Die Rundfunksendung "Heute im Stadion" oder die Liveübertragung des Profi-Fußballs auf "Sky" haben Konkurrenz aus dem Amateurlager: Wer nicht die Bundesliga live hören oder sehen will, sondern seinen Verein in einer der bayerischen Spielklassen auf Verbandsebene, kann via Internet verfolgen, wie sich sein Klub gerade schlägt.
Der Dienstleister Sporttotal hat interessierten Vereinen seit 2017 eine vollautomatisierte Kamera zur Verfügung gestellt, die das Geschehen vom Rasen per Livestream überträgt – auf Computer, Tablets, Smartphones, überall dorthin, wo sich der Empfänger gerade befindet. Für ihn ist das Angebot kostenlos, was es auch weiterhin bleiben soll.
"Nahezu flächendeckend sind wir ab der Landesliga dabei", sieht Sebastian Dirschl, Social-Media-Manager beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV), die Digitalisierung des bayerischen Amateurfußballs auf einem guten Weg. In ganz Bayern zählt der Verband rund 290 installierte Kameras, wobei nicht alle genutzt werden: "Etwa 200 Partien zeigen wir pro Spieltag live", sagt Dirschl.
Sporttotal bietet neue Hard- und Software, aber erhöht auch den Preis
Diese Zahlen waren auch einem bewusst günstigen Einstiegspreis geschuldet. Dieser war für die Vereine durchaus erschwinglich und das Angebot daher verlockend, auch wenn das Kamerasystem noch manche Tücken hat, beispielsweise mitten im Spiel auf ein wegfahrendes Auto schwenkt oder hinter dem Tor spielende Kinder anstelle des Elfmeters auf der Gegenseite erfasst.
Diese Tücken sollen ab der Saison 2023/24 der Vergangenheit angehören. Das Unternehmen mit Sitz in Köln verspricht eine neue Hard- und Software. Diese werde schon jetzt in der Regionalliga bei den Würzburger Kickers und der SpVgg Unterhaching genutzt. In Zukunft sollen, sofern die technischen Voraussetzungen bestehen, auch alle andere Vereine damit ausgestattet werden.
Sporttotal will dafür aber auch neue Preise durchsetzen: Statt wie bisher zehn Euro fallen ab der nächsten Runde 70 Euro im Monat an, was bei manchen Vereinen gar nicht gut ankommt. "Die haben den Schuss nicht gehört", echauffiert sich Alexander Ziegler, Vorsitzender des Landesligisten DJK Schwebenried-Schwemmelsbach. "Erst haben sie die Vereine mit dem günstigen Angebot angefixt, und jetzt schrauben sie den Preis hoch. Das machen wir nicht mit. Die sind doch nicht ganz dicht", legt Ziegler nach.
Vereine wollen ihren Ärger auf der Landesliga-Tagung ansprechen
Mit dem Ärger steht er nicht alleine da. "40 bis 50 Euro könnte ich noch akzeptieren", sagt Bernd Riedlmeier, Vorsitzender des Landesliga-Aufsteigers DJK Dampfach. 70 Euro pro Monat seien für ihn dagegen zu viel.
Das sieht auch Ernst Gehling von der FT Schweinfurt so und hat nach eigener Aussage einen Antrag für die an diesem Donnerstag stattfindende Landesliga-Tagung gestellt, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Sein Ziel: Die Landesligisten sollten sich "mit einer Stimme" gegen diese Preiserhöhung aussprechen.
Wie sich sein Verein dann verhalten werde, stehe noch nicht fest, erklärt Sport-Vorstand Manuel Steigerwald vom Landesligisten TSV Karlburg: "Wir haben uns noch keine Meinung gebildet und werden uns die Argumente anhören."
Ebenso gibt es in Unterfranken noch Landesligisten, die gar keine Kamera am Platz haben. Dazu gehören der TSV Gochsheim oder die TuS Frammersbach: "Wir planen jetzt auch keine Anschaffung", sind sich der Frammersbacher Sportleiter Jochen Mill und der Gochsheimer Vorsitzende Bernd Friedel einig.
Abtswind hat das neue Sporttotal-Angebot bereits angenommen
Bayernligisten scheinen die neue Lage dagegen anders zu bewerten. "Im ersten Moment schreckt der neue Preis natürlich ab", weiß Marco Scheder, Vorstand Sport beim FV 04 Würzburg. Grundsätzlich sei sein Verein aber geneigt, die Übertragungen seiner Heimspiele weiterhin zu ermöglichen. "Ich weiß, dass es von vielen genutzt wird. Für den neuen Preis müssen die Qualität aber wesentlich besser und 99 Prozent eines Spiels tatsächlich zu sehen sein", sagt Scheder.
