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Fußball: Zweite Bundesliga
Der Kickers-Arzt erklärt das Corona-Wirrwarr
Warum drei Tests der Würzburger Zweitliga-Kicker "falsch positiv" waren und wie die Proben bei den Profikickern ablaufen. Fragen und Antworten.
Er musste wegen eines 'falsch-positiven' Corona-Tests beim Auswärtsspiel in Hamburg zuschauen: Abwehrspieler Douglas.
Foto: Frank Scheuring / foto2press | Er musste wegen eines "falsch-positiven" Corona-Tests beim Auswärtsspiel in Hamburg zuschauen: Abwehrspieler Douglas.
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:24 Uhr

Große Aufregung gab es vergangenes Wochenende im Lager der Würzburger Kickers. Drei vermeintliche Corona-Fälle hatten den Rothosen-Tross in Aufregung versetzt. Am Ende stellte sich alles als falscher Alarm heraus. Sowohl die beiden zunächst positiv getesteten Co-Trainer, als auch Abwehrmann Douglas waren nicht infiziert. Trotzdem konnte Douglas bei der 1:3-Niederlage nicht mitwirken. Ein Fall, der auch noch vor dem Heimspiel der Kickers am Sonntag (13.30 Uhr) gegen Bochum Fragen aufwirft:

Wie konnte es zu den drei "falsch positiven" Corona-Tests bei den Würzburger Kickers am vergangenen Wochenende kommen?

Es ist eine Frage der Testmethode, erklärt Dr. Josef Zimmermann, Mannschaftsarzt der Kickers, Internist und beim Klub vom Dallenberg als Hygienebeauftragter für die Ausführung der Bestimmungen zum Schutz vor dem Corona-Virus zuständig. Die Deutsche Fußball Liga DFL habe sich bewusst für besonders sensitive, sprich hochempfindliche, Testmethoden entschieden, um auf Nummer sicher zu gehen. Das Risiko, einen Infizierten zu übersehen, sei so sehr gering, allerdings steige auch die Wahrscheinlichkeit, dass Tests bei Spielern positiv ausfallen, die gar nicht infiziert sind, erklärt Zimmermann. Der Verdacht, dass es sich bei den positiven Ergebnissen der drei Mannschaftsmitglieder, die keinerlei Corona-Symptome zeigten, am vergangenen Samstag vielleicht um falschen Alarm handelte, lag schon aufgrund der sehr hohen CT-Messwerte  von 37 und 40 der als positiv gewerteten PCR-Tests nahe. Je höher der CT-Wert, desto geringer ist die Menge der nachgewiesenen SARS-CoV-2-RNA der untersuchten Probe. CT-Werte größer als 30-35 gelten als Hinweis auf eine sehr niedrige Viruskonzentration. Darüber hinaus wird die Trennschärfe zwischen richtig und falsch positivem Testergebnis immer schlechter. Das Problem: Die Zeit, um mit einem zweiten PCR-Test für Klarheit zu sorgen, war zu gering.Die endgültigen Negativbefunde der zwischenzeitlich im Testlabor veranlassten PCR-Kontrolltests der drei Positiven haben die Rothosen zwei Stunden nach Spielende erhalten.

Kickers-Mannschaftsarzt Dr. Josef Zimmermann.
Foto: Silvia Gralla | Kickers-Mannschaftsarzt Dr. Josef Zimmermann.
Warum konnte das Spiel in Hamburg trotz der "falsch positiven" Test stattfinden?

Weil in aller Eile die restlichen Mannschaftsmitglieder in Hamburg nochmals mit einem Antigen-Schnelltest untersucht wurden und dabei alle Ergebnisse negativ ausfielen. Solche Antigen-Tests dürften bald zum Beispiel auch bei Besuchen im Altenheim zum Einsatz kommen. Diese Antigen-Tests sind weniger empfindlich, das Ergebnis liegt aber innerhalb kurzer Zeit (15-30 min) vor. "Wenn der Test negativ ist, weiß man, dass man niemanden hat, der hochinfektiös ist", stellt Kickers-Arzt Zimmermann aber fest. Auch ein Schnell-PCR-Test kam in Hamburg zum Einsatz. Mit ihm könnte man ein Team auch noch am Spieltag rasch testen. Eine solche Testmethode ist bei DFL-Partien bisher aber nicht als Regelfall vorgesehen.

Was sind die Konsequenzen aus dem Corona-Wirrwarr des vergangenen Wochenendes?

Goldstandard bleibt weiterhin der sensitive PCR-Labortest. Die Schnelltest-Methode wird einstweilen nicht eingeführt. Stattdessen hat die DFL den Zeitraum, in der ein Auswärtsteam getestet wird, aufgrund der Vorkommnisse rund um die Kickers, erhöht. Bislang galt: Ist in der Heimatstadt eines Klubs der Inzidenzwert höher als 35, darf die Testung frühestens 36 Stunden vor Spielbeginn stattgefunden haben. Die Konsequenz war: die Ergebnisse gab es meist erst, nachdem das Team bereits an den Spielort angereist war. Nun sollen Auswärtsmannschaften frühestens 52 Stunden vor Spielbeginn getestet werden, damit schon vor der Abfahrt zum Spiel die Ergebnisse vorliegen und die Klubs entsprechend reagieren können.

Wie oft werden die Profikicker in den höchsten drei Spielklassen getestet?

Zweimal in der Woche. Bei den Kickers in der Regel am Dienstag und dann, je nachdem, wann das Spiel stattfindet am Freitag oder am Samstag.

Wie laufen diese Tests ab? In welchen Labors werden die Ergebnisse ausgewertet?

Die Abstriche bei den Spielern übernehmen die Hygienebeauftragten der Klubs oder von ihnen eingewiesene Vertreter. Bei den Kickers also entweder Klub-Arzt Zimmermann oder eine Person aus dem medizinischen Stab des Klubs. Für die Auswertung der Tests gibt es von der DFL zertifizierte Labors, die rund um die Uhr arbeiten müssen - auch am Wochenende. Bei den Kickers arbeitet man aktuell mit einem Testlabor in Augsburg zusammen, das die Proben in Würzburg beim Klub abholt und auswertet.

Wer bezahlt die Tests?

Die Klubs selbst. In der vergangenen Drittliga-Saison wurden die Tests aus einem Solidarfonds der Champions-League-Teilnehmer bezahlt. Nach dem Aufstieg in die Zweite Bundesliga müssen die Kickers nun die Kosten tragen und mit dem Labor die Konditionen vereinbaren.

Nehmen die Profifußballer Testkapazitäten in Anspruch, die anderswo gebraucht würden?

Die Geschäftsführerin der Fachgemeinschaft Akkreditierte Labore in der Medizin Cornelia Wanke verneint das trotz der zweiten Virus-Welle. Der Anteil der Bundesliga an der Gesamtzahl aller Corona-Tests in Deutschland liege „weit unter einem Prozent - irgendwo im Promillebereich“, sagte sie vergangenes Wochenende der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Auch Kickers-Arzt Zimmermann stellt fest: „Die Testlabore funktionieren noch immer super."

Muss man angesichts der Vorkommnisse am vergangenen Wochenende am DFL-Konzept zweifeln?

Dazu gibt es laut dem Würzburger Teamarzt Zimmermann keinen Anlass. "Im DFL-Konzept sind viele Einzelheiten geregelt. Das ist – wenn alle Vorgaben eingehalten werden – in seiner Gesamtheit noch immer eines der besten Hygienekonzepte, die es während dieser Pandemie in Deutschland gibt."

 
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Kommentare
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  • aboehnke
    Ob das Augsburger Labor wohl das ist, das diese Woche wegen dramatisch vieler falsch-positiver Werte ins Blickfeld kam? Und bei dem nicht mal die Kommune Augsburg selbst testen lässt?
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  • steve67
    In den USA gab es eine Untersuchung, in der festgestellt wurde, dass für den Staat Massachussetts bei Anwendung eines Ct-Werts von 25 (d.h. nur hohe ansteckende Viruslast wird positiv angezeigt) 90 % der zuvor positiv Getesteten negativ gewesen wären. Das mit den Ct-Werten von 37 und 40 kann doch nur bedeuten, dass ein Großteil aller positiv Getesteten bei uns auch eigentlich nicht ansteckend sind, denn man muss davon ausgehen, dass die meisten Labore mit diesen Werten arbeiten.
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