
Georg Lang fährt zweigleisig: im Winter auf kalten Kufen, im Sommer auf heißen Reifen. Die Eishalle tauscht er im Frühling mit dem Asphalt, die Eishockey-Bayernliga mit der deutschen Meisterschaft im Bergrennen. In der geht es – im Gegensatz zu den meisten Wettbewerben im Motorsport – nicht im Kreis herum, sondern über ein paar Kilometer stetig bergauf.
Aktuell steht noch Eishockey auf dem Programm des Schweinfurters. Georg Lang entschied sich im Dezember für den Vereinswechsel von Haßfurt zurück nach Schweinfurt. ERV statt ESC, Mighty Dogs statt Hawks und Abstiegs- statt Aufstiegskampf.
Eishockey-Stationen in Schweinfurt, Höchstadt und Haßfurt
Der 31-Jährige möchte zum Abschluss seiner Karriere (Lang: "Das ist nicht das richtige Wort, denn zu einer Karriere gehören große Erfolge.") noch einmal für jenen Verein auflaufen, bei dem er auch die ersten Schritte auf dem Eis wagte. Wobei: Ob seine Karriere, oder eben Laufbahn, nach der laufenden Saison ihren Abschluss findet, steht noch gar nicht fest.
Wenn es denn mal soweit ist, hätte der gebürtige Schweinfurter in der kalten Jahreszeit wieder mehr freie Zeit, die Georg Lang in den vergangenen 28 Jahren eigentlich immer mit Eishockey verbracht hat. In Schweinfurt, Höchstadt und Haßfurt. Und dann? "Muss ich nicht erst immer auf den Spielplan schauen, wenn ich mal zum Skifahren oder Snowboarden will", hätte der 31-Jährige kein Problem damit, viele Wochenenden nicht mehr im Bus auf dem Weg zu Auswärtsspielen zu verbringen. Rasanter Wintersport steht bei ihm aber auch dann, wenn er die Schlittschuhe an den Nagel gehängt hat, ganz hoch im Kurs.

In den wärmeren Monaten tauscht Lang die Eishockey-Kluft seit etlichen Jahren mit dem Rennanzug, widmet sich ganz und gar dem Motorsport. Er fährt für das Team seines Vaters Uwe, vierfacher Deutscher Meister im Bergrennen. Und rast mit seinem Boliden, einem Formel Renault Evo, etwa jedes zweite Wochenende Berge hinauf. Mit Erfolgen: Lang ist hier aktueller deutscher Vizemeister – hier kommt er also am Begriff "Karriere" nicht vorbei.
Die Belohnung und der bisherige Höhepunkt: Ende Oktober des vergangenen Jahres nahm Georg Lang als einer von nur drei Deutschen – Teamkollege Alexander Hin war als amtierender Deutscher Meister ebenfalls am Start – erstmals an den FIA Hillclimb Masters in Portugal, quasi der Weltmeisterschaft im Bergrennen, teil. Mit Rang 47 im Gesamtklassement und einer Top-Ten-Platzierung in seiner Kategorie feierte er nach 30 Stunden Anfahrt an der Atlantikküste einen gelungenen Einstand im Kreis der weltbesten Fahrer.
Dafür musste der Eishockey-Saisonstart dann auch mal zurückstecken. Die über das gesamte Rennwochenende verteilten 350 000 Zuschauer waren den verspäteten Einstieg in den Wintersport aber allemal wert. "Selbst aus Deutschland waren so um die 50 Fans dabei", weiß Lang, dass Bergrennen auch hierzulande durchaus seine Anhänger hat.
"Ich hatte schon als Kind einen großen Bewegungsdrang", sagt Georg Lang schmunzelnd und weiß, warum ihn seine Eltern schon im Alter von drei Jahren in einen Sportverein schickten. Die Wahl fiel auf den ERV Schweinfurt, weil Vater Uwe Lang schon damals im Motorsport aktiv war und somit eben nur im Winter Zeit hatte, seinen Filius zu begleiten.
Und weil er 1993 in Sonthofen zu einer Meisterschaftsfeier der Rennsportler eingeladen war. In der dortigen Eishalle präsentierte ein Autohaus diverse Rennwägen in der Drittelpause eines Eishockeyspiels. "Die Atmosphäre hat mich dermaßen beeindruckt", erinnert sich der Rennstall-Teamchef an seine erste Begegnung mit dem Eishockey.
