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HANDBALL: 2. BUNDESLIGA
Der Trainer, der Corona nur knapp überlebte: "Es war verdammt hart"
Zwei Monate Intensivstation. Zwölf Tage Koma. Und ein langer Weg zurück ins Leben. Wie die Erkrankung Stephan Swat von Rimpars Gegner Aue verändert hat - zum Positiven.
'Die Ärzte hatten mir eine Überlebenschance von weit unter 20 Prozent gegeben': Stephan Swat, der Trainer des Handball-Zweitligisten EHV Aue, kämpfte vor knapp einem Jahr mit einer schweren Corona-Infektion. In der Rehaklinik in Flechtingen bei Magdeburg (Bild) fand er allmählich zurück ins Leben.
Foto: Ronny Hartmann | "Die Ärzte hatten mir eine Überlebenschance von weit unter 20 Prozent gegeben": Stephan Swat, der Trainer des Handball-Zweitligisten EHV Aue, kämpfte vor knapp einem Jahr mit einer schweren Corona-Infektion.
Natalie Greß
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:20 Uhr

Es ging um Leben und Tod für Stephan Swat. Fast zwei Monate lag der Trainer des Handball-Zweitligisten EHV Aue Ende 2020 auf der Intensivstation, zwölf Tage im Koma. Wegen einer Corona-Infektion. "Es war ein sehr prägendes Jahr", sagt der zweifache Familienvater. Seit dieser Saison ist Swat zurück in seinem Job. Eine Woche vor dem Gastspiel der DJK Rimpar Wölfe im Erzgebirge (Mittwoch, 27. Oktober, 19 Uhr) sprach der frühere Kreisläufer in einem Telefonat mit dieser Redaktion über seine Erkrankung und was sie ihn gelehrt hat.

Frage: Herr Swat, wie geht es Ihnen heute?

Stephan Swat: Ich bin leider immer noch nur eingeschränkt belastbar. Die Lunge funktioniert noch nicht so, wie sie soll. Es kann auch niemand sagen, ob sie das noch mal zu 100 Prozent wird. Und ich habe noch Nervenschädigungen im rechten Arm und Taubheitsgefühle in den Zehen und Beinen. Aber ich laufe wieder, und freue mich mehr über das, was geht, als dass ich damit hadere, was nicht geht. Das Entscheidende ist: Ich lebe.

Dass Sie überleben würden, danach sah es eine Zeit lang nicht aus. Wie geht es Ihnen psychisch?

Swat: Gut. Ich nehme das Leben viel bewusster wahr als vorher. Das hört sich immer so platt an, aber es ist tatsächlich so. 

Haben Sie Angst, dass Sie sich noch mal infizieren könnten?

Swat: Eher Respekt als Angst. Ich achte - wie allerdings auch vorher schon - darauf, dass ich Menschenansammlungen meide, zumindest dass ich nicht ohne Maske bin. Ich bin auch zweimal geimpft. Von daher gehe ich davon aus, dass, selbst wenn ich noch mal Corona bekommen würde, es nicht noch mal so schwer verlaufen würde.

Konnten Ihnen die Ärzte erklären, warum Sie so einen schweren Verlauf hatten?

Swat: Nein. Die Ärzte rätseln selber. Ich hatte auch keine Vorerkrankungen und gehörte zu keiner Risikogruppe. 

Mit 44 sind Sie ja auch noch relativ jung.

Swat: Richtig. Ich war das Küken auf der Intensivstation, haben sie dort immer gesagt. Anfangs hatte ich einen Zimmerkollegen, der war 79. Er hat's Gott sei Dank auch geschafft. Damit war er so ein Stück weit Vorbild für mich. Ich dachte: Wenn's der schafft, dann schaffst du das auch. Aber es war verdammt hart, echt ein Kampf.

"Das Entscheidende ist: Ich lebe."
Stephan Swat, Trainer des Handball-Zweitligisten EHV Aue
Angefangen hat er mit der Infektion. Wissen Sie, wo Sie sich angesteckt haben?

Swat: Es kann nur beim Handball gewesen sein. Wir hatten am 14.11.2020 das Heimspiel gegen Bietigheim. Dort haben sich entweder die Bietigheimer bei uns oder wir uns bei ihnen angesteckt. Am Montag danach hatten wir Mannschaftstraining, am Dienstag dann die regulären Tests. Da waren schon die ersten Spieler von uns positiv, ich noch nicht. Wir mussten dann alle in Quarantäne, und beim nächsten Test am Freitag, es war der 20.11., war mein Ergebnis dann auch positiv.  

