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Fussball
Yusuf Emre Kasal ist bereit für die Karriere nach der Karriere. Und die soll nach ganz oben führen
Der Sennfelder will als Fußball-Trainer ganz nach oben. Nach etlichen schweren Verletzungen sorgte ein winziger Knorpel vor einem Jahr für das verfrühte Karriere-Aus als Profi.
Auf den Schweinfurter Fußballplätzen liegen für Yusuf Emre Kasal unzählige Erinnerungen. Hier auf dem ehemaligen Sportplatz des FC Altstadt etwa ging er nach den Spielen für die FC 05-Junioren mit seinem Vater häufig noch einmal Spielszenen durch, erinnert sich er 34-Jährige heute.
Foto: Steffen Krapf | Auf den Schweinfurter Fußballplätzen liegen für Yusuf Emre Kasal unzählige Erinnerungen. Hier auf dem ehemaligen Sportplatz des FC Altstadt etwa ging er nach den Spielen für die FC 05-Junioren mit seinem Vater häufig ...
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:46 Uhr

Nichts im Leben passiert ohne Grund, ist sich der gläubige Fußballer Yusuf Emre Kasal sicher. Der gebürtige Sennfelder erzählt bei einem Gespräch in den Schweinfurter Wehranlagen über sein ereignisreiches vergangenes Jahr. Seine Fußballschuhe hat der 34-Jährige früher als geplant an den Nagel gehängt. Ab kommenden Sommer beginnt seine zweite Karriere – als Cheftrainer des rheinland-pfälzischen Oberligisten TuS Mechtersheim.

Kasal muss selbst etwas schmunzeln beim Rekapitulieren. Nach einer fast zweistelligen Zahl an Knie-Operationen während seiner letztlich knapp 15 Jahre andauernden Profifußballer-Karriere war es am Ende ein winziges Stück Knorpel, das für den Schlussstrich sorgte.

Das Knie zwang den Fußballer zum Karriereende

Vor gut einem Jahr, zum Ende der Hinrunde der Saison 2021/22, plagten Kasal, in seiner zweiten Saison unter Vertrag beim türkischen Drittligisten Afyonspor, immer wiederkehrende Knieschmerzen, deren Ursache keiner der Ärzte feststellen konnte. Es entwickelte sich eine ziemlich unübersichtliche Gemengelage für den früheren türkischen Juniorennationalspieler.

Ans Aufhören dachte er eigentlich nicht. Sein Plan war es, bis Ende 30 professionell dem Leder hinterher zu jagen. Selbst Besuche und Behandlungen bei Top-Sportärzten in der Türkei lösten das Knieproblem aber nicht. Die mysteriösen Schmerzen, die mal gingen, aber immer wieder kamen, blieben.

"Ich werde diesen Job antreten, um irgendwann ganz oben zu sein."
Yusuf Emre Kasal, Ex-Fußballprofi aus Sennfeld

Damit zerschlugen sich auch Kasals Pläne, in der Winterpause 21/22 den Klub zu wechseln. Und es kam noch doller. Sein Klub Ayfonspor, bei dem der Sennfelder noch Vertrag bis 2024 hatte, stoppte die Gehaltszahlung an ihn. "Das war krass für mich. Ich war immer loyal zum Verein." Sein letztes Spiel für die Westanatolier bestritt der Routinier im September 2021.

Beim allwinterlichen Heimatbesuch vor einem Jahr sondierte Kasal mit seinem langjährigen Berater Orhan Lokurlu, der zusammen mit seinem Bruder eine Sportagentur betreibt, seine Lage. Zu den Klienten des Brüderpaar gehören unter anderem die Trainer Domenico Tedesco, Kenan Kocak und der Ex-Würzburger Bernhard Trares.

Der Berater riet seinem Schützling, die Situation sinnvoll zu nutzen und den Plan für die zweite Karriere als Fußballtrainer früher als anvisiert anzutreiben. Den Rechtsstreit mit Ayfonspor gewann der Unterfranke, der den Vertrag auflösen durfte und dem trotzdem das komplette Gehalt für die Restlaufzeit zusteht.