Entschieden hat sich bereits Bayernligist TSV Abtswind – für einen neuen Vertrag zum höheren Preis. "Wenn wir auswärts spielen, erwarten wir es vom Gegner, fairerweise bieten wir es dann auch bei unseren Heimspielen an", sagt der Abtswinder Manager Christoph Mix.
Der BFV geht mit dem neuen System von einer deutlichen Verbesserung des Angebots aus: "Bisher war der Preis sehr günstig", weiß Dirschl und gibt zu, dass es "auf den ersten Blick eine deftige Erhöhung" sei. Aber: "Die neue Kamera kann deutlich mehr als die alte", hebt er den Mehrwert hervor. "Es gibt nicht mehr nur den Livestream, sondern nach Spielende auch ein Video mit den Höhepunkten des Spiels sowie eine Zusammenfassung der Tore, die die Vereine dann über ihre Social-Media-Kanäle verbreiten können."
Das werde laut Dirschl bei den für jede Liga nun anstehenden Tagungen auch angesprochen: "Wir befürworten die Zusammenarbeit mit Sporttotal, sehen aber auch, dass 70 Euro eine Belastung für die Vereine darstellt. Genau das besprechen wir aktuell mit den Vereinen auf den Tagungen und in Online-Seminaren." Unter anderem würden dabei Möglichkeiten aufgezeigt, wie Vereine die Kosten durch eigene Werbung im Umfeld der Übertragungen refinanzieren könnten.
Verband betont Vorteile, den Amateurfußball attraktiver zu gestalten
Für den Verband stehe "die professionelle Außendarstellung des Amateurfußballs" im Vordergrund. "Und wie geht das besser als mit Videos", sagt Dirschl. Der BFV habe zwar keinen finanziellen Nutzen aus der Zusammenarbeit mit Sporttotal, könne die Videos aber auch auf seinen Kanälen ausspielen und somit den bayerischen Amateurfußball bewerben.
Fest steht, dass die alten Kameras nach dieser Saison nicht mehr genutzt und abgebaut werden. Wer eine neue Kamera und weiterhin Livestreams von seinen Heimspielen anbieten möchte, muss den höheren Preis akzeptieren. Laut Dirschl verhandelt der BFV aktuell aber auch noch mit Sporttotal, um für seine Vereine den Preis "noch etwas zu drücken".
Es handelt sich um bis zu 70 EUR im Monat und das je Verein - nicht je Zuschauer oder „User“. Die Vereine, die sich das nicht leisten können, sollen es halt einfach sein lassen.
Mein Verein liegt 270 KM von mir weg und ich schaue jedes Spiel, auch wenn die Qualität nicht so toll ist und dann noch ohne Ton. Ich würde ersatzweise definitiv nicht zu jedem Spiel ins Stadion fahren und bin sicher nicht alleine. Das kann sich offenbar kaum ein Kommentierender vorstellen.
die Übertragungen bringen den Vereinen nur Unkosten. Es fehlen Zuschauer dadurch und es entstehen sogar noch Kosten.
Würde mich nicht wundern wenn sich der müsst bald von allein erledigt hat.
Das ist doch lächerlich? Mir fällt kein Grund ein weswegen Amateurvereine sich auf solch einen Humbug einlassen sollten.
Normalerweise müssten die Vereine Geld bekommen die die Übertragung.
Sporttotal TV kann über Werbung Einnahmen generieren.
Üblicher Weise partizipieren dann die Vereine teilweise an diesen Einnahmen (analog TV Gelder in den Profiligen, natürlich mit wesentlich geringerem Umfang).
Ich kann Amateurvereine verstehen, die daran nicht teilnehmen werden. Ich kenne Leute die häufiger den (miserablen Sporttotal TV Stream) dem Gang ins Stadion vorziehen. Die Vereine legen definitiv drauf, da geringere Zuschauereinnahmen die durch keine Einnahmen aus den Streams ausgeglichen werden.
sporttotal gehört u.a. telekom, allianz, hyundai und bild und die wollen vor allem an die daten der endkunden heran. es wird sicher daher langfristig auch über ein persönliches abo laufen.
es ist ein unding, das die einnahmen der liverechte für sporttotal im bayerischen amateurfußball nur der bfv erhält, die vereine sehen keinen cent von diesem geld! sie müssen auch noch für die kameras zahlen. nun wird der preis dafür erhöht, was auch vorherzusehen war.
da es auch im amateurfußball mittlerweile ums geld und dabei in den unteren ligen nur sehr wenige vereine über investoren und viele sponsoren verfügen, wird das gefälle immer größer und so stirbt der amateurfußball in bayern langsam vor sich hin...
Entweder unterstütze ich meinen Verein vor Ort oder ich lasse es. Das gilt übrigens auch bei Auswärtsspielen, da die Heimmannschaft folglich die gleiche Thematik begleitet.