
Hat Ralf Santelli beim 2:2 (2:1) der Würzburger Kickers beim Karlsruher SC eine Rothosen-Mannschaft gesehen, die alles aus sich herausgeholt hat? Wirklich konkret wurde der Trainer des Fußball-Zweitligisten bei seiner Antwort nicht. "Wir haben jetzt die zweite Englische Woche hinter uns und hatten richtig gute Spiele, auch gute Ergebnisse", sagte der 52-Jährige. Fünf von 18 möglichen Punkten haben die Kickers bislang unter seiner Leitung im Endspurt dieser Saison geholt. "Wir gehen jetzt die nächsten Schritte und schauen, was unter dem Strich dabei herauskommt."
Wer sich vor allem das Abwehrverhalten der Würzburger vor dem zweiten Gegentor kurz vor dem Pausenpfiff in Erinnerung ruft, wird sich jene Frage selbst beantworten können. KSC-Kapitän Jerome Gondorf durfte in der Nachspielzeit der ersten Hälfte völlig ungestört aufs Kickers-Tor zu spazieren, ehe Dominik Kother einen von Hendrik Bonmann nach vorne abgewehrten Ball von Tim Breithaupt zum 2:1 abstaubte. Eine Mannschaft, die sich mit aller Macht gegen eine drohende Niederlage und den damit fast sicheren Abstieg stemmt, sieht anders aus.
Dietz ist einer der Gewinner unter Santelli
Dass es zwei Patzer von Karlsruhes Keeper Marius Gersbeck für die beiden Tore der Rothosen brauchte, ist bezeichnend für diese Saison. Dass mit Lars Dietz ein unter Santellis Vorgängern aussortierter Spieler den Ausgleich in der Nachspielzeit erzielte und so den vorzeitigen Abstieg der Kickers an diesem Wochenende verhinderte, passt zu der Mannschaft unter ihrem vierten Trainer. Dietz ist ein klarer Gewinner unter Santelli, traf in den letzten vier Spielen drei Mal und ist zusammen mit Marvin Pieringer (beide jeweils vier Tore) zweitbester Torschütze hinter Ridge Munsy (sieben Tore).
Nicht nur der 24-Jährige, auch Tobias Kraulich und Frank Ronstadt profitieren vom neuen Übungsleiter. Beide waren vor dessen Installation nur selten zum Zug gekommen. Ob Santelli das Trio einfach stärker einschätzt oder aber dem etwaigen, künftigen Drittligapersonal mehr Spielzeit zukommen lassen will, bleibt Spekulation. Unumstritten ist aber, dass die drei die Chance nutzen, um sich beim Verein oder aber potenziellen neuen Arbeitgebern zu empfehlen.
Für Stefan Maierhofer bleibt nur die Tribüne
Kaum noch Beachtung finden derweil Innenverteidiger Douglas und Angreifer Stefan Maierhofer. Der Brasilianer hat seinen Stammplatz an Kraulich verloren, der Österreicher, der zuvor zumindest als Joker zum Einsatz gekommen war, saß unter Santelli ausschließlich auf der Tribüne. Zwar hatte der 38-Jährige mit Rückenproblemen zu kämpfen, nahm aber zuletzt wieder am Mannschaftstraining teil. Sein Vertrauen scheint Santelli aber lieber anderen Spielern zu schenken. Ebenfalls auf dem Abstellgleis stehen Mitja Lotric und Martin Hasek - beide standen unter dem Deutsch-Italiener noch nie über die volle Spieldauer auf dem Platz. Für mehr Einsatzzeit empfohlen haben sich die Mittelfeldspieler bei ihren Auftritten aber nicht.
Mit welchem Personal auch immer: Noch haben die Kickers eine Chance auf den Klassenerhalt, so gering sie auch sein mag. Eintracht Braunschweig und den VfL Osnabrück können die Rothosen noch einholen - der SV Sandhausen ist durch das 4:2 gegen Hannover 96 bereits unerreichbar für die Würzburger. Die Formel für das, was dann definitiv als Fußball-Wunder bezeichnet werden dürfte, lautet wie folgt: Braunschweig darf keine, Osnabrück noch maximal drei Punkte holen - und die Kickers müssen alle drei ausstehenden Duelle gewinnen und außerdem die jeweils bessere Tordifferenz aufweisen.
Das Pfund im Saisonendspurt: Die Santelli-Elf spielt noch gegen beide Konkurrenten im Abstiegskampf, als nächstes in zwei Wochen gegen Osnabrück. Sollte dem Hinspiel-Sieg auch noch einer zu Hause folgen und Braunschweig in Düsseldorf verlieren, haben die Kickers am vorletzten Spieltag ein echtes Endspiel bei der Eintracht. Ein Szenario, das der jüngste Auftritt beim KSC nicht realistisch erscheinen lässt. Theoretisch möglich bleibt es dennoch.