Die aktive Profi-Karriere des Yusuf Emre Kasal, mit mehreren Stationen in der Türkei und hierzulande unter anderem bei Jahn Regensburg und Waldhof Mannheim, war im Januar 2022 beendet. Bis Sommer wollte er einfach mal ohne Fußball zurechtkommen, erklärt er. Einen Amateurvertrag beim rheinland-pfälzischen Oberligisten TuS Mechtersheim, bei dem Lokurlu als sportlicher Leiter fungiert, unterschrieb er dennoch – für den Fall, dass die Schmerzen irgendwann weggehen sollten.

Die gewohnte Struktur war komplett weggebrochen

"Die erste Zeit war echt schwer", beschreibt Kasal die Wochen und Monate direkt nach dem Karriereende. "Ich fühlte mich wie im falschen Film." Die gewohnte Struktur, mit Training und Spielen brach komplett weg. Er probierte es in Mannheim mit einem klassischen Nine-to-Five-Bürojob. Es änderte nichts, an der "puren Leere", die er spürte.

"Das war ein Gefühl, das ich nicht kannte." Immerhin war die Ursache für das schmerzhafte Gefühl im Knie mittlerweile geklärt. Ein Orthopäde in Heidelberg entdeckte, dass ein kleines Stück Knorpel ins Kniegelenk rutschte. Bei einer Arthroskopie im April wurde das Problem behoben. Wäre das ein paar Monate früher geschehen, Kasal wäre wohl heute noch Profi. Stattdessen versuchte er jetzt im neuen Lebensabschnitt Fuß zu fassen.

Fernstudium zum Ernährungsberater und B-Schein

In der Sommerpause leitete er Athletik- und Individualtraining für junge Spieler aus Lokurlus Agentur. In der Vergangenheit bildete er sich in einem Fernstudium bereits als Athletiktrainer und Ernährungsberater weiter. "Das hat mir gutgetan. Ich war wieder in meinem Element", blickt er zurück. Parallel dazu machte den Trainer B-Schein, den er als Lehrgangsbester bestand.

Viele der Kasal-Spieler hätten sich deutlich verbessert, wie Offensivspieler Mert Özkaya vom TuS Mechtersheim. Der 20-Jährige, der bei der TSG Hoffenheim ausgebildet wurde, traf in der Vorsaison in der Oberliga sieben Mal, mit Kasals Individualbetreuung folgte in der Hinrunde der aktuellen Saison mit 18 Toren in 17 Spielen die Leistungsexplosion. Der Angreifer steht vor dem Sprung in den Profifußball.

Die Notizbücher aus der eigenen Karriere helfen auch heute noch

Dorthin will Yusuf Emre Kasal irgendwann auch wieder – und zwar als Trainer. In der nächsten Saison übernimmt er den TuS Mechtersheim als Cheftrainer. Die Besonderheit: neben dem regulären Mannschaftstraining für den Oberligisten wird Kasal für die Toptalente, viele davon kommen von renommierten Nachwuchsleistungszentren aus Hoffenheim oder Karlsruhe, zusätzlich individuelles Training anbieten. "Ich freue mich. Mir fehlt der Wettkampf nämlich sehr."

Es soll der Anfang einer großen zweiten Karriere werden. Als nächstes möchte er die A-Lizenz erwerben. Dass er einmal Trainer werden möchte, war ihm früh klar, jede Saison notierte er sich, was ihm bei seinen aktuellen Trainern gut gefiel und was nicht. Die Notizbücher besitzt er immer noch. Die letzte Zeit spitzte er öfter mal rein, verrät er.

Vieles nimmt er sich jetzt schon vor. Etwa verletzte Spieler nicht links liegen zu lassen, wie er es oft erleben musste. Seine Mannschaft soll das Spiel dominieren, kündigt er an. Für den ehemaligen Jugendspieler der SG Sennfeld kann der Sommer nicht früh genug kommen, er sprudelt nur so vor Energie und Vorfreude: "Ich werde diesen Job antreten, um irgendwann ganz oben zu sein."

 
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