Florian Pieper will nach Hause: "Ich bin schon lange weg von daheim und fühle eine gewisse Wehmut." Seit Juli 2017 spielt er für den Fußball-Regionalligisten FC 05 Schweinfurt, zum Saisonende hat er um die Vertragsauflösung gebeten. Am Samstag (14 Uhr, Sachs-Stadion) läuft er das vorletzte mal in einem Heimspiel auf, Gegner ist der designierte Meister SpVgg Bayreuth. Zwei Wochen später endet das Kapitel da, wo Piepers Laufbahn vor neun Jahren nach dem Wechsel aus der Frankfurter FSV-Jugend begonnen hatte – bei Viktoria Aschaffenburg. Mit erst 28 Jahren zieht der Stürmer den Schlussstrich unter seine Profi-Laufbahn, will Familie und Beruf in den Fokus stellen – und Fußball nur noch aus Spaß spielen.
"Einfach mit coolen Jungs auf dem Platz stehen und anschließend ein Bier trinken, egal, ob man gewonnen oder verloren hat" – vielleicht in der Hessenliga. Pieper geht es um das Wohlfühlklima, sagt, er sei "ein Spieler, der am besten spielt, wenn er der Mannschaft zu 100 Prozent vertraut". Da soll es künftig weniger um "Ernährung, Fitnessstudio, Punkteprämie und Geld" gehen, sondern um einen Beruf als Lebensfundament: Er beginnt eine Ausbildung in der Finanz- und Versicherungsbranche.
Und das deutlich näher am Heimatort Dieburg, gelegen im Dreieck Darmstadt-Aschaffenburg-Frankfurt. "Da leben meine Eltern, Großeltern, Freunde. Meine Schwester ist Mutter geworden, es ist schön, aus der Nähe mitzuerleben, was ich mir auch einmal vorstellen kann." Noch ist Pieper ledig – auch, weil er vieles dem Leistungsfußball untergeordnet hat. "Da verliert man viel Zeit. Ein Beispiel: Mein Neffe wurde getauft, wir hatten Spiel, ich konnte nicht hin. Das zehrt."
Gedanken aus der Corona-Zeit: Fußball liefert nicht mehr den Kick
Beim FC 05, für den er in dieser Saison bislang sieben Mal getroffen hat, habe man zwar enttäuscht auf den Entschluss reagiert, aber ihm keine Steine in den Weg gelegt. "Dafür bin ich unendlich dankbar. Ich wäre einfach nicht mehr glücklich geworden." Als Fußballer habe man zwischen den Trainingszeiten mehr Zeit nachzudenken, als herkömmliche Berufstätige. Es verfestigte sich der Gedanke: "Fußball hat mir nicht mehr den Kick wie früher gegeben." Die Corona-Zeit habe ihr Übriges dazugetan: "Es war schön, zu sehen, wie es ist, bei der Familie zu sein." Dann kam der Nichtaufstieg durch die verlorene Relegation gegen den TSV Havelse dazu.
Und eine Saison, in der die Schweinfurter alle Ziele verpassten und zuletzt Auflösungserscheinungen zeigten. "Wir haben es als Mannschaft verpasst, ein Team zu werden, uns aufeinander einzuschwören." Nach dem 2:2 bei Schlusslicht und Absteiger Rosenheim hatte Pieper gesagt: "Das war das letzte Mal, es macht keinen Spaß mehr." Eine knappe Woche später relativiert er: "Es war meine letzte lange Fahrt mit dem FC 05", da seien Erinnerungen hochgekommen: "Wir haben in den fünf Jahren, in denen ich hier bin, daheim und auswärts so unterschiedliche Gesichter zeigt. Ich habe das bei keinem anderen Verein erlebt."
Kreuzbandriss, Bakterienbefall und Oberschenkelbruch
Dass er künftig kürzertreten will, wird sein Köper gerne hören. Pieper war nach einer schweren Verletzung (Kreuzbandriss mit Bakterienbefall) aus der Zeit beim TSV 1860 München II sowie einem Jahr Pause nach Schweinfurt gekommen. "Ich war dankbar, dass mir der FC 05 die Gelegenheit gegeben hat." Dass es mit der Dritten Liga nie geklappt hat, erzeugt keine Wehmut: "Man muss meine Verletzungen sehen, ich hatte auch einen Oberschenkelbruch. Von daher bin ich stolz auf das Erreichte. Es sind Freundschaften geblieben. Und Highlights wie die DFB-Pokalspiele gegen Frankfurt und Schalke." Oder das BFV-Pokal-Viertelfinale 2017 gegen Unterhaching (2:1) mit zwei Pieper-Toren in der Schlussphase. Oder 2019 seine vier Treffer beim 4:3 gegen Rosenheim – nach 0:3-Rückstand.
So ein 4:3 wäre am Samstag ganz nach dem Sinn der Schweinfurter. Trainer Jan Gernlein erwartet, dass "wir gegen Bayreuth wieder Herz auf den Platz bringen", warnt aber auch: "Bayreuth steht voll im Saft, will unbedingt hoch." In den vergangenen drei Spielen gegen die Oberfranken (darunter das 3:0 im Hinspiel) hatte der FC 05 gewonnen, "weil wir immer gut vorbereitet waren auf die Räume, die sie uns bieten würden". Summa summarum sei die Wahrscheinlichkeit – auch wenn es der diesmal wieder im Tor stehende Bennet Schmidt nicht gerne hören dürfte – größer, dass es ein "Offensivspektakel wird als ein 0:0, 1:0 oder 1:1."
Spekulationen um Martin Thomann und Meris Skenderovic
Personell wird es beim Tabellendritten wie zuletzt recht eng, gleichwohl Lukas Billick nach seiner Gelb-Sperre zurückkehrt. Nicht spielen wird neben den Langzeitverletzten Martin Thomann, Vitus Scheithauer und Emir Bas Kickers-Neuzugang Thomas Haas. Im Training hatten zuletzt phasenweise neun Akteure gefehlt. Spekulationen gibt es um Thomann, der Gerüchten zufolge vor einem Wechsel zu den Kickers stehen soll, und Stürmer Meris Skenderovic – Münchner Medien berichten von einer Einigung mit dem schon im Winter interessierten TSV 1860 München.