Er habe gestern den ganzen Abend überlegt, sagt er einer Schülerin zu Beginn des Trainings. Henryk Fabian hatte sich die Frage gestellt, welche Sportart die beste der Welt sei –und kam schließlich zum für ihn "eindeutigen Ergebnis": Fechten. Der polnische Sportwissenschaftler lebt und liebt die Sportart seit Jahrzehnten. Mit 72 Jahren trainiert er immer noch die Fechterinnen und Fechter der TG Schweinfurt. Eine Liebe, die nicht erlischt.
Er gilt als Schweinfurts Fechthäuptling. Unter ihm trainierten schon die späteren Weltklasse-Fechter Martin Schmitt und Alexandra Ndolo. In den Siebzigern feierte Fabian, der als 14-Jähriger mit dem Degenfechten begann, große Erfolge auf der Planche. Neben mehreren polnischen Meistertiteln gehörte die Teilnahme an der Universiade 1979 in Mexiko City zu den Höhepunkten seiner aktiven Laufbahn.
Vor mittlerweile vierzig Jahren schloss er sein Studium zum Diplom-Sportlehrer und -Fechttrainer erfolgreich ab. Einige Jahre später verschlug es Fabian vom polnischen Katowice nach Deutschland und letztlich nach Schweinfurt, wo er seit 1987 Fechten bei der TG trainiert und seinen sportlichen und privaten Heimathafen gefunden hat. Mit seinen Schützlingen holte er weit über einhundert Titel.
Fleiß und Intelligenz als Grundvoraussetzungen
In der 1998 eingeweihten Fechthalle im Keller der TG Schweinfurt steht der großgewachsene Fechtmeister mehrmals die Woche, um überwiegend den Nachwuchs im Degenfechten zu trainieren. "Diese Halle wurde mit Blut, Schweiß und Tränen von unseren Mitgliedern gebaut", erinnert er sich. Da, wo früher eine Kegelbahn war, ist heute alles vorhanden, was es für ein optimales Fechttraining nötig ist. Sogar Rollstuhlfechten ist möglich. Fechten ist in Fabians Welt ohnehin für jeden etwas.
"Diejenigen, die fechten wollen, müssen fleißig und intelligent sein", sagt Fabian der Trainingsgruppe, die vor ihm im Halbkreis steht. "Und sie müssen fies sein", legt er mit seinem typisch schelmischen Grinsen im Gesicht nach. Wenn der Pole im Gespräch über seine Leidenschaft einmal in Fahrt kommt, ist er kaum noch zu stoppen. Fechten sei vor allem antizipieren, sagt er, über den besonders schnellen Sport, bei dem selbst er als TV-Zuschauer Zeitlupen braucht, um zu erkennen, wer zuerst getroffen hat. "Du musst schon vorher ahnen, was der Gegner macht", sagt Fabian.
Viel wichtiger als großer sportlicher Erfolge scheint ihm der Umgang mit den Schülerinnen und Schülern. "Es braucht die Verbindung zwischen Trainer und Schüler. Beide müssen wollen, sonst wird das nichts." Aktuell zieht Fabian mit seiner Abteilung mal wieder eine Gruppe neuer Talente hoch.
Im Frühjahr 2020 war die monatelange Corona-Pause für die damaligen Talente ein harter Rückschlag. Und das, wo die Abbruchquote im Fechtsport bei Kindern und Jugendlichen eh besonders hoch sei, erklärt Fabian. Es gelte vor allem die erste Phase, in der es Niederlagen hagele, zu überstehen. Aber darin, einen langen Atem haben, sind die TG-Fechter echte Spezialisten. Allen voran ihr Häuptling.