Am vergangenen Samstag protestierten die Fans der Würzburger Kickers beim Fußball-Regionalliga-Heimspiel gegen den FC Augsburg plakativ für eine Vertragsverlängerung. Vor dem Auswärtsspiel der Rothosen an diesem Freitag (19 Uhr, Stadion an der Grünwalder Straße) beim FC Bayern München II spricht Sportdirektor Sebastian Neumann (32) im Interview über Vertragsgespräche, seine Zukunftspläne und die Gründe für den aktuellen Erfolg der noch immer ungeschlagenen Kickers.
Frage: Was haben Sie gedacht, als Sie am Samstag im Stadion das Transparent mit dem Schriftzug „Vertragsverlängerung für Basti Neumann!“gesehen haben?
Sebastian Neumann: Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht im Mittelpunkt stehen muss. Von daher war es mir etwas unangenehm. Aber natürlich habe ich mich auch geehrt gefühlt. Es ist ein schönes Gefühl, wenn die Fans die Arbeit anerkennen.
Wie ist der Stand in Sachen Vertragsverlängerung?
Neumann: Wir führen Gespräche und ich spüre das Vertrauen und die Anerkennung der Verantwortlichen. Ich bin sowieso im ständigen Austausch mit unserem Vorstandsvorsitzenden André Herber. Der Draht zwischen uns ist sehr gut.
Frage: Sie wollen gerne in Würzburg bleiben?
Neumann: Es ist kein Geheimnis, dass ich mich hier sehr wohl fühle. Ich glaube auch, dass man mit meiner Arbeit hier im Großen und Ganzen zufrieden sein kann. Ich habe hier sehr viel Herzblut reingesteckt. Natürlich müssen am Ende die Bedingungen für beide Seiten auch passen. Aber das werden wir in Gesprächen klären können.
Sie sind vor fast genau zwei Jahren überraschend und schnell auf den Posten als Sportdirektor gekommen. Verfolgen Sie inzwischen einen Karriereplan?
Neumann: Ich bin damals schnell ins kalte Wasser geworfen worden und es hieß: Schwimm mal! Grundsätzlich ist Sportdirektor schon die Position, auf der ich mich auch in Zukunft sehe. Auch wenn das Fußballgeschäft mein Business ist, bin ich in dieser Funktion noch relativ unerfahren. In der Konstellation mit der aktuellen Vereinsführung ist es für mich ein ständiger Lernprozess, in dem ich mich auch weiterentwickeln muss.
Der Verein hat sich seit dem Abstieg aus der 3. Liga deutlich verändert. Flyeralarm ist nicht mehr Investor. Mit Dominik Möhler gibt es einen neuen Anteilseigner. Ist der Klub unter den neuen Gegebenheiten bereit für Liga drei?
Neumann: Es ist genau der richtige Weg, den die Kickers eingeschlagen haben. Es war klar, dass wir in vielen Bereichen umdenken müssen. Die Kickers haben sieben tolle Jahre in der 2. Bundesliga und 3. Liga erlebt, aber am Ende sind wir wieder in der Regionalliga gelandet. Das hatte Gründe. Man sollte die Lehren aus der Vergangenheit ziehen. Diese Sichtweise haben auch Dominik Möhler und André Herber in den Verein hereingebracht. Die Rückkehr in die 3. Liga wäre ein wichtiger Schritt. Dann können wir unseren Weg weiter gehen. Dominik Möhler hat uns seinerzeit und bis heute am Leben gehalten. Inzwischen haben wir als Verein einen Zusammenhalt entwickelt, der spürbar ist und mit dem noch viel möglich ist.
Platz eins, fünf Punkte Vorsprung, noch immer ungeschlagen - Sind die Kickers in dieser Saison noch aufzuhalten?
Neumann: Man muss unserer Mannschaft und unserem Trainerteam einfach ein großes Lob aussprechen. Sie haben genau das umgesetzt, was wir uns zu Saisonbeginn vorgenommen hatten, was wir an Lehren aus der vergangenen Saison gezogen haben. Trotzdem sieht man immer wieder, zum Beispiel auch zuletzt in der ersten Halbzeit gegen Augsburg II, als wir wirklich unsere Probleme hatten, dass wir nicht locker und lässig unsere Spiele gewinnen können. Wir müssen an jedem Wochenende, unsere Leistung bringen, dann sind wir sehr schwer zu schlagen.
Sorgt es im Winter möglicherweise für Unruhe, dass die Verträge von so gut wie allen Spielern nach der Saison auslaufen.
Neumann: Das Fußballgeschäft ist nun einmal so, dass sich Spieler bei auslaufenden Verträgen Gedanken machen, dass Berater kommen und nachfragen. Letztlich müssen die Spieler für sich entscheiden, wo und wie sie ihre Zukunft sehen. Ich kann ihnen nur auf den Weg geben: Es ist immer einfacher, gemeinsam aufzusteigen als alleine hochzugehen.
Und was ist mit dem Trainer?
Neumann: Das Trainerteam muss zur Mannschaft und zu unseren Zielen passen. Das sind für mich als Sportdirektor die wichtigsten Personalien. Marco ist als Chefcoach ist ein ruhiger, aber sehr akribischer Arbeiter. Er überlässt nichts dem Zufall. Ich muss da das ganze Trainerteam loben. Jeder hat seine Aufgabe und erfüllt die mit viel Leidenschaft und Engagement. Die Spieler wissen vor jedem Spiel genau, was auf sie zukommt. Und was wahrscheinlich am wichtigsten ist: Er hat es geschafft, eine Einheit zu formen. Jeder unserer 23 Akteure wäre woanders Stammspieler. Trotzdem bricht da keiner aus. Das ist eine tolle Leistung und entscheidend für den momentanen Erfolg. Marco ist ein Top-Trainer, der noch weiteres Potenzial hat und einen Weg gehen wird - hoffentlich bei uns.
Bei so viel Lob, werden doch sicher auch andere Vereine auf ihn aufmerksam.
Neumann: Das ist derzeit nicht das Thema. Wir sprechen viel miteinander. Alle bei den Kickers wissen, was sie an Marco haben. Aber er weiß auch, was er an den Kickers hat. Wie sagt man dazu inzwischen? Es hat gematcht! Ich hoffe, dass wir alle zusammen, den eingeschlagenen Weg fortsetzen werden.
Und wie laufen die Gespräche möglichen Neuzugängen für die nächste Saison?
Neumann: Die Schwierigkeit ist, dass wir erst Ende Mai endgültig wissen können, wo die Reise hingeht. Jeder Spieler, mit dem wir sprechen, will wissen, was passiert, wenn wir den Aufstieg nicht schaffen. Natürlich wollen wir Spieler, die sich unabhängig von der Liga mit diesem Verein identifizieren. Die Kickers müssen weiterhin auf junge hungrige Spieler setzen, die sich hocharbeiten wollen. Natürlich brauchst du auch eine Achse an erfahrenen Spielern, so wie in dieser Saison. Aber unser Markt, das ist die Nische zwischen der dritten und vierten Liga.
Das heißt, die Kickers planen aktuell auch für die kommende Saison mit einer Profimannschaft - egal in welcher Liga?
Neumann: Das sind die Fragen, die wir intern gerade klären. Es gibt Optionen, die etwas mehr in die eine oder etwas mehr in die Richtung gehen. Fest steht: Alle Beteiligten wollen mit den Kickers so ambitioniert wie möglich bleiben.