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Kommentar
Ausschluss von Transfrauen durch die Hintertür: Perfide Regeländerung durch den Schwimm-Weltverband
Transfrauen können physische Wettbewerbsvorteile haben. Warum es ein neues, faires System braucht, biologische Frauen zu schützen, ohne eine Minderheit zu diskriminieren.
Die Regenbogenflagge: Über Toleranz für queere Menschen wird viel gesprochen, in der Realität fehlt es mitunter an nachvollziehbarer Umsetzung.
Foto: Monika Skolimowska, dpa | Die Regenbogenflagge: Über Toleranz für queere Menschen wird viel gesprochen, in der Realität fehlt es mitunter an nachvollziehbarer Umsetzung.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:05 Uhr

Wir reden viel über Gendern und Toleranz. Und Antidiskriminierung. Wenn es in der Realität darauf ankommt, entpuppt sich Vieles als verlogenes Geschwätz. Das demonstrieren aktuell einige Sportverbände, allen voran der Schwimm-Weltverband Fina, mit neuen Wettbewerbs-Regularien für Transmenschen, insbesondere Transfrauen. Ohne das Wort in den Mund zu nehmen, verkündet die Fina, der unter anderem Leichtathletik und Fußball folgen wollen, deren Ausschluss vom Wettkampfsport. Ein perfides Vorgehen. 

Transfrauen sollen an Frauen-Schwimmwettbewerben nur noch teilnehmen können, wenn sie ihre Geschlechtsanpassung bis zum Alter von zwölf Jahren abgeschlossen haben. Was in Deutschland unmöglich ist, da die notwendige Hormontherapie regulär erst mit 16 Jahren, in Ausnahmefällen mit 14 Jahren begonnen werden darf. Eine geschlechtsangleichende Operation darf frühestens mit 18 Jahren vorgenommen werden. Allenfalls vor dem 14. Geburtstag mit der Einwilligung der Erziehungsberechtigten möglich: Die Einnahme von Pubertätsblockern - doch die sorgen nicht für den Abschluss einer Geschlechtsangleichung im juristischen Sinn. 

Verlust an Muskelmasse durch die Hormontherapie reicht nicht

Das Mitwirken von Transfrauen, so sie die männliche Pubertät durchlebt haben, ist ein zweischneidiges Schwert. Zwar verlieren sie durch die Hormontherapie und die rapide Absenkung des Testosteronwertes rund 15 Prozent ihrer ursprünglichen Muskelmasse. Der physische Wettbewerbsnachteil biologischer Frauen gegenüber biologischen Männer liegt jedoch bei durchschnittlich 40 Prozent. Bliebe trotz vergleichbarer Testosteronwerte ein immer noch beträchtlicher physischer Vorteil vieler Transfrauen gegenüber biologischen Frauen.  

Weswegen auch nur Transfrauen dieser Diskussion ausgesetzt sind, nicht Transmänner. Die gelten als physisch schwächer als biologische Männer - und stören nicht. Es geht nicht um Ethik, es geht um Erfolge - und Geld. Dann wird mit harten Bandagen gekämpft. Und übersehen, dass es kaum zu einer Überflutung des Wettkampfsports durch juristisch legitimierte Transfrauen kommen wird, bei 0,35 Prozent an der weiblichen Gesamtbevölkerung.

Womöglich mehr Fairness durch einen Testosteron-Quotienten

Bleibt die Frage, ob das bestehende Leistungsklassen-System diese Minderheit verträgt? Oder ob es, um biologische Frauen zu "schützen", detaillierte Leistungsklassen braucht, beispielsweise mittels eines Testosteron-Quotienten. Indiskutabel jedoch ist die Ausgrenzung von Transmenschen durch separate Trans-Wettbewerbe. Abgesehen davon, dass der Sport juristisch legitimierten Frauen (und Männern) ihre Legitimation wieder aberkennen würde, würde das für sie in sportliche Bedeutungslosigkeit führen angesichts minimalster Teilnahme-Felder. Es gibt ja ob möglicher Vorteile auch keine eigenen Wettbewerbe für Frauen über 1,90 Meter.

Vielleicht müssen wir uns einfach nur an Menschen gewöhnen, die im Sport einen Vorteil haben könnten. Im täglichen Leben erleben viele Transmenschen unerträgliche Benachteiligungen - darüber wird in der Öffentlichkeit weniger leidenschaftlich diskutiert.

 
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    Völlig richtige, logische und rationale Entscheidung. Frauen schwimmen bei den Frauen, Männern bei den Männern. Wären Transfrauen Frauen, würde man sie schlicht Frauen nennen, tut man aber nicht : - )
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  • M. S.
    Sehe ich völlig anders. Die Entscheidung der Fina war korrekt und das einzig richtige.
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  • J. F.
    "Detaillierte Leistungsklassen" und "Testosteron-Quotient". - Super. Vielleicht könnte man auch anfangen den Leistungsfetischismus insgesamt mit einem dicken Fragezeichen zu versehen.
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  • M. B.
    Da gebe ich Ihnen Recht. Hatte in meinem vorherigen Kommentar zu diesem Thema einen ähnlichen Gedanken formuliert. Es ist "nur" Sport, wenn plötzlich jemand einen Vorteil hat und besser ist, dann wird die/der bisherige Beste eben künftig Zweite(r) - und stirbt daran ganz sicher nicht. Es sollte wieder mehr die erbrachte Leistung im Vordergrund stehen und nicht das nackte Resultat. Mir ging es diesmal allerdings um einen anderen Aspekt. Lässt sich nicht immer alles in einen Text packen zwinkern Beste Grüße, Michi Bauer
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