Bei den Europameisterschaften in der Kampfsportart Ju-Jutsu hat Franziska Freudenberger aus dem Gössenheimer Ortsteil Sachsenheim (Lkr. Main-Spessart), die für den SV Oberdürrbach antritt, die Goldmedaille gewonnen. Das Turnier fand vor kurzem im hessischen Maintal bei Hanau statt. Über den Erfolg der 26-Jährigen informierte ihr Verein mit einer Pressemitteilung.
Eigentlich hätte die EM im israelischen Haifa stattfinden sollen, wurde zunächst wegen der Corona-Pandemie verschoben, aber konnte dort auch in diesem Jahr wegen der angespannten Sicherheitslage im Nahen Osten nicht stattfinden.
Statt den üblicherweise zwei Jahren an Vorbereitungszeit hätten die Maintaler, die als Ausrichter einsprangen, nur sechs Wochen Zeit gehabt, um das Turnier zu organisieren, teilte der Ju-Jutsu-Verband Bayern hierzu mit. "Wir haben uns kurz besprochen, dann stand für uns fest: Wir machen es", sagte der Würzburger Roland Köhler, Präsident des Deutschen Ju-Jutsu Verbandes (DJJV), Bundestrainer und Trainer beim SV Oberdürrbach.
Würzburger holte EM nach Hessen
Das aufwendige Hygienekonzept sah tägliche Corona-Schnelltests für alle Athleten, Trainer, Schiedsrichter und Helfer sowie das medizinische Team vor. Ohne negatives Ergebnis hätten sie die Sporthalle nicht betreten dürfen. Rund 650 Tests seien insgesamt durchgeführt worden, informierte der Ausrichter.
Die Kämpfe in den Disziplinen Fighting, Duo und Bodenkampf (Ne-Waza) fanden ohne Zuschauer in der Sporthalle der Maintaler Werner-von-Siemens-Schule statt. An fünf Tagen vom 17. bis 21. Juli trugen 287 Athletinnen und Athleten aus 23 Ländern Europas 265 Kämpfe aus.
Nach über einem Jahr Wettkampfpause seien dies die ersten Aufeinandertreffen für die deutschen Ju-Jutsukas gewesen, heißt es in der Mitteilung. Freudenberger habe sich den ersten Platz als Ziel gesetzt und der sei "der verdiente Lohn einer unermüdlichen Vorbereitung" gewesen.
Im ersten Kampf lief's noch nicht
Sie habe seit den Weltmeisterschaften 2019 in Abu Dhabi, bei denen sie den dritten Platz erreichte, kein Turnier mehr bestritten. "Wir sind direkt mit der EM wieder eingestiegen. Es wäre natürlich besser gewesen, wenn wir vorher noch einen anderen Wettkampf gehabt hätten, so wussten wir gar nicht, wie alle anderen trainiert hatten", sagt Freudenberger im Gespräch mit dieser Redaktion.
Außerdem sei es das erste Turnier mit einem veränderten Regelwerk gewesen. "Wir haben nach diesen Regeln trainiert, aber wussten nicht, wie die Kampfrichter diese Änderungen umsetzen", erklärt die Ju-Jutsu-Weltmeisterin von 2017.
Ihr erster Kampf gegen eine Gegnerin aus Russland sei nach der langen Pause "noch sehr zäh" verlaufen, berichtet sie. "Es hat erst etwas gedauert, bis ich ins Turnier gekommen bin. Danach lief's gut."
Halbfinale dauert nur 34 Sekunden
Und zwar so gut, dass sie in ihrer mit elf Starterinnen besetzten Klasse (Fighting bis 63 Kilogramm) im Halbfinale ihre Gegnerin aus den Niederlanden schon nach 34 Sekunden von der Matte schickte. Es war der kürzeste Kampf an diesem Wettkampftag. Auch das Finale gegen die mehrfache Welt- und Europameisterin Severine Nebie aus Frankreich habe sie souverän gewinnen können.
Mit der 44-jährigen Andrea Pflefka aus Pommersfelden (Lkr. Bamberg) gewann eine zweite Oberdürrbacher Sportlerin in der Klasse Fighting bis 48 Kilogramm die Bronzemedaille. Auch Annalena Bauer, die für die TG Höchberg startet, kam mit Edelmetall nach Hause: Die 26-Jährige gewann im Fighting bis 70 Kilogramm die Bronzemedaille.
Zusammen holten die deutschen Ju-Jutsukas fünf Gold- sowie fünf Silber- und zehn Bronzemedaillen. Deutschland erreichte in der Nationenwertung den zweiten Platz. Begleitet wurde das Team von den Bundestrainern Roland Köhler aus Würzburg und Jörn Meiners aus Prichsenstadt (Lkr. Kitzingen).
World Games 2022 als nächstes Ziel
Nachdem sie im gesamten vergangenen Jahr an keinen Wettkämpfen teilnehmen konnten, waren diese Erfolge für sie sehr wichtig, um weitere Ranglistenpunkte für die Qualifikation zu den World Games 2022 in Birmingham im US-Bundesstaat Alabama zu sammeln. "Ich habe noch gar nicht geschaut, wie ich in der Liste jetzt stehe", gibt Freudenberger zu.
Freilich wären die World Games, an denen sie noch nicht teilgenommen habe, ein Ziel für die Sportlerin. Dazu müsste sie bei den German Open in Hanau im Oktober und bei den nächsten Weltmeisterschaften in Abu Dhabi im November durch gute Platzierungen Punkte holen, da aus jeder Nation nur eine Starterin je Disziplin und Gewichtsklasse teilnehmen dürfe.
Die World Games werden alle vier Jahre ausgetragen und umfassen ausgewählte Sportarten, die zwar als olympisch anerkannt und weltweit verbreitet sind, allerdings nicht zum Programm der Olympischen Spiele gehören.