
Es ist Dienstagvormittag während der Basketball-EM in einem Café in der Kölner Innenstadt. Der Alte Markt ist voller Basketballfans. Die der slowenischen Nationalmannschaft haben sogar eine der Gastronomien mit einem Banner geschmückt. Es ist nun ihr offizieller Treffpunkt für die sieben Tage Basketball-Europameisterschaft in Köln. Mittendrin sind auch einige Fans der Würzburg Baskets. Annika Frebert und Lars Hambacher gehören zu einer Gruppe von Würzburgern, die nach Köln und später auch nach Berlin zur Heim-EM gereist sind. Beide erscheinen in Deutschland-Montur, Frebert sogar mit Ohrringen und Fingernägeln in Schwarz-Rot-Gold. Seit 2015 die Endrunde einer EM in Berlin ausgespielt wurde, haben sie fast keine Partie der Nationalmannschaft verpasst.
Wenn die beiden von ihren Reisen erzählen, sprudelt es fast aus ihnen heraus. 2017 war Hambacher beispielsweise bei der Vorrunde der EM in Tel Aviv, auch bei der Endrunde in Istanbul. 2019 fand die Weltmeisterschaft in China statt. Die beiden verbrachten dort fast drei Wochen. Teilweise sind sie die einzigen deutschen Fans, besonders bei den Auswärtsspielen in der WM- oder EM-Qualifikation, die in sogenannten Länderspielfenstern im November, Februar und Juni ausgespielt werden. Schon jetzt freuen sich die beiden auf die kommende Weltmeisterschaft. In Indonesien, Japan und auf den Philippinen findet sie statt.

Reisen zu den Spielen sind wie Urlaub
Für viele sind all diese Orte natürlich Urlaubsziele. So auch für die beiden. "Wir verknüpfen das immer mit Urlaub und Sightseeing", erklärt Frebert. Die 32-Jährige arbeitet bei einem Logistikunternehmen in Kürnach. 2011 kam sie zum Basketball, als sie ihr bester Freund überredete, mit ihm nachts die NBA-Finals mit Dirk Nowitzki zu verfolgen. "Im Loma in der Sanderstraße war da immer so viel los", erinnert sie sich. Basketball gefiel ihr – und so blieb sie dabei, schaute bei den gerade wieder in die Bundesliga aufgestiegenen Würzburg Baskets vorbei und schloss sich dem Fanclub an.
Ihr Begleiter Lars Hambacher ist sogar schon etwas länger dabei. Als er 2008 zum Ende seiner Ausbildung nach Würzburg kam, fand er Anschluss beim Fußballverein in Geroldshausen. "Der Verein dort war damals praktisch der Fanclub der Baskets. Sie haben mich ständig gefragt, ob ich nicht mitgehen möchte zum Basketball", blickt er zurück. Seit 2009 ist der Beamte bei der Deutschen Rentenversicherung regelmäßig dabei, war mit den Baskets schon zu Regionalligazeiten bei Spielen in Dachau oder Weiden.
Keine Touristenfotos vor der Akropolis in Athen
Auf den vielen Reisen haben sie so einiges erlebt. Von Tel Aviv aus wollten sie mal zum zweiten Spiel eines Länderspielfensters nach Heidelberg reisen. Statt direkt nach Frankfurt ging es mit einem Zwischenstopp in Athen zurück nach Deutschland. Doch den Anschlussflug verpassten die beiden. Immerhin blieb Zeit für einen kurzen Ausflug zur Akropolis. Nach einigen Fotos mit Schal und Trikot kam auf einmal ein Sicherheitsmann auf die beiden zu. "Ich musste vor seiner Nase alle Fotos löschen, auch aus dem Papierkorb", beschrieb Frebert die etwas beängstigende Situation. Scheinbar war es an der Akropolis nicht erlaubt, Bilder mit Fan-Ausrüstung zu machen. "Wegen der Fußball-Fans nehme ich an", vermutete Frebert. Trotz der Verzögerungen schafften es die beiden zehn Minuten vor Spielbeginn in die Halle.

Den verrücktesten Ausflug machten sie aber am Tag vor dem Treffen in Köln. Weil eine Freundin gerne mal den griechischen Superstar Giannis Antetokounmpo erleben wollte, reiste die Gruppe am spielfreien Montag nach Mailand. Dort spielten die Griechen. Morgens mit dem Flieger hin, am nächsten Morgen ganz früh zurück. Tickets gab es vor Ort und wegen des frühen Rückflugs brauchten sie nicht mal ein Hotel. Eine Reise wie sie nur Basketballverrückte auf sich nehmen. Unglücklicherweise schonte Griechenland seinen Superstar bei diesem Spiel gegen Underdog Großbritannien.
Zurück zur EM. Während der Tage in Köln herrschte Volksfeststimmung in und um die Arena. Bis zu 7000 litauische Fans, zahlreiche Bosnier, Franzosen oder Ungarn und auch viele deutsche Basketball-Fans füllten die 18.000 Plätze in der Lanxess-Arena. "Wir waren am Samstagabend mit den Litauern in einer Sportsbar, obwohl wir am nächsten Tag ja gegen sie gespielt haben", schildert Frebert die außergewöhnliche Situation. "Im Fußball wäre das undenkbar", ist sie sich sicher.
In Berlin, wo die beiden alle Spiele der Endrunde verfolgten, war das nicht anders. Gekrönt wurde das Ganze schließlich mit Bronze für Deutschland, der ersten Medaille für eine deutsche Nationalmannschaft, seit Dirk Nowitzki und seine Weggefährten in Belgrad Silber gewannen. "Es war wie ein Sommermärchen", zieht Frebert Parallelen zur Fußball-WM 2006 im eigenen Land, als Deutschland ebenfalls Bronze holte.

"Wir haben nun einen Freund aus Polen", freuen sich die beiden. Weil sie noch eine Karte für alle Tage übrig hatten, trafen sie sich regelmäßig mit diesem polnischen Basketball-Fan, der den überraschenden Siegeszug der Polen bis ins Halbfinale miterleben wollte.
"Die Stimmung beim Viertelfinale gegen Griechenland war grandios, weil auch viele Fans der Hellenen in der Halle waren", bestätigt Hambacher, was auch am Fernsehbildschirm schon zu sehen war. Der Privatsender RTL stieg ab dem deutschen Viertelfinale in die Übertragung ein. Sogar ihre Mutter habe es sich angeguckt und war begeistert, erklärt Frebert. Sie gucke normalerweise nie Sport. Und neben dem deutschen Sieg hatte der Dienstag noch etwas Gutes: Freberts Freundin bekam endlich Giannis Antetokounmpo zu sehen.