Seine Kindheit verbrachte er bei Papa Uwe in der Autowerkstatt
Rennsport sei für ihn anfangs zu kostenintensiv gewesen, berichtet Georg Lang. "Den muss man sich leisten können. Nur ein bisschen davon, funktioniert nicht. Man macht das entweder richtig, mit vollem Herzblut, oder man lässt es sein. Das ist wie beim Eishockey. Wenn du nur in einer Hobbymannschaft spielen willst, kannst du einmal pro Woche zum Training. Bei mir ist das intensiver. Und beim Rennen fahren ist es ähnlich: Wenn du ein gewisses Level erreichen willst, musst du mehr investieren."

"Zwangsbedingt", erklärt der 31-Jährige lachend, sei er dann doch ins Renn-Cockpit gestiegen. "Die Wochenenden im Sommer habe ich eh in der Werkstatt meines Vaters verbracht." Der Kontakt zu den schnellen Flitzern war also da. Nach der Berufsausbildung zum Industriemechaniker vor rund zehn Jahren habe er sich entschlossen, selbst das Lenkrad in die Hand zu nehmen. Zunächst im Slalom, um die für Bergrennen nötige Lizenz zu erhalten. In Hannover habe er kurz darauf das Auto gekauft, das er auch heute noch die Berge hinauf scheucht.
Sein nächster Schritt war 2019 der Umzug der Lang'schen Werkstatt. Aus einer bis dahin genutzten Scheune in Sulzheim bei Gerolzhofen ging es in die neue Halle in Abersfeld bei Schonungen. In dieser werden sein Renault, die beiden Osellas von Uwe Lang und Alexander Hin sowie weitere Rennautos von Kunden gewartet. "Nachdem ich den Rennsport ähnlich intensiv betreibe wie mein Vater, war das notwendig", begründet Lang die Investition in eine neue Halle.
"Bergrennen sind der Grundstein des Motorsports in Deutschland", erklärt Georg Lang, dass es "eigentlich kein Rennen gibt, dass nicht auf einer Landstraße seinen Ursprung hatte". Motodrome, also Rundkurse, hätten sich erst später entwickelt, "weil die Bergrennen zum einen zu gefährlich schienen und auch nicht medienwirksam genug waren", ergänzt Uwe Lang die Entwicklung ihrer Sportart.
"Die Geschwindigkeit ist schon ein wenig der Kick", sieht dessen Sohn durchaus Parallelen zwischen Eishockey, der "schnellsten Mannschaftssportart der Welt", und Motorsport. Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 220 Stundenkilometern jagt er seinen etwa 250 PS starken Renault die Strecke hinauf. "In erster Linie ist es aber das Adrenalin. Das wird in beiden Sportarten sehr kräftig ausgeschüttet. Beide sind auch sehr emotional."
Bei den Bergrennen ist Georg Lang noch einer der Jüngeren
Beim Eishockey sei die körperliche Fitness die Voraussetzung, im Auto die mentale. Und diese sei bei Bergrennen besonders gefordert: "Du hast da nicht die Möglichkeit, dich auf die eine perfekte Runde vorzubereiten. Die Strecke ist in deinem Kopf, die fährst du fünf- oder sechsmal in Gedanken durch."
Geld verdienen lässt sich mit dem Fahren dagegen kaum, insofern ist es für den Schweinfurter ein teures Hobby. Pro Saison muss er 12 000 bis 13 000 Euro aufwenden, eventuelle Schäden noch gar nicht eingerechnet. Aber: "Es gibt Hobbys, die teurer sind", sagt Georg Lang, der auch mit Unfällen schon seine Erfahrungen gemacht hat. 2015 hat er sich im österreichischen St. Anton fünfmal überschlagen, beim zweiten Crash in Mickhausen bei Augsburg prallte er mit 150 km/h rückwärts in eine Betonmauer – und überstand beide zum Glück ohne größere Verletzungen. Dadurch kamen gut 20 000 Euro zusätzliche Reparaturkosten zusammen.
Der Crash in St. Anton im Video:
Die sportliche Zweigleisigkeit geht nun aber langsam ihrem Ende entgegen. Die Eishockey-Laufbahn steht, wenn es keine "Overtime" gibt, vor dem Abpfiff. Die Zielflagge beim Rennsport ist hingegen noch nicht zu sehen. "Ich zähle bei den Bergrennen noch zu den Jüngeren", sieht Georg Lang noch einige Jahre vor sich. "Bis Mitte 50", plant er noch, Berge hinauf zu fahren. Und seiner Karriere noch den einen oder anderen Höhepunkt hinzuzufügen.