Hatten Sie da schon Symptome?

Swat: Ja, der Test war nur noch die Bestätigung für meine Befürchtung. Ich hatte am Donnerstag schon leicht Schnupfen und Unwohlsein. Am Freitag hab ich für meine Familie Mittagessen gekocht und nichts mehr gerochen, obwohl ich was gebraten habe. Und dann ging's schnell. Am Sonntag lag ich mit 41 Grad Fieber zu Hause, am Montag haben wir versucht, mit Antibiotika und Blutverdünnern entgegenzuwirken, aber es ging rapide abwärts. Am Mittwochfrüh, den 25.11., hat meine Frau in Absprache mit unserem Mannschaftsarzt den Notarzt gerufen, da war ich schon fast im Delirium. Die Sanitäter im Krankenwagen haben mich dann sofort an den Sauerstoff angeschlossen. Ab da ging die Maschinerie los.

Erinnern Sie sich noch, was Sie beim Abschied von Ihrer Familie gedacht haben?

Swat: Ich dachte mir: Das wird schon werden. Mein Ziel war es, Anfang Dezember wieder zu Hause zu sein. 

Stattdessen wurden Sie ins Koma verlegt.

Swat: Ja, das war am 8.12. Da ging nichts mehr. Trotz Beatmung waren meine Werte so schlecht, dass es lebensbedrohlich war. So lag ich zwölf Tage im Koma. Dann hab ich durch einen Hustenanfall den Tubus (Plastikschlauch zur künstlichen Beatmung, Anmerkung der Redaktion) rausgehustet. Obwohl es kritisch war, fiel die Entscheidung, dass wir ihn nicht wieder reinschieben, sondern es konventionell versuchen. So vergingen die Tage, mit vielen anderen Schläuchen und vielen Medikamenten. Dass ich im Krankenhaus lag und dann Weihnachten war, hab ich in einem halbwachen Zustand mitgekriegt.

Wussten Sie, wie ernst es um Sie stand?

Swat: So richtig hab ich erst später stückchenweise aus Erzählungen von Ärzten und meiner Frau erfahren, dass es nicht fünf vor zwölf, sondern eigentlich schon zwölf war. Die Ärzte hatten mir eine Überlebenschance von weit unter 20 Prozent gegeben. Jetzt erst hatte ich wieder ein Gespräch mit einer Ärztin, die meinte: "Zu Weihnachten hätte ich nicht einen Euro auf Sie gewettet." Hab ich gesagt: "Hätten Sie mal gemacht, dann wären Sie jetzt reich!" (lacht) 

"Als ich zum ersten Mal wahrgenommen habe, dass meine beiden Kinder bei mir am Bett stehen, da wusste ich, wofür ich kämpfe."
Stephan Swat, Trainer des Handball-Zweitligisten EHV Aue
Können Sie sagen, was entscheidend dafür war, dass Sie überlebt haben?

Swat: Meine Familie, die ich unbedingt wiedersehen wollte. Irgendwie war da der Gedanke: So kannst du nicht gehen. Die Ärzte haben dankenswerterweise sehr viel Einfühlungsvermögen gezeigt und trotz Besuchsverbot eine Ausnahme gemacht. Als ich zum ersten Mal wahrgenommen habe, dass meine beiden Kinder bei mir am Bett stehen, da wusste ich, wofür ich kämpfe. Und als ich dann nach fast zwei Monaten Intensivstation und der ersten stationären Reha Anfang Februar für vier Tage nach Hause durfte, das war das Größte.

Sie wurden ja gebührend mit Transparenten willkommen geheißen. 

Swat: Ja. Meine Familie und meine Nachbarn hatten sich richtig viel Mühe gemacht. Die Einfahrt hochzufahren und das geschmückte Haus zu betreten, das war ein richtig schöner Moment. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich dran denke. 

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Der Weg zurück ins normale Leben, wie einfach oder schwer ist er?

