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Fußball: Regionalliga Bayern
Trainer Julian Grell vom TSV Aubstadt glaubt: "Der Umbruch kann für uns langfristig eine große Chance sein"
Nach zahlreichen Abgängen laufen die Kaderplanungen beim TSV mittlerweile auf Hochtouren. Fest steht: Die Ansprüche müssen vorerst etwas zurückgeschraubt werden.
Trainer Julian Grell vom TSV Aubstadt blickt trotz des großen Umbruchs positiv in die Zukunft.
Foto: Anand Anders | Trainer Julian Grell vom TSV Aubstadt blickt trotz des großen Umbruchs positiv in die Zukunft.
Florian Karlein
 |  aktualisiert: 22.06.2024 02:37 Uhr

Nach seinem ersten Jahr als Cheftrainer des TSV Aubstadt in der Fußball-Regionalliga Bayern brauchte Julian Grell erst einmal ein paar Tage Urlaub, um sich von den Strapazen der vergangenen Saison zu erholen. Trotz der am Ende besten Platzierung der Vereinsgeschichte hatte es im Saisonendspurt viele Störgeräusche gegeben, und in den vergangenen Wochen insgesamt zwölf Spielerabgänge. Im Interview zum Trainingsauftakt spricht der 37-Jährige über die größten Herausforderungen in seiner Premierensaison, gesteht eigene Fehler in der Rückrunde und gibt Auskunft über die zukünftige Ausrichtung seines Herzensvereins.

Frage: Platz vier, die klare Nummer zwei in Unterfranken und lange Zeit die beste Heimmannschaft der Liga. Der TSV Aubstadt hat 2023/24 die beste Saison seiner Vereinsgeschichte gespielt. Wie sehr ärgert es Sie, dass diese tolle Leistung aufgrund der zahlreichen Störgeräusche am Saisonende immer mehr in den Hintergrund gerückt ist?

Julian Grell: Geärgert hat es mich gar nicht so sehr. Wir hatten einen großen Kader mit verschiedenen Charakteren. Unterm Strich war es die beste Saisonleistung in der Geschichte des TSV mit einem super vierten Platz, auf den wir im Verein alle stolz sind.

Für Sie war es auch das erste Jahr als Cheftrainer in der Regionalliga. Was waren rückblickend die größten Herausforderungen?

Grell: Das war schon eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, nicht immer einfach und hat einige Körner gekostet. Rückblickend war es eine sehr fordernde und erfahrungsreiche Saison, bei der wir als Trainerteam auch dazulernen konnten. Natürlich haben wir auch Fehler gemacht. Am Ende haben wir das aber bestmöglich organisiert. Der Erfolg gibt uns da auch recht.

An welche Fehler denken Sie da?

Grell: Wir haben in der Rückrunde extrem viel rotiert, um alle Spieler in unserem großen Kader mitzunehmen und sie möglichst alle zufriedenzustellen. Am Ende muss man sagen, dass das nicht die beste Entscheidung war.

Das Leistungsprinzip stand bei den Aufstellungen in der Rückrunde also nicht immer an erster Stelle?

Grell: Ja, das war zum Teil so. Wir wollten durch die Rotation möglichst alle Spieler mitnehmen und ihnen die Plattform Regionalliga geben.

Spätestens im April war zu spüren, dass die Stimmung innerhalb der Mannschaft etwas kippt. Ab wann haben Sie diesen Umschwung wahrgenommen?

Grell: Eigentlich schon beim ersten Spiel nach der Winterpause bei Türkgücü München. Da haben wir Spieler mit einer Nürnberger Vergangenheit bewusst draußen gelassen, um sie dann eine Woche später gegen den 1. FC Nürnberg II zu bringen. Das hat allerdings für einiges an Unruhe gesorgt.

War der Kader letztlich zu groß?

Grell: Ja. Am Ende war es auch absehbar, dass es deshalb unzufriedene Spieler geben wird. Wir haben versucht, das so gut es geht zu moderieren. Am Ende geht es, so lange der Erfolg da ist. 

Im Sommer gibt es nun erstmals seit dem Aufstieg vor fünf Jahren einen größeren Kaderumbruch. Mit Martin Thomann, Michael Dellinger, Leonard Langhans und Patrick Hofmann haben sich allein vier Spieler dem FC 05 Schweinfurt angeschlossen. Tut es nicht besonders weh, dass sich so viele Leistungsträger ausgerechnet dem lokalen Nachbarn angeschlossen haben?

Grell: Nein, denn das ist ein ganz normaler sportlicher Wettbewerb und da ist es auch egal, wohin die Spieler am Ende gehen. Aber klar: Teilweise hätten wir einige der Abgänge auch gerne behalten. Trotzdem ziehen wir positive Schlüsse aus der Situation und versuchen, die genannten Spieler mit jungen, talentierten und hungrigen Kickern zu ersetzen.

Dennoch gibt der TSV Aubstadt einen Teil dieser Spieler nicht vor dem 1. Juli frei. Was sind die Gründe dafür?

Grell: Das war gegenüber den wechselwilligen Spielern seitens der Vereinsverantwortlichen frühzeitig  kommuniziert. Die Spieler haben das akzeptiert. Pati und Leo (Patrick Hofmann und Leonard Langhans; Anm, d. Red.) sind ja ab sofort einsetzbar und haben ihre Verträge, wie besprochen, aufgelöst.

Sie blicken also trotz der vielen Störgeräusche in den letzten Wochen positiv in die Zukunft?

Grell: Für uns kann das Ganze durchaus auch eine große Chance sein. Wir hatten einen großen Kader und viele Spieler, die schon sehr lange bei uns waren. Jetzt haben wir einen Umbruch, auf den ich mich sehr freue. Wir werden eine junge, motivierte und sehr attraktive Mannschaft auf dem Platz haben, die für den TSV Aubstadt brennen wird.

Angesichts des großen Umbruchs erscheint eine Wiederholung des Vorjahreserfolgs utopisch. Kann für die Saison 2024/25 letztlich nur der Klassenerhalt das Ziel sein?

Grell: Absolut. Für den TSV Aubstadt geht es in erster Linie immer um den Klassenerhalt, das war auch in der Vergangenheit so. Für uns ist es etwas Außergewöhnliches, in der Regionalliga Bayern antreten zu dürfen. Wir möchten uns gut aufstellen und für Stabilität sorgen. Aber natürlich war die Mannschaft in den letzten Jahren qualitativ sehr gut besetzt, sodass man nicht vom Abstieg sprechen musste. Trotzdem hat die Saison 2022/23 gezeigt, dass alleine die gute Qualität auch keine Garantie für den Klassenerhalt ist. 

Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren ist der Kader zum Trainingsstart bei Weitem noch nicht komplett. Wie weit sind die Personalplanungen?

Grell: Aktuell haben wir einen Kader mit etwa 15 gestandenen Regionalligaspielern. Dazu kommen mit Piet Scheurer und Lennard Schreiber zwei sehr junge, talentierte Spieler. Wichtig ist auch, dass wir nach dem Aufstieg der zweiten Mannschaft in die Landesliga nun die Möglichkeit haben, einen Unterbau herzustellen, um solchen Perspektivspielern im Männerbereich auf einem gewissen Niveau Spielmöglichkeiten geben zu können.

Der Markt mit unterfränkischen Spielern, die das Potenzial für die Regionalliga haben, ist allerdings beschränkt. Welche Spieler kommen für den TSV Aubstadt noch in Frage?

Grell: Unser Ziel muss es sein, Spieler mit einem Bezug zur Region frühzeitig zu holen und sie  aufzubauen. So wie es uns im vergangenen Jahr mit Maximilian Stahl und Adrian Hatman gelungen ist. Aber natürlich können wir uns nicht ausschließlich regional umschauen. Wir möchten Spieler, die für den TSV Aubstadt brennen und diesen eine gute Perspektive geben. Ich sehe uns da aktuell auf einem sehr guten Weg.

Maximilian Stahl kam im vergangene Sommer von der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach aus der Landesliga nach Aubstadt und etablierte sich auf Anhieb im Regionalliga-Team.
Foto: Anand Anders | Maximilian Stahl kam im vergangene Sommer von der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach aus der Landesliga nach Aubstadt und etablierte sich auf Anhieb im Regionalliga-Team.

Bis der endgültige Kader steht, wird es in diesem Jahr aber sicher noch einige Zeit dauern. 

Grell: Das wird noch andauern. Aber wir haben ein gutes Grundgerüst mit gestandenen Regionalligaspielern und stehen keinesfalls unter Druck. Wir haben bisher schon gute Transfers getätigt und wir werden uns, wenn es passt, im Laufe der Vorbereitung noch punktuell verstärken.

Wo sind aktuell noch die größten Baustellen?

Grell: Das Grundgerüst mit erfahrenen Spielern steht. Die Defensive, wovon unser Fußball in den letzten Jahren immer gelebt hat, steht. In der Offensive haben wir noch zwei bis drei freie Plätze. Wir führen Gespräche, am Ende braucht man aber immer auch das richtige Bauchgefühl und etwas Glück.

Was stimmt Sie optimistisch, dass Sie im Mai 2025 wieder von einer guten und zufriedenstellenden Saison sprechen können?

Grell: In erster Linie die Aufbruchstimmung, die ich gerade spüre. Mit unseren Möglichkeiten werden wir jetzt die richtigen Schlüsse ziehen und dann wieder eine sehr gute Mannschaft auf dem Platz sehen. Eine Mannschaft, die die Aubstadt-Philosophie verkörpert und wieder viele Zuschauer anlockt. Ich freue mich schon auf die Spiele im Sommer vor toller Kulisse, die wir nach Möglichkeit wieder allesamt auf den Freitagabend legen werden.

 
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