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Fußball
Big Data im Amateurfußball: Wie der Bayernligist FV 04 Würzburg auf Spielanalyse mit modernen Methoden setzt
Nicht nur Profi-Klubs, auch Bayernligisten wie der FV 04 Würzburg nutzen Erkenntnisse, die sie aus Daten gewinnen: Jürgen Walther erklärt, was er macht und was es bringt.
Der Würzburger Jürgen Walther ist Datenanalyst beim FV 04 Würzburg.
Foto: Marco Scheder | Der Würzburger Jürgen Walther ist Datenanalyst beim FV 04 Würzburg.
Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:24 Uhr

Angriffszonen, Laufleistungen oder Diagramme, die darstellen, in welchen Zonen des Platzes sich ein Spieler oder die Mannschaft häufiger bewegt, sind mittlerweile bei einer Fernsehübertragung in der Fußball-Bundesliga kaum mehr wegzudenken. Aber nicht nur dort. Seit eineinhalb Jahren nutzt auch der FV 04 Würzburg die Spieldatenanalyse im Leistungsbereich des Amateurfußballs.

"Ich hatte in einem Interview gelesen, dass der damalige Trainer Harald Funsch Interesse an einer Spielanalyse mithilfe von Daten hat, und mich dann initiativ bei ihm gemeldet", erzählt Jürgen Walther. Der Würzburger arbeitet hauptberuflich als "Data Scientist" und hat sich in den vergangenen Jahren zusätzlich Wissen über die Datenanalyse im Fußball angeeignet.

Im Rahmen der Würzburger Web Week stellt Walther vor, wie es sich beim FV 04 in der Fußball-Bayernliga, der fünfthöchsten Spielklasse Deutschlands, anwenden lässt.

Was in der Bundesliga mit 20 eigens dafür im Stadion angebrachten Kameras automatisch gemessen wird, muss auf einem Amateursportplatz freilich händisch erhoben werden. In den Bayernligen können Spiele mit den Kameras von Sporttotal aufgezeichnet und ins Internet übertragen werden. Dieses Videomaterial nutzt Walther als Datenquelle. 

Auch der neue FV-Trainer will Walthers Analysen nutzen

Etwa drei Stunden benötigt er, um ein Fußballspiel mit einer selbst geschriebenen Software zu analysieren. Anschließend kann er dem Trainer beispielsweise mitteilen, ob die Mannschaft eher mit langen oder kurzen Pässen agierte, wie viele davon angekommen sind oder über welche Seite das Team bevorzugt angriffen habe.

"Es wäre fahrlässig, es nicht zu nutzen, wenn ich diese Möglichkeit hier habe", sagt der neue FV-Trainer Philipp Eckart. Als Co-Trainer bei den Würzburger Kickers oder beim Drittligisten Erzgebirge Aue habe er auch schon zuvor mit solchen Daten gearbeitet und freue sich deshalb auf die Zusammenarbeit mit Walther beim Bayernligisten.

Generell sei Fußball schwieriger in Zahlen zusammenzufassen als andere Sportarten, weil der Zufall dabei eine größere Rolle spiele, erklärt Walther. Oft seien einzelne Aktionen entscheidend. "42 Prozent aller Tore entstehen durch Zufall", sagt er. Wenn Fußballspiele aber intensiver analysiert werden, sinke dieser Wert. Weniger Zufall also, oder: Erfolg nach Plan.

Mit Brustgurten wird die Laufleistung der Spieler ermittelt

Trainingsplanung, Transferstrategie und Spielgestaltung nennt Jürgen Walther als die drei wichtigsten Bereiche, in denen die Datenanalyse im Fußball Verantwortliche und Trainer bei ihren Entscheidungen unterstützen kann. Beim FV nutzt er ebenso Brustgurte, um die Laufleistung der Spieler zu messen. Mithilfe dieser Daten könnten Trainer das Training anpassen, um Verletzungen vorzubeugen oder Belastungen zu steuern.

Diese „Heatmap“ erstellte Jürgen Walther von einem Spiel des FV 04 Würzburg: Die roten Bereiche zeigen, wo sich das Geschehen während der 90 Minuten am häufigsten abspielte. Der Pfeil gibt die Spielrichtung an. In dieser Bayernliga-Partie griffen die Nullvierer also vornehmlich über die rechte Seite an.
Foto: Jürgen Walther | Diese „Heatmap“ erstellte Jürgen Walther von einem Spiel des FV 04 Würzburg: Die roten Bereiche zeigen, wo sich das Geschehen während der 90 Minuten am häufigsten abspielte. Der Pfeil gibt die Spielrichtung an.

Auch taktische Analysen fertigt Walther für das Trainerteam an und nennt ein Beispiel aus der vergangenen Saison. Wenn die Mannschaft defensiv agierte, entstanden daraus stets viele Eckbälle für den Gegner. Der Grund, der sich anhand der Positionsdaten offenbarte: "Wir standen zu tief, so führten viele abgefälschte Schüsse oder Pässe direkt zu Eckbällen."

Walther spielte früher selbst für den FV in der Bayernliga

Ebenso ließ sich feststellen, dass ein Spieler zwar eine extrem hohe Laufleistung hatte, aber nur wenige Ballgewinne verzeichnete. Seine Daten deckten auf, dass der Spieler bereits zuvor den Ball oft verloren hatte und die höhere Laufleistung daher kam, dass er seinem Gegenspieler anschließend hinterherlaufen musste.

Mit solchen nun klar belegbaren Erkenntnissen könne ein Trainer gezielt auf Spieler zugehen und mit ihnen an Schwächen arbeiten. Schließlich sei es heutzutage umso wichtiger für Trainer, eigene Beobachtungen belegen zu können. "Die jungen Spieler sind zwar wissbegierig, sie glauben aber auch nicht mehr alles sofort, was ihnen gesagt wird", sagt Walther.

Zu seiner aktiven Zeit gab es diese Möglichkeiten noch nicht: Er spielte als Verteidiger unter Trainer Michael Hochrein bis 2012 selbst für den FV in der damals noch eingleisigen Bayernliga. Inzwischen kickt der 32-Jährige nur noch nebenbei beim ETSV Würzburg II in der Kreisklasse. Eine solche Datenanalyse braucht es im Hobbybereich freilich nicht.

 
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