Swat: Er war und ist extrem hart und lang. Es folgten dann neuneinhalb Wochen stationäre Reha in Flechtingen bei Magdeburg, wo es drum ging, mich körperlich aufzupäppeln, sodass ich den Tag ohne Sauerstoffgerät überstehen und alltägliche Bewegungen wieder ausüben konnte. Ich hatte 25 Kilo abgenommen und so gut wie keine Muskeln mehr. Und dann kamen noch mal vier Monate ambulante Reha. Noch heute gehe ich täglich zur Physio- und Ergotherapie. Es ist viel Schweiß geflossen, und das gebe ich zu, teilweise auch Tränen. Ich musste ja quasi von null anfangen. Zum Beispiel auf der Bettkante sitzen, da war ich nach einer Minute k.o. wie nach einem Marathon. Heute freue ich mich, auch mal einen schnelleren Spaziergang machen zu können. 

Was geht noch nicht wieder?

Swat: Fürs Joggen reicht die Luft noch nicht aus, da würde ich nach zwei Minuten japsen wie ein Hund. (lacht) Aber auch ganz einfache Dinge gehen nicht, weil die rechte Hand noch geschädigt ist. Das geht beim Türe aufschließen los. Ich bin mittlerweile ein ganz passabler Linkshänder geworden, spiele auch Tischtennis mit links. Ich trainiere weiter die rechte Hand, aber die Prognosen sind so, dass es mindestens zwei Jahre dauert, bis sie wieder normal funktioniert - falls sie das durch die Nervenschädigungen überhaupt noch mal tut.    

Da war die Welt noch in Ordnung: Stephan Swat im Dezember 2019 beim Spiel des EHV Aue gegen die DJK Rimpar Wölfe in der s.Oliver Arena in Würzburg. 
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Da war die Welt noch in Ordnung: Stephan Swat im Dezember 2019 beim Spiel des EHV Aue gegen die DJK Rimpar Wölfe in der s.Oliver Arena in Würzburg. 
Sie haben viel Anteilnahme aus ganz Handball-Deutschland erfahren. Was hat Sie besonders berührt?

Swat: Meine Spieler sind bei jedem Spiel in meinen alten Trikots eingelaufen, bis ich zum ersten Mal wieder in der Halle war. Das war schön. Aber ich habe mich auch über die Nachrichten und Genesungswünsche gefreut, die über alle Kanäle kamen. Es waren so viele, dass ich gar nicht alle beantworten konnte. Die Anteilnahme war überwältigend. 

Ihr Vertrag wäre nach der vergangenen Saison ausgelaufen. Trotz Ihrer Erkrankung hat der EHV Aue ihn verlängert. 

Swat: Darüber waren wir uns vorher schon mündlich einig. Umso schöner, dass der Verein zu seinem Wort gestanden hat. Das gibt mir eine gewisse Sicherheit, dass ich in Ruhe gesund werden kann. Unser Manager Rüdiger Jurke war jeden Tag mit meiner Familie in Kontakt, der Zusammenhalt ist gut und tut gut.

Im Moment führen Sie die Mannschaft als Trainer-Trio. Sie sitzen während Spielen noch auf der Tribüne. Wäre es auf der Bank noch zu stressig?

Swat: Ja, dafür reicht die Luft und die Belastungsfähigkeit einfach noch nicht aus.

In der Handball-Bundesliga gelten die meisten Spieler und Trainerkollegen als geimpft. Wie ist es beim EHV?

Swat: Bei uns in der Mannschaft sind nicht alle geimpft. Ich muss das akzeptieren, auch wenn ich es vielleicht nicht verstehen kann. Ich bin der Meinung, dass man nicht nur sich selbst, sondern auch sein Umfeld schützen sollte. Ich möchte zum Beispiel nicht meine Eltern anstecken und dann die Last tragen müssen, wenn sie im schlimmsten Fall sterben. Aber das sind persönliche Entscheidungen, die jeder für sich treffen muss. Wer sich nicht impfen lässt, der muss eben mit allen Konsequenzen leben und darf sich nicht über Einschränkungen beschweren. 

Wie begegnen Sie Corona-Leugnern?

Swat: Nur noch mit Kopfschütteln. Diese Leute sollen auf die Intensivstationen gehen und sich das Leid dort anschauen. 

Rückblickend: Wie hat Sie das vergangene Jahr verändert, Herr Swat?

