mit der aus der Vorsaison zu vergleichen sei, so sei sie doch "ein ernstzunehmender Gegner", wie Hemmerich es formuliert. Die Kickers werden gegen eines der wenigen anderen Voll-Profi-Teams in der bayerischen Regionalliga gefordert sein. Am Ende aber, ist sich auch Hemmerich sicher, spreche die Spielstärke für die Würzburger: "Bei uns kann man jeden Spieler reinwerfen, ohne das die Qualität sinkt. Das macht uns aus." Und zu diesen gehört auch Hemmerich nun dazu.