
Wenn Tischtennis-Rekordmeister Borussia Düsseldorf kommt, sind die Hallen voll. "Es funktioniert", erklärte Geschäftsführer Alexander Schilling die Praxis, zweimal pro Saison mit einem Heimspiel auf die Reise quer durch die Republik zu gehen. Gar 340 Kilometer weit weg von der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens schlugen die Düsseldorfer für ihre Partie gegen den TSV Bad Königshofen auf.
Würzburg sei die "Tischtennis-Hauptstadt Deutschlands", wenn das Bundesliga-Spitzenspiel des Zweiten gegen den Vierten dort stattfinde, hatte Düsseldorfs Manager Andreas Preuß versprochen. Auf diesen, auch für Schilling "ganz besonderen Tag" hatte der TTC Kist als Ausrichter fast ein ganzes Jahr hingearbeitet. Zum 75-jährigen Bestehen beschenkte sich der Verein nun selbst mit diesem Großereignis.
Rekordkulisse und Reisestrapazen für Düsseldorf
"Das Publikum ist ein anderes als bei echten Heimspielen. Es staunt und beobachtet mehr als anzufeuern. Nichtsdestotrotz war es eine tolle Stimmung", freute sich Preuß an dessen Ende über einen nicht nur aus sportlicher Sicht – Düsseldorf gewann mit 3:1 – gelungenen Tischtennis-Nachmittag in Würzburg vor rund 2900 Zuschauerinnen und Zuschauern. Unter ihnen auch zahlreiche aus Bad Königshofen, die mitgekommen waren, um die Gäste im diesmal so nahen Auswärtsspiel lautstark zu unterstützen.
"So viele Menschen bewegen zu können, ist für unseren Sport großartig", erklärte Preuß. Bewegt hatten auch die Düsseldorfer so einiges, um die Würzburger tectake Arena in ihre Heimspielstätte zu verwandeln. Neuneinhalb Stunden hatten sie tags zuvor mit zahlreichen Helferinnen und Helfern des TTC Kist den Innenraum aufgebaut.

Die Mannschaft selbst war direkt vom Champions-League-Spiel im tschechischen Havirov über Frankfurt nach Würzburg gekommen. Erst zwei Tage zuvor hatte sie in Tschechien das Hinspiel im Achtelfinale gewonnen (3:1, Rückspiel am 20. Dezember), und das nur zwei Tage nach dem vorherigen Bundesliga-Spiel beim TTC Schwalbe Bergneustadt (3:1).
Für Würzburg abzusagen, ist für Boll kein Thema
Im Bergischen Land hatte Timo Boll seinen 500. Sieg im Trikot von Borussia Düsseldorf gefeiert. Auch in Würzburg erhielt der 43-Jährige, als ihn Hallensprecher Max Nötzold vorstellte, tosenden Applaus. Diesen Auftritt in Würzburg, nur 100 Kilometer von seinem Heimatort im Odenwald entfernt, wollte sich Boll, obwohl er zuvor die Reise nach Tschechien krank abgesagt hatte, nicht nehmen lassen. Schließlich waren die meisten auch oder nur deswegen gekommen, ihn ein letztes Mal live spielen zu sehen.
Das erste Mal aus den Sitzen fuhr das Publikum, nachdem sich Dang Qiu von Düsseldorf und Jin Ueda von Bad Königshofen im vierten Satz des ersten Einzels den spektakulärsten Ballwechsel dieses Nachmittags auf der circa vier Quadratmeter großen Platte geliefert hatten. Den Punkt gewann zwar Ueda, nach 35 Minuten hatte aber Qiu das Düsseldorfer 1:0 erzielt. Danach machte der Schwede Anton Källberg kurzen Prozess mit Filip Zeljko, 2:0.

Timo Boll, auf den wohl alle gewartet hatten, bekam gut zwei Stunden, nachdem ihn die Halle so herzlich empfangen hatte, und nach einer auf 30 Minuten verlängerten Pause seinen Auftritt: Um 17.11 Uhr retournierte er die erste Angabe von Martin Allegro.
Martin Allegro besiegt Timo Boll auf dessen Bühne
Boll gewann den ersten und dritten, Allegro den zweiten und vierten Satz. Den fünften entschied Allegro überraschend mit seinem zweiten Matchball für sich. Der 28-jährige Belgier vom TSV Bad Königshofen wirkte in diesem Moment gar etwas erschrocken, so als müsse er sich gleich dafür entschuldigen, was ihm gerade gelungen war.

Das Publikum – der Bad Königshöfer Teil war aus dem Häuschen – nahm's dem Belgier aber nicht krumm, sondern bewies feines Gespür. Es belohnte Allegro und verabschiedete Boll mit stehendem Applaus. Und freute sich auf ein weiteres Einzel, nachdem es anfangs nach einem schnellen Erfolg für die Rheinländer ausgesehen hatte.
In diesem rangen Qiu und Zeljko um den ersten Satz, danach gewann der Düsseldorfer aber im Eiltempo auch die folgenden zwei Sätze und sicherte seiner Mannschaft, indem er den ersten Matchball verwandelte, nach fast drei Stunden den Sieg.
Hunderte von Fans warten auf Boll und ein Autogramm
Mit diesem fiel auch die Anspannung bei Düsseldorfs Trainer Danny Heister ab: "Wir hatten zwar einen Höllentrip hinter uns", spielte er auf die Reisestrapazen an, "aber wenn so viele Zuschauer in der Halle sind und alles so perfekt organisiert ist, gibt das einen zusätzlichen Schub." Für ihn war die Reise nach Würzburg eine in die eigene Vergangenheit: Von 1994 bis 1996 spielte der heute 53-Jährige zwei Jahre Tischtennis für die Würzburger Kickers: "Es war sehr schön, ehemalige Teamkollegen von damals zu treffen."

Nach der Partie, nach Interviews und vielen Fotos, auf dem Weg vom Innenraum ins Foyer, wo Hunderte von Fans warteten, um sich den Autogrammwunsch erfüllen zu lassen, hielt Timo Boll kurz inne: "Es hat Spaß gemacht. Ich habe mich voll ins Zeug gelegt, leider hat das nicht ganz gereicht. Entscheidend ist aber, dass wir erfolgreich waren."
Tischtennis: Bundesliga, Männer
Borussia Düsseldorf – TSV Bad Königshofen 3:1
Ergebnisse, Einzel: Dang Qiu – Jin Ueda 3:1 (11:8, 11:8, 9:11, 11:5), Anton Källberg – Filip Zeljko 3:0 (11:8, 11:3, 11:3), Timo Boll – Martin Allegro 2:3 (11:2, 8:11, 12:10, 9:11, 10:12), Dang Qiu – Filip Zeljko 3:0 (17:15, 11:4, 11:6).