Swat: Es hat mich zu einem positiveren Menschen gemacht. Wie gesagt, ich lebe bewusster, bin gelassener geworden, weniger gestresst und gehe die vielen kleinen Dinge, die so selbstverständlich erscheinen, viel demütiger und freudbetonter an. Ob es der Kaffee auf der Terrasse mit der Familie ist oder der Gang zur Arbeit in die Halle - für all das bin ich heute dankbar und genieße es. Ich weiß jetzt, dass wirklich jeder Tag wertvoll ist.

 
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  • lutterbeck
    Ich wünsche Ihm Alles Gute, aber ich stelle mir die Frage: Wenn er an Krebs erkrankt wäre wäre es besser gewesen?. In der Mainpost wird das Thema Corona hochgehalten, aber es gibt noch andere und viel schlimmere Krankheiten.
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  • Lebenhan1965
    @ detlefd

    Corona wird durch Viren verbreitet und es gibt jetzt eine schützende Impfung.

    Mit Krebserkrankungen, die durch Vererbung und/oder Lebensweise verursacht werden und die nur ansatzweise durch prophylaktische Impfungen verhindert werden können, ist das nicht vergleichbar.

    Der Ansatz der Gesundheitspolitiker hier zu mehr Impfungen zu motivieren ist schon richtig.
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  • Inschenioer
    Jetzt muss ich aber doch noch ein paar Worte dazu loswerden :

    Corona und Impfung alles schön und gut.

    Ich möchte mich DetlefD anschließen: Corona hatte und hat seinen Platz und wird in 1/2 Jahr für Europa ziemlich Geschichte sein. Das ist gut so, denn über Corona neigen wir dazu, die anderen mindestens genauso schlimmen Krankheiten und noch schlimmere Krankheiten zu vergessen. Das ist nicht gut. Wir müssen wieder den Fokus aufweiten, selbst wenn wir eine vierte Welle bekommen: es gibt genauso krebskranke Patienten in den Krankenhäusern und die und andere Patienten sind jetzt nicht Patienten zweiter Klasse, nur weil sie gerade kein Corona haben.

    Vielleicht wird so ein Schuh draus: wenn ich mich jetzt vernünftig verhalte, dann bleibe ich gesund und belege nicht einen Platz im Krankenhaus oder auf der ITS, den ein anderer Mensch mit einer schweren Erkrankung durchaus benötigt.
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  • Inschenioer
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  • lutterbeck
    Tja, das sieht man nun an Julian Nagelsmann, bzw an den vielen Impfdurchbrüchen. Ich als Geimpfter komme mir verarscht vor. Wahrscheinlich profitieren die Gesundheitpolitiker von der Impfung, ich möchte nicht wissen was auf deren Privatkonto monatlich von der Pharmaindustrie kommt.
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  • Lebenhan1965
    @ detlefd

    Ja, es gibt Impfdurchbrüche, aber es gibt trotzdem viele Argumente sich impfen zu lassen.

    Auf den Intensivstationen sind 90% der wegen Covid19 benötigten Betten von Ungeimpften belegt, bei einer Quote in der Gesamtbevölkerung von etwas über 30%.

    Und Sie sollten von ein paar bestechlichen Abgeordneten der Union nicht auf alle schließen. Von den Erlösen der Pharmaindustrie aus Corona Impfstoffen landet vermutlich nichts auf Privatkonten der Gesundheitspolitiker.
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  • Arcus
    ich hatte in der ersten Welle einen Bekannten verloren. 49 Jahre, Sportler und keine bekannten Vorerkrankungen. Das hat mir einen gewaltigen Schreck eingejagt. Und ja, ich war heilfroh als ich mich impfen lassen konnte. Herrn Swat und allen die an den Folgen einer Coronainfektion immer noch leiden, beste Genesungswünsche.
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Eine beeindruckende Geschichte. Ich wünsche ihnen gute Besserung und vollständige Genesung Herr Swat. Corona muss weiterhin ernst genommen werden. Impfen und die bekannten Hygienemaßnahmen schützen. Corona zu leugnen ist nach wie vor dämlich.
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  • rw.kreiselmeier@gmx.de
    Ein wirklich sehr interessantes Interview. Ich wünsche Herrn Swat weiterhin gute Besserung und hoffe, dass dadurch der letzte Impfverweigerer merkt, dass er um Leben und Tod pokert, wenn er sich nicht impfen lässt!
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