Rainhard Fendrichs Ohrwurm "Es lebe der Sport", war bestimmt selten passender platziert, als bei den Feierlichkeiten der TG Schweinfurt in der Hans-Appold-Halle anlässlich des 175-Jährigen Vereinsjubiläums. "Er ist gesund und macht uns hort", heißt es weiter im Refrain.
Aus allen 22 Abteilungen führten Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in einer kurz vorher einstudierten Choreographie ihre Sportart vor. "Er gibt uns Kraft, er gibt uns Schwung", wusste schon Fendrich. "Er ist beliebt bei oid und jung." Von Fechten, über Handball, Turnen und Triathlon bis hin zum Cricket, könnte ein Sportverein nicht vielfältiger aufgestellt sein. Für die musikalische Begleitung des Festakts sorgte die vereinseigene Big-Band – ebenfalls eine Abteilung der TG.
In die Gratulanten reihten sich neben der politischen Prominenz auch Vertreter der Sportverbände ein – BLSV-Präsident Jörg Ammon fand genauso den Weg nach Schweinfurt wie Alfons Hölzl, Präsident des Deutschen Turnerbundes und des Bayerischen Turnerverbandes.
Als "weltoffenen Traditionsverein, der seit seiner Gründung immer flexibel und anpassungsfähig sein musste", beschrieb der Vorstandsvorsitzende Reginhard von Hirschhausen in seiner Begrüßungsrede seine TG. Es waren die "bekannt renitenten Schweinfurter", die dafür sorgten, dass der Verein über eine derart lange Zeit existieren konnte.
Staatssekretär Sandro Kirchner, selbsternannter "Vereinsmeier", überschlug sich in seiner Rede fast mit den lobenden Worten. "Dieses tolle Angebot, das hier dargeboten wird, hängt in erster Linie vom Ehrenamt ab", stellte er fest und hob auch den integrativen und inkludierenden Charakter des Sports, gerade wie er bei der TG gelebt wird, hervor. "So ein Verein wird auch zur zweiten Familie. Hier entstehen Freundschaften fürs Leben."
32. Bayerische Landesturnfest war ein Höhepunkt
Fest verwurzelt mit der TG ist auch die Familie des Schweinfurter Oberbürgermeisters Sebastian Remelé. Alle Familienmitglieder sind TG-Mitglieder, verriet der OB bei seiner Ansprache für den ältesten Sportverein der Stadt – und einen der ältesten bayern- und deutschlandweit. Remelé erinnerte an ein Highlight seiner bis dato zwölfjährigen Amtszeit; an das 32. Bayerische Landesturnfest, das 2019 in Schweinfurt stattfand, an dem die TG Schweinfurt maßgeblich beteiligt war.
Über weitere Höhepunkte, teilweise auch Skurrilitäten, berichtete TG-Geschäftsführer Michael Horz in seiner launigen Zeitreise durch die Historie des Vereins, angefangen beim Gründungstreffen im Gasthaus zum Löwen, den allgemeinen Vereinsverboten nur zwei Jahre später. "Aber Turner können nicht stillhalten", merkte Horz an. Es ging weiter, erst mit Privatkursen im Turnen während des Verbots und ab 1860 wieder regulär.
Wunsch nach einer Turnhalle wurde lange nicht erfüllt
Der Wunsch nach einer Halle wurde lange nicht erhört, erst 1904 wurde endlich der Grundstein dafür gelegt. Zuvor tingelten die TGler in einer wahren Odyssee durch Schweinfurts Gebäude, vom Zeughaus bis zum Rathauskeller, um auch außerhalb der Freiluftsaison ihren Sport ausüben zu können.
Im Ersten Weltkrieg wurde die vereinseigene Halle zum Lazarett, im Zweiten Weltkrieg wurde sie komplett durch Bombenangriffe zerstört. 1940 wurden alle bis dahin gewonnenen Pokale und Medaille anlässlich des Geburtstags von Adolf Hitler eingesammelt und zu Munition verarbeitet. Die TG überstand auch diese schwere Zeit.
1962 wurde die neue Halle eröffnet, in der 1987 sogar mal Bundeskanzler Helmut Kohl zu Gast war. In den 1970ern und 1980ern folgten der Bau weiterer Sportstätten und das weitere Aufblühen der TG. "Wir alle zusammen sind die Turngemeinde", betonte der Vorstandsvorsitzende von Hirschhausen. Das Jubiläumsjahr wird – nach dem Festakt - mit monatlichen Veranstaltungen gebührend weiter gefeiert.
Schade, die herausragende Bedeutung und die Leistungen des Vereins in Vergangenheit und Gegenwart hätten auch in der Zeitung eine entsprechende Würdigung verdient. Stattdessen despektierliche Äußerungen über den Verein („feiert sich selbst“, in der Überschrift!) und denjenigen, der die öffentliche Anerkennung zum Ausdruck brachte ("selbsternannter "Vereinsmeier"").