Vielleicht sagt diese kleine, auf den Spielstand keinen Einfluss nehmende Szene kurz nach Wiederbeginn mehr aus als alle wortreichen Analysen im Anschluss der Vorstellung. Der Münchner Nihad Djedovic hatte an den Ring geworfen, um die Kugel stritten dann seitlich unter dem Korb Florian Koch und Vladimir Lucic, die beide sich den Ball griffen. Obwohl die Schiedsrichter bereits abgepfiffen hatten, rangelten sie weiter. Bis der Würzburger Bundesligaspieler mit einem entschlossenen Ruck und ziemlich böser Miene dem Serben, der sieben nationale Meisterschaften feierte und einen Europapokalsieg, das Spielgerät wegnahm. Koch wollte es mehr. Zumindest in dieser Szene.
Da neben allem Willen im Sport freilich meistens vor allem das Können über Sieg und Niederlage entscheidet, half auch alle Leidenschaft, die Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg aufs Parkett legte, nicht viel am Sonntagnachmittag. Mit 82:90 (43:42) unterlagen die Baskets dem Titelverteidiger FC Bayern München, dem sie vor allem in der ersten Hälfte nicht nur Paroli boten, sondern ein engagierter und ebenbürtiger Spielpartner waren. Dass es am Ende auch ergebnistechnisch wieder freundlicher aussah, nachdem die Münchner im Schlussviertel zwischenzeitlich mal auf 18 Punkte davongezogen waren, lag auch daran, dass der Euroleague-Teilnehmer die Partie etwas arg sorglos ausklingen lassen wollte, während die Würzburger bis zum Ertönen der Schlusssirene nicht aufgaben und in den letzten gut 100 Sekunden einen 14-Punkte-Rückstand (70:84) bis 11,4 Sekunden vor Schluss auf vier Zähler reduzierten (82:86). Was nochmal für prächtige Dezibelausschläge in der Arena sorgte.
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Die Partie entschieden die Münchner, die es in dieser Woche mit den spanischen Euroleague-Brocken Real Madrid und Saski Baskonia Gasteiz zu tun bekommen, letztlich mit einem 15:3-Lauf direkt nach der Pause, mit dem sie ihren knappen Halbzeitrückstand in eine komfortable Elf-Punkte-Führung drehten. Diese bauten sie dann bis etwa Mitte des Schlussviertels auf 18 Zähler aus. Was den montenegrinischen Bayern-Trainer Dejan Radinjic zu der Einschätzung brachte, dass es "sehr wichtig war, zu Beginn der zweiten Hälfte einen guten Job zu machen".
Den taten die Hausherren in den ersten 20 Minuten, als sie mit einer Intensität (und auch Treffsicherheit) ans Nachmittagswerk gingen, die doch etwas überraschen durfte nach dem eher weitestgehend blutarmen Auftritt am Sonntag zuvor gegen Alba Berlin (82:110). "Zufrieden ist ein Wort, dass es eher selten gibt im Vokabular eines Trainers", meinte Baskets-Coach Denis Wucherer. Aber natürlich war er zufriedener als vergangene Woche, weil "unser Auftritt heute kein Vergleich war dazu und wir einen viel besseren Zugriff aufs Spiel hatten als noch gegen Berlin". Allerdings bemängelte er auch, dass "wir nicht mit derselben Energie aus der Kabine kamen, wie wir sie in der ersten Halbzeit an den Tag gelegt haben". So war für Wucherer also nun "eins von den zwei Spielen" gegen die Platzhirsche der Liga "okay".
Die Bayern verstanden es vor den Augen von Bundestrainer Henrik Rödl, der vermutlich vor allem die Nationalspieler in Münchner Diensten, Maodo Lo, Paul Zipser und Danilo Barthel unter die Lupe nahm, hervorragend, Würzburgs Jordan Hulls aus der Partie zu nehmen, der nicht allzu häufig zum Werfen kam, was ihn offenbar ein bisschen frustrierte, weil er auch die leichten Würfe mehrheitlich versemmelte. Nur zwei seiner 20 Versuche aus dem Feld fanden ihr Ziel - für den US-Amerikaner eine ziemlich ungewöhnliche und unterirdische Quote.
Und was den Würzburgern noch weh tat: Die Bayern brachten Luke Fischer sehr früh in die Foul-Bredouille. "Das ist auch die Cleverness des Gegners", meinte Wucherer, der seinen Center nach gerade einmal drei Minuten erstmals runter holte vom Parkett nach dessen zweitem Foul. Viel Zeit verbrachte der frisch gebackene Vater dann nicht mehr an den Körben, da er jedes Mal, wenn er sich darunter tummeln durfte, gleich wieder ein Foul gegen sich gepfiffen bekam. Fischer, der es unter anderem mit Münchens Stareinkauf Greg Monroe, der 632 NBA-Partien auf seinem schrankwandbreiten Buckel hat, zu tun hatte, konnte sich keinen einzigen Rebound schnappen und erzielte in seinen gut acht Minuten Spielzeit vier Punkte. Sechs Minuten und elf Sekunden vor Schluss, nach seinem fünften Foul, war der ziemlich unerquickliche Arbeitstag von Fischer dann endgültig beendet.
"Wir sind gerade ein bisschen kurz im Kader", sagte Wucherer und verwies auf den Langzeit-Verletzten Brekkott Chapman (Meniskusanriss), der in der Reha wohl bereits erste Fortschritte macht, und den frisch verletzten Joshua Obiesie (doppelter Bänderriss im Sprunggelenk). Deshalb durfte diesmal neben den Pro-B-Spielern Philipp Hadenfeldt und Rytis Pipiras, die schon häufiger Bundesliga-Atmosphäre schnupperten, Jonas Weitzel sein Debüt im Oberhaus feiern (und seine ersten zwei BBL-Punkte). Das Trio mache "einen sehr guten Job", lobte Wucherer, der freilich hofft, den ersehnten Chapman-Ersatz bereits am Dienstag im Training begrüßen zu dürfen. Am heißesten gehandelt in der Gerüchteküche wird aktuell der 25-jährige Kongolese Luc Tselan Tsiene Etou, derzeit noch beim französischen Erstligisten Cholet Basket unter Vertrag, aber dort offenbar nicht ganz glücklich.
Was den Baskets Mut machen kann für die nächsten Begegnungen, die Wucherer "für uns richtungsweisend" nannte: Nachverpflichtung Victor Rudd macht ganz offensichtlich schnell Fortschritte beim Aufholen seiner Fitness-Defizite, durfte diesmal zum Sprungball aufs Feld, erzielte 13 Punkte und hielt gut 27 Minuten durch. Offenbar auch ein großer Verdienst von Athletiktrainer Philipp Burneckas, der auch außerhalb der offiziellen Trainingseinheiten viel mit dem Amerikaner arbeitet und von Wucherer darob belobigt wurde. Und: Cameron Wells scheint in der Form seines Lebens zu sein. Was der 31-jährige Texaner derzeit abliefert, ist außergewöhnlich, nicht nur, weil er sich inzwischen zum treffsichersten Baskets-Akteur entwickelt hat mit durchschnittlich 16,2 Punkten in jeder Partie (gegen die Bayern warf er 17). Er führt die Mannschaft, und die hört auf ihn. "Er hat die Rolle des Leaders angenommen", sagt Wucherer, der weiß, was er an dem US-Amerikaner hat, mit dem er bereits die fünfte Saison zusammenarbeitet. "Er geht mit ganz großen Schritten voran", so Wucherer, "und ist ein Vorbild". Und Wells' Spielmacher-Kollege Skyler Bowlin, der gegen die Bayern besonders giftig agierte, ist auch wieder in der Spur. Zehn Punkte fehlen ihm nun noch zu seinem 1000. in der Bundesliga.
Nach dem jüngsten Auftritt braucht den Baskets jedenfalls nicht allzu bange zu sein vor den nächsten Aufgaben im arbeitsreichen November gegen den Mitteldeutschen BC (Samstag, 18 Uhr), in Ulm (9.11., 18 Uhr), gegen Frankfurt (17.11., 15 Uhr) und Ludwigsburg (23.11, 20.30 Uhr) sowie in Bamberg (26.11, 19 Uhr). Anschließend kann man auch ein wenig besser abschätzen, wohin die Reise für die Baskets gehen könnte in dieser Spielzeit.