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Fußball
Ein geraubter Bayern-Schal und ein Endspiel gegen die Russen in Indien: Dietmar Diekmann mit 75 noch im Tor
Den ehemaligen Schlussmann des FC 05 Schweinfurt und des SV Heidingsfeld kennen alle nur als "Holger". Und die Kids aus dem NLZ als unermüdlichen Torwarttrainer.
Immer noch am Ball: Dietmar Diekmann, ehemaliger Torhüter des FC 05, ist Trainer im Nachwuchsleistungszentrum der Schweinfurter. Und feiert seinen 75. Geburtstag.
Foto: Steffen Krapf | Immer noch am Ball: Dietmar Diekmann, ehemaliger Torhüter des FC 05, ist Trainer im Nachwuchsleistungszentrum der Schweinfurter. Und feiert seinen 75. Geburtstag.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 17.03.2024 02:38 Uhr

Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist ein wunderschönes. Ganz besonders im fortgeschrittenen Alter. Dietmar Diekmann wird am 11. März 75 Jahre alt – und ist immer noch Torwarttrainer im Nachwuchsleistungszentrum des Fußball-Regionalligisten FC 05 Schweinfurt. Für die 12- bis 15-Jährigen. "Die Kids kommen gern zu mir", so die Torwartlegende des Vereins.

Und sagt in Richtung eines weiteren U-70-Kollegen: "Der ganz genau weiß, was er an uns hat." Er meint neben sich den Torwarttrainer der Männer: Norbert Kleider, auch schon 72. Die "Alten" wissen bei den Nullfünfern halt, auf was es zwischen den Pfosten ankommt. "Wenn heute ein Junger käme, wäre ich sofort bereit, den Weg frei zu machen. Aber es kommt ja keiner", witzelt Diekmann. Den alle nur "Holger" nennen. Der Niedersachse war 1971 nach Schweinfurt gekommen – und da riefen seine neuen Mitspieler beim FC 05 den Keeper in Anlehnung an den früheren Hamburger Bundesliga-Fußballer Holger Diekmann eben so. Offenbar nach dem Motto: norddeutsch ist norddeutsch.

Neben dem neuen Namen hat Diekmann, der über 400 Mal für die Grün-Weißen aufgelaufen ist, auch den letzten Spieltag der Zweitliga-Saison 1990/91 nicht vergessen. Beim 0:0 ("ja, zu Null, sonst haben wir ja immer die Hosen voll bekommen") gegen Eintracht Braunschweig durfte er beim sang- und klanglos als Schlusslicht absteigenden FC 05 noch einmal ran, in der 84. Minute. Mit 42. Genau genommen mit 42 Jahren, drei Monaten und fünf Tagen. Damit war er Zweitliga-Rekordspieler, bis ihn 2006 der Saarbrücker Peter Eich überholte.

Meisterschaft und Bayernliga-Aufstieg unter Trainer Werner Lorant

Gespielt hat Diekmann von 1971 bis 85 in Schweinfurt, ehe es für zwei Jahre zum SV Heidingsfeld ging. Mit dem Würzburger Stadtteil-Klub stieg er unter Trainer Werner Lorant als Landesliga-Meister in die damals drittklassige Bayernliga auf. Danach schloss sich Diekmann nochmals dem FC 05 an, wurde zudem Torwarttrainer beim Lokalrivalen FT Schweinfurt.

Diekmann, der 1978 mit der Bayern-Auswahl bei einem internationalen Turnier in Indien Deutschland vertreten durfte und mit dem Team erst im Endspiel an der russischen Olympia-Auswahl scheiterte, erlebte jedoch nicht nur auf dem Platz Abenteuerliches. Im September 2021 verschlug es selbst ihm die Sprache, als er von einem Rad-Ausflug mit seiner Frau nach Hause kam und vor seinem Haus in Dittelbrunn einen Menschenauflauf vorfand. Mitten drin ein athletischer Mann. Der erst nur "Danke" sagt. Und dann: "Wissen Sie noch, damals gegen Bayern München?" Dann bekam er noch einen Bocksbeutel. Weil er diesem Fremden rund 40 Jahre zuvor dessen Fan-Schal vor rauflustigen 05-Fans gerettet habe.

Zusammen mit seinem Sohn gegen den TSV 1860 München

Es war ein Freundschaftsspiel gegen die Bayern vor 15.000 Zuschauenden im Sachs-Stadion. Auf der Gegengerade gab es Tumult: Weil der Großlangheimer Bayern-Fan Benno Förth über den Zaun kletterte, um zu seinen Idolen zu rennen. 05-Fans folgten ihm – und es gab was auf die Nase. Der Moment von Dietmar Diekmann: Der Keeper rannte zu einem der Schnüdel-Fans. "Ohne zu wissen, was da genau los ist, habe instinktiv gesagt: Gib den Schal wieder her." Und tatsächlich. Der Anhänger hörte auf den Kapitän "seiner" Mannschaft.

Heute, an einem März-Nachmittag, steht Dietmar Diekmann auf dem Kunstrasenplatz hinterm Schweinfurter Stadion. Zieht wie immer seine Torwart-Handschuhe an. Und fordert seine jungen Schützlinge: "Das ist hier keine Spielerei. Ich will Ehrgeiz sehen." Einer seiner beiden Söhne ist auch Fußballer geworden, allerdings Feldspieler. Und einmal standen beide sogar für den FC 05 gemeinsam auf dem Platz: "Gegen 1860 München im Pokal. Ich glaube, wir haben verloren